Güterverkehrstrasse Mannheim-Karlsruhe:: Gemeinde rügt Verfahrensfehler
Karlsdorf-Neuthard (hut) Die Bahn plant den Neubau einer zweigleisigen Gütertrasse zwischen den Knotenpunkten Mannheim und Karlsruhe. Diese soll Bestandteil der wichtigen Güterstrecken Rotterdam-Genua beziehungsweise Paris-Budapest werden (wir berichteten).
Das Projekt hatte 2015 mit der erstmaligen öffentlichen Darstellung im Generalverkehrsplan (beziehungsweise 2016 im Bundesverkehrswegeplan 2030) in Karlsdorf-Neuthard für einige Irritationen gesorgt, weil unter etlichen möglichen Varianten auch eine Streckenführung zwischen den Ortsteilen Karlsdorf und Neuthard eingezeichnet war, wenn auch ohne jede planerische Grundlage.
Aus Karlsdorf-Neutharder Sicht war frühzeitig klar, dass eine womöglich zwischen den Ortsteilen verlaufende, neue Bahntrasse nicht in Frage kommt. Denn diese würde die beiden Ortsteile quasi durchschneiden und hätte erhebliche Auswirkungen auf das dortige Naherholungsgebiet.
In einem breit angelegten Dialogforum, so die seinerzeitige Ankündigung der Bahn, sollte innerhalb des komplexen und auf einen längeren Zeitraum angelegten Verfahrens, transparent und nachvollziehbar die Vielzahl von möglichen Trassen geprüft, und am Ende dieses Prozesses eine favorisierte Streckenführung ermittelt werden.
Die Planungen für das Bahnprojekt Mannheim–Karlsruhe umfassen dabei den Raum vom Norden Mannheims über die gesamte Rheinebene bis nach Karlsruhe im Süden. Hier sollten zunächst in sogenannten Suchräumen mögliche Streckenführungen gefunden werden, wobei laut Bahn sowohl ein Ausbau bestehender Bahnstrecken als auch eine Neubaustrecke in bestimmten Abschnitten denkbar ist.
Die Auftaktveranstaltung war im November 2020, bei der auch die Gemeinde Karlsdorf-Neuthard sowie die kurz darauf gegründete örtliche „BürgerInitiative Gütertrasse“ (BIG) vertreten waren. Nach Abschluss des zweiten Dialogforums lagen sogenannte Grobkorridore vor, innerhalb derer eine mögliche Trassenführung näher untersucht werden sollte.
Da auf Grund der ermittelten, sehr hohen Raumwiderstände (Umwelt und Raumordnung) keiner dieser Grobkorridore zwischen den beiden Ortsteilen Karlsdorf und Neuthard ausgewiesen war, konnte mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass in diesem Bereich auch keine Trasse in Frage kommt.
Doch nun, beim vierten Dialogforum am 8. Oktober mit dem Thema „Identifizierung von Linienkorridoren“, wurde von den Planern der Bahn, aus Sicht von Gemeinde und BIG sehr überraschend, als eine mögliche Trassenvariante nun doch auch ein Korridor zwischen Karlsdorf und Neuthard aufgenommen.
Bürgermeister Sven Weigt, der ebenso wie der Vertreter der Bürgerinitiative bereits während der laufenden Videokonferenz entschieden gegen diese, entgegen aller Annahmen in der möglichen Auswahl enthaltene Streckenführung intervenierte, hat sich in Abstimmung mit den
Gemeinderatsfraktionen am vergangenen Montag unverzüglich in einem Schreiben an den zuständigen Projektleiter bei der DB Netze AG gewandt.
Darin weist Weigt ausdrücklich darauf hin, dass bereits bei der Festlegung von Grobkorridoren aufgrund der damals festgestellten, erheblichen Raumwiderstände, eine Streckenführung zwischen Karlsdorf und Neuthard im Grunde ausgeschieden sei.
Dass die Bahn jetzt auf einmal bei der jüngsten Definition von Linienkorridoren eine eventuelle Bahntrasse zwischen den Ortsteilen Karlsdorf und Neuthard – „einem hoch sensiblen Bereich“, so Weigt – doch für denkbar hält, widerspreche allen bisherigen Erkenntnissen.
Der Rathauschef weiß sich dabei einig nicht nur mit den Fraktionen im Gemeinderat und der Bürgerinitiative, sondern auch mit dem Regionalverband Mittlerer Oberrhein, dessen Direktor zudem darauf verweist, dass im fraglichen Bereich ein Grünzug ausgewiesen ist.
Die Bahn hat hingegen ihren Fokus offenkundig sehr einseitig nur auf technische und wirtschaftliche Überlegungen gelegt, so die Einschätzung der Gemeinde Karlsdorf-Neuthard. Dies sei nicht nachvollziehbar und lasse zudem die Einhaltung der von der Bahn selbst vorgegebenen Prüfkriterien sowie die gebotene Nachvollziehbarkeit vermissen.
Keinesfalls könne es von der Gemeinde akzeptiert werden, wenn wirtschaftliche Interessen der Bahn unausgewogen über Umwelt- und Raumordnungskