Das Leben kehrt auf den alten Brettener Marktplatz zurück
Ach Brusl, nichts gegen dich, meine Perle… doch wenn ich einen richtig entspannten und runden Abend genießen möchte, setze ich mich auf meinen Knatterbock und fahre durch das sanfte Licht der goldenen Stunden direkt nach Bretten. Diese Stadt strahlt eine Gemütlichkeit und eine Heimeligkeit aus, die ich bisher nirgendwo an keinem anderen Ort gefunden habe. Es gibt für mich nichts Größeres an einem Sommerabend, als in meinem alten Leinensakko und den weichen Mokassins auf dem Sporgassenplatz zu parken, die kleine Marktgasse zu durchqueren und plötzlich in den weitläufigen, altehrwürdigen Marktplatz einzutauchen. Bei diesem Bild geht mir regelmäßig das Herz auf: Das sinkende, orangene Licht der Sonne in warmen Farben auf den Sandsteinfassaden der Häuser und das fröhliche Gemurmel und Gelächter tausender Stimmen in den vielen Straßencafés der alten Stadt. Das alte Pärchen mit der Weißweinschorle, die betagte Motorrad-Clique mit ihren Hefeweizen, die jungen Hüpfer mit den bunten Cocktails und dazwischen die Kinder, die um den alten Marktbrunnen flitzen und mit den 25 Tonnen schweren Ziehfiguren spielen. Du nimmst einfach in einem der vielen Stühle Platz, lässt dich schwer nach unten sinken, legst die Beine übereinander, verschränkst die Hände zufrieden auf dem Bauch….. und genießt diesen Ort, an dem sich Menschen schon seit über 1200 Jahren begegnen.
In den letzten Monaten habe ich dich kaum zu sehen bekommen, mein gutes altes Bretten. Zu traurig war der Gang durch deine Straßen und Gassen… wie sie so allein und verloren da lagen. Der menschenleere Marktplatz.. nur bewacht vom weisen Fritz, dort oben auf seinem Logenplatz auf dem alten Brunnen. Seit zwei Jahren schon wartet er auf die Wiederkehr des Trubels, auf das eine, wahre Fest und auf die Brettener/innen zu seinen Füßen.
Und plötzlich waren sie alle wieder da. So schnell das Virus in den vergangenen Wochen zurückwich, so schnell kehrten die Menschen in ihr mittelalterliches Wohnzimmer im Herzen ihrer Stadt zurück. Zu Hunderten traf man sich am vergangenen Wochenende auf dem alten Marktplatz, bevölkerte die Tische und Stühle in jedem einzelnen Café. Es wurde gelacht, geredet, getrunken und gefeiert…. man konnte förmlich hören, wie den Menschen ein schwerer Stein vom Herzen glitt, der dort schon viel zu lange gelegen hatte. Wenn uns eines in den vergangenen Monaten bewusst wurde, dann, dass wir in Einsamkeit und Isolation nicht existieren können oder wollen. Das kollektive Aufatmen auf dem Brettener Marktplatz an diesem Wochenende bezeugt dies eindrücklich.
Auch mein zweitliebster Grund für Besuche in Bretten ist endlich wieder unter den Lebenden. Als erstes Filmtheater im ganzen Kraichgau, hat sich das kleine Brettener Kino ein Herz gefasst und vergangene Woche den Betrieb wieder aufgenommen. “Ich habe immer gesagt, wir machen auf, sobald wir es dürfen” erzählt Kinochef Lars und hat Wort gehalten. Seit Donnerstag flimmern die großen Bilder wieder dort, wo sie auch hingehören – über die große Leinwand. Schon in wenigen Tagen tritt hier Godzilla gegen King Kong an, im August kehrt endlich Kommissar Eberhofer in den aktiven Dienst zurück und im September dürfen wir uns auf ein Wiedersehen mit Englands einzig wahrem Geheimagenten freuen.
Ich freue mich jetzt schon. Nicht nur über ein paar schöne Filme in meinem kleinen, gemütlichen Kino oder auf das eine oder andere kühle Getränk auf dem alten Brettener Marktplatz… Ich freue mich für uns alle, dass wir die düsteren Tage zumindest fürs erste überstanden haben… dass wir endlich wieder näher rücken können und ein bisschen Unbeschwertheit ins Land der tausend Hügel zurückkehren kann.