Trotz massivem Widerstand – Planung für Bruchsaler Umgehung B35 Ost soll anlaufen

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Trotz massivem Widerstand - Planung für Bruchsaler Umgehung B35 Ost soll anlaufen
Trotz massivem Widerstand – Planung für Bruchsaler Umgehung B35 Ost soll anlaufen

Tauziehen um das Mammutprojekt geht weiter

An der geplanten Umgehungsstraße durchs Bruchsals grünen Osten scheiden sich die Geister. Die stark umstrittene Straße die Bruchsal von der Kreuzung der B3 und der B35 auf Höhe des Weingutes Klumpp über den Rotenberg und das Rohrbachtal bis zur B35 bei Heidelsheim umschließen soll, hat es nun überraschend auf die Prioritätenliste geschafft. Bis 2025 soll die Planung für das Projekt, dem riesige Naturflächen zum Opfer fallen würden, nun anlaufen. Dies wurde nun im Zuge einer Verkehrskonferenz in Stuttgart bekannt, die sich mit der Umsetzungskonzeption zum Bedarfsplan 2016 des Bundesverkehrswegeplans 2030 beschäftigt hat.

Gegen den Bau der B35 Ost hat sich bei der letzten größeren Debatte vor drei Jahren nicht nur die Bruchsaler Politik sondern auch die Umweltschützer positioniert, denn die Folgen für Bruchsal wären weitreichend. Schaut man sich Bruchsal einmal auf der Karte an, so stellt man fest dass von der ursprünglichen Naturlandschaft um die Stadt gar nicht so viel übrig geblieben ist. Im Westen wird sie von der A5 und der B35 belagert, im Süden haben Golfanlage und Bundeswehr große Teile der Grünflächen in Beschlag genommen und im Norden wären dann die Mülldeponie und die Gemeindegrenzen zu Ubstadt-Weiher und Forst. Lediglich im Osten findet sich mit dem Rotenberg und dem Rohrbachtal das einzige verbleibende große Naherholungsgebiet der Stadt. Doch schon bald könnte es mit der Ruhe vorbei sein. Würden die nun konkretisierten Pläne wie geplant durchgeführt werden, so entstünde hier bald eine viel befahrene Schnellstraße – mitten durch die unberührte Natur. Abgase, Lärm, ein enormer Flächenverbrauch würden dieses letzte Stück Natur in Bruchsals Osten faktisch zerstören.

Ob die B35 Ost tatsächlich aber eine derart hohe Entlastungswirkung wie von Bund und Land in Aussicht gestellt bringen würde, darüber sind sich die Experten alles andere als einig. Viele sehen in ihr nichts anderes als den kaschierten Versuch durch eine neue Abkürzung die chronisch überlasteten Autobahnen A5 und A8 zu entlasten – zum Nachteil der Menschen in der Region. Sieht man die angedachten Umgehungen von Bruchsal, Bretten und Neulingen als ein Projekt an, so wird schnell klar warum dies auf der Hand liegt. Zusammen ergeben die Strecken nämlich eine neue Route Richtung Stuttgart bzw. Pforzheim, die primär dem Fernverkehr zugute käme. Dadurch würde die Verkehrsbelastung im Kraichgau sogar noch weiter anwachsen – die Menschen hier würden den Preis für eine Entlastung der Autobahnen bezahlen. Ob die Ortsdurchfahrten von Bruchsal, Bretten, Ubstadt-Weiher und Kraichtal dadurch entlastet würden ist ebenfalls nicht sicher. Nicht wenige Stimmen sehen im örtlichen Binnen und Quellverkehr die wahre Ursache der Probleme und dieser würde durch die Umgehungen nicht umgeleitet werden, sondern weiter dort fließen wie bisher.

Auch eine Tunnellösung wird von einigen Parteien gefordert, die anstatt der oberirdischen Strecke unter dem betroffenen Areal verlaufen würde. Ob eine solche Lösung anhand der horrenden Kosten überhaupt von der Politik in Erwägung gezogen wird, darf auch in Hinblick auf die chronische Überzeichnung der vorhandenen Mittel aufrichtig bezweifelt werden.

In den Nachbargemeinden verfolgt man die Debatte um die B35 Ost ebenfalls aufmerksam, während sich die einen auch eine entlastende Wirkung auf z.B. Ubstadt oder Kraichtal erhoffen, lehnen andere die Pläne ebenso wie die Bruchsaler kategorisch ab. Der Forster Bürgermeister Bernd Killinger hat in einer aktuellen Stellungnahme Ablehnung in Sachen B35 demonstriert und seiner Enttäuschung über die Priorisierung des Landes zum Ausdruck gebracht:

