Der letzte Gong?

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Die Grundschule Landshausen

Game Over für die Grundschule Landshausen?

Stellen Sie sich einmal eine ganz leere Schule vor. Dämmriges Zwielicht und Stille dort wo gestern noch Kinderlachen durch die Flure schallte. Ein trauriges Bild. Und doch ist es genau das Bild, das vom kommenden Schuljahr an in der Grundschule Landshausen Wirklichkeit werden wird. Zum Ende des laufenden Schuljahres gehen hier zunächst einmal die Lichter aus – Die Kinder des Ortes werden ab September in der benachbarten Grundschule in Menzingen unterrichtet. Viele Menschen in Landshausen macht das traurig und betroffen. Immerhin ist es ihre alte Schule, deren Bänke sie einst selbst gedrückt haben und mit der ein Stück Heimat-Verbundenheit und Dorfgeschichte geht.

Es geht erstmal nicht anders

Das ist die emotionale Seite dieser Geschichte, aber es gibt – wie so oft im Leben auch eine andere. Diese andere Seite ist pragmatisch und geprägt vom blanken Realitätsdruck. Ein Druck der zwischenzeitlich so stark ist, dass er nicht länger ignoriert werden darf und kann.

Die Wahrheit ist: Der Grundschule Landshausen fehlt es schlicht an Nachwuchs – bei den Schülern, aber insbesondere auch bei den Lehrern. Für das kommende Schuljahr stehen in Landshausen etwa 25 Schüler in den Startlöchern. Bisher wurden die Kinder im Dorf in zwei Klassen jahrgangsübergreifend unterrichtet. Es gab eine Klasse für die Klassenstufen 1 und 2 und eine weitere für die Stufen 3 und 4. im kommenden Jahr müssten bei der zu erwartenden Schülerzahl, alle Grundschüler in Landshausen gemeinsam in einer Klasse unterrichtet werden. Ein einziger Lehrer müsste also sowohl den kleinen Schulanfängern das ABC beibringen, als auch parallel im gleichen Raum und zur gleichen Zeit den Viertklässlern einen adäquaten Übergang auf weiterführende Schulen ermöglichen. Man muss kein Pädagoge sein um zu erahnen, dass eine solche Unterrichtssituation äußerst problematisch sein dürfte. Zudem braucht es dafür speziell ausgebildete Lehrer und genau an denen mangelt es derzeit – nicht nur in Landshausen, sondern auch auf Landes- und Bundesebene.

Stadt, Behörde und Schule informierten und diskutierten mit den Bürgerinnen und Bürgern

Bei einer Veranstaltung am Montagabend informierte die Stadt Kraichtal, die Schulverwaltung, sowie das staatliche Schulamt über das weitere Vorgehen in Landshausen. Angesichts der Situation habe man sich entschlossen, die verbleibenden Kinder aus Landshausen ab dem kommenden Schuljahr in der Grundschule Menzingen zu unterrichten. Es habe sich trotz intensiver Suche schlicht kein Personal finden lassen, welches qualifiziert wäre, den vier Klassen umfassenden, jahrgangsübergreifenden Unterricht in Landshausen fortzuführen, sagten Schulamtsleiterin Elisabeth Groß und Bürgermeister Ulrich Hintermayer. Das vergangene Jahr habe zudem gezeigt, wie schwierig die Betreuungssituation an der Grundschule Landshausen tatsächlich war. So musste schon bei nur wenigen Krankheitsfällen im Kollegium großflächig Unterricht ausfallen und die verbleibenden Lehrer hatten die Mammut-Aufgabe nicht nur parallel mehrere Klassen zu betreuen, sondern auch noch zwischen den Grundschulen in Landshausen und Menzingen im Stundentakt hin und her pendeln. Als wäre das nicht genug, war es mitunter auch an Eltern auf die Schüler in Landshausen aufzupassen, wohlgemerkt vom Lehrerzimmer aus, da sie schließlich nicht befugt waren zu unterrichten oder aufgrund des strengen Datenschutzes die Klassenräume überhaupt zu betreten.  Spätestens hier wird klar, dass eine solch unhaltbare Situation im kommenden Schuljahr nicht fortgeführt werden darf, da sie nicht nur für die Lehrer sondern auch für die Kinder eine echte Belastung darstellt.

Landshausen goes Menzingen

Ab September werden die Landshausener Kinder also mit dem Schulbus die drei Kilometer nach Menzingen gebracht und dort jeweils auf die vier Klassenstufen verteilt. Übrigens kommen selbst nach der Zusammenlegung die Jahrgangsstufen nicht annähernd auf Klassengrößen wie sie beispielsweise in Bruchsal, Eppingen oder Bretten an der Tagesordnung wären. Der Betreuungsschlüssel fällt nach wie vor sehr vorteilhaft aus.