Ernüchterung in Forst: Bis 2025 soll die Planung für die Maßnahme „B35 Ortsumfahrung Bruchsal/Ostast“ beginnen. Der achtspurige Ausbau der A5 zwischen dem Kreuz Walldorf und dem Dreieck Karlsruhe soll bereits ab 2021 durch den Bund geplant werden. Der Forster Gemeinderat lehnt das Projekt „Ostast“ ab und fordert, dass stattdessen der Ausbau der A5 Vorrang erhält. Am 20. März hat das Landesverkehrsministerium das Ergebnis der Priorisierung „Umsetzungskonzeption Stufe 2“ bekannt gegeben und in diesem Zusammenhang auch die zwei genannten Projekte bewertet. Auch für die Projekte „Ortsumfahrung Bretten“ und „Ortsumfahrung Bauschlott“ auf der B294 soll bis 2025 die Planung beginnen. Sie bilden faktisch eine Einheit mit dem Projekt „Ostast“. Alle drei Projekte zusammen werden zukünftig die Fahrtzeit bis Pforzheim/Stuttgart um ca. 10 bis fünfzehn Minuten reduzieren. Die Ortsumfahrung Bruchsal Ost, der sogenannte Ostast, hat dabei weit besser abgeschnitten als erhofft. Für diese Priorisierung spricht die herausragende Kosten-Nutzen-Bewertung von >10, die der Bund dem Projekt beigemessen hat. Im Forster Rathaus und beim Gemeinderat wird dieser Wert angezweifelt, weil z. B. weder Projektgelder für eine Verbesserung des Lärmschutzes in Forst, noch für eine dringend erforderliche Ab- und Auffahrt auf die B35a zwischen Forst und Bruchsal berücksichtigt sind. „Wäre das geschehen, dann wäre das Kosten- Nutzen – Verhältnis niedriger ausgefallen“, so ein aufgebrachter Bürgermeister, für den das Projekt überhaupt nicht im Bundesverkehrswegeplan hätte gelistet sein dürfen und das in der Zukunft den Verkehr auf der B35a, südlich von Forst, mehr als verdoppeln (+4000 LkW und +9000 PkW) könnte: „Dass eine Straße es überhaupt in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans geschafft hat, bei der sich der Bund, die Stadt Bruchsal und die AGNUS Bruchsal e. V. in den 1990er Jahren in einem außergerichtlichen Vergleich darauf verständigt hatten, dass sie nicht realisiert wird, ist schon kurios“, so Bürgermeister Bernd Killinger.

Außer dem Bund möchte niemand die überirdische Straße, die mit Kosten von 51 Millionen Euro veranschlagt ist. Während andernorts die Hoffnung besteht, dass der Ostast als Tunnel realisiert werden könnte, hat die Gemeinde Forst eine ganz klare Haltung, die am 16. März in einem Anschreiben an Verkehrsminister Hermann noch einmal deutlich gemacht wurde: „Erstens, der Forster Gemeinderat lehnt den weiteren Ausbau auf der B35 und insbesondere den Ostast ab. Zweitens, bevor der Ostast realisiert werden darf, muss der ebenfalls im Bundesverkehrswegeplan 2030 enthaltene achtspurige Ausbau der Autobahn 5 (Erweiterter Bedarf) realisiert sein“, so Bürgermeister Killinger. Er verweist darauf, dass im Zuge des „dreifachen Ausbaus der B35/B294“ (Ortsumfahrungen Bruchsal, Bretten und Bauschlott) eine Autobahnabkürzungsstrecke ausgebaut werden würde. „Es kann nicht sein, dass der Schnell- und Güterverkehr von den dafür vorgesehenen Bundesautobahnen auf niederrangige Bundesstraßen gezogen wird und sich dann in ohnehin schon stark belasteten Gemeinden die Lärm- und Abgasproblematik weiter vergrößert“, so der Bürgermeister. Im Namen des Gemeinderats wurde der Verkehrsminister informiert, dass Forst sich für eine niedere Priorisierung des „Ostastes“ stark macht. Dieser Wunsch hat leider kein Gehör gefunden. „Wir werden die weiteren Entwicklungen genau beobachten. Noch vor dem Planungsbeginn werden wir unsere Position im Regierungspräsidium – das für das Planfeststellungsverfahrens verantwortlich sein wird – vortragen. Wir werden unsere Haltung deutlich machen und auf die Schwächen der aktuellen Planung verweisen“, so der Rathauschef. Mir ist es unerklärlich, wie über 30 Jahre vergehen konnten und Maßnahmen, deren Umsetzung im Rahmen der realisierten westlichen Nordumgehung wiederholt diskutiert wurden erst kürzlich oder überhaupt nicht umgesetzt wurden. „Die Ertüchtigung der Prinz-Max-Kreuzung in Bruchsal wurde schon vor über 35 Jahren vorgeschlagen und ist erst jetzt erfolgt. Forst hat sich von Anfang an dafür ausgesprochen die bestehende B35 zu ertüchtigen, anstatt die Nordumfahrung zu planen und zu bauen. Die Beseitigung des Bahnübergangs bei der Holzindustrie ist ebenso seit 35 Jahren im Gespräch. In den Akten von damals wird wiederholt behauptet, dass diese Maßnahme für Bruchsal eine größere Entlastungswirkung hätte, als der gesamte Ostast“, so das Gemeindeoberhaupt, für den die Nordumfahrung keine Fortsetzung bis Heidelsheim finden darf: „Egal ob überirdisch oder unterirdisch“.

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