Es entsteht also eine Unterrichtssituation wie sie beispielsweise für die Kinder in Oberacker Neuenbürg oder Bahnbrücken seit jeher selbstverständlich ist. Auch sie pendeln täglich in den Nachbarort um die dortige Grundschule zu besuchen.

Eltern erarbeiten Alternative

Glücklich sind viele Menschen in Landshausen mit der nun aus der Not geborenen Entscheidung aber nicht. Sie brennen für ihre Grundschule und setzen sich engagiert für deren Erhalt ein. Dabei belassen Sie es nicht bei einfachen Protesten oder Unmutsbekundungen, sondern haben hierfür bereits ein Konzept und konkrete Vorschläge zu dessen Umsetzung erarbeitet. In einem flammenden Plädoyer appellierte Elternvertreter Dr.Frank Sehlmeyer an die Stadt, die Schulverwaltung und das Schulamt, Alternativen zur vorübergehenden Stilllegung der Schule in Erwägung zu ziehen. Das vorgestellte Konzept sieht die Schaffung einer Ganztagesgrundschule in Landshausen vor, deren Angebot sich an alle Ortschaften im Umkreis richten soll. Um dies zu realisieren stellte Sehlmeyer nicht nur die tatkräftige Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger in Aussicht, sondern sogar konkrete finanzielle Unterstützung und die Aquise neuer Lehrkräfte.

Stadt und Schulamt erklärten sich zwar bereit das vorgeschlagene Konzept einer genaueren Betrachtung zu unterziehen, erteilten einer kurzfristigen Umsetzung aber eine Absage, da der Gesetzgeber einen entsprechenden Vorlauf von mindestens anderthalb Jahren, sowie die Schaffung von entsprechenden Arbeitskreisen auf Behörden-Ebene vorschreibt.

Es gilt pragmatisch zu handeln

Bürgermeister Ulrich Hintermayer betonte an dieser Stelle deutlich, dass es nicht darum ginge die Landshausener Grundschule zu schließen, sondern zum Wohle der Kinder einen Zusammenbruch der schulischen Betreuung ab dem kommenden September zu verhindern. Bestätigt wurde er dabei nicht nur von der Schulamtsleiterin Elisabeth Groß, sondern auch von der Schulaufsichtsbeamtin Nina Berger, dem geschäftsführenden Rektor der Kraichtaler Schulen Matthias Fuchs, sowie der kommissarischen Leiterin der Grundschulen Landshausen und Menzingen Anja Hendricks. Würde man jetzt nicht handeln, wäre ein angemessener Unterricht in Landshausen ab dem kommenden Jahr unmöglich, so das Podium unisono.

Die Grundschule in Landshausen

Game Over bedeutet das für die Grundschule in Landshausen trotzdem noch nicht. Das Gebäude wird im kommenden Schuljahr zwar erst einmal leer stehen, aber in einer Art Bereitschaftsmodus gehalten. Sollten in den kommenden Monaten trotz der angespannten Situation auf dem Arbeitsmarkt qualifizierte Lehrkräfte gefunden werden, so wäre eine Reaktivierung der Grundschule in Landshausen durchaus möglich.

Ein weicher Wechsel ist möglich

Worte der Hoffnung gab es dann schlussendlich in Richtung der besorgten Eltern aus dem Kollegium der Menzinger Grundschule. Man wolle alles dafür tun die Kinder aus Landshausen von ganzem Herzen und mit offenen Armen in Menzingen aufzunehmen und freue sich auf die gemeinsame Zeit, so eine junge Lehrerin in einem warmherzigen, spontanen Statement. Für die Kinder dürfte der Wechsel tatsächlich kaum problematisch werden, behalten sie doch schließlich ihre gewohnten Lehrer und ebenso ihre Klassenkameraden. Mit etwa drei Kilometern Entfernung ist Menzingen nun auch wahrlich nicht aus der Welt.

Alles vorbei? Nein!

Dass in der alten Grundschule nun bald der vorerst letzte Gong erschallt, ist indes kein Symptom einer Landshausener oder Kraichtaler Krankheit! Es ist ein Fehler im System, dass durch den demografischen Wandel und die Landflucht aus den Fugen geraten ist. In den letzten 20 Jahren wurden in Deutschland weit über 10.000 Schulen geschlossen. Wer das Stichwort “Schulsterben” in eine beliebige Suchmaschine eingibt, dem läuft ob der angezeigten Ergebnisse, zwangsläufig ein kalter Schauer den Rücken hinunter.

Für das alte Mädchen in Landshausen ist übrigens noch nicht aller Tage Abend. Die sich beharrlich ins Hinterland fressenden Speckgürtel von Karlsruhe und Heilbronn, könnten in Zukunft auch Landshausen erreichen. Mit Ihnen kämen neue Familien, Kinder und damit vielleicht auch wieder Leben in die nun im Dornröschenschlaf versinkenden Flure und Räume der alten Grundschule.

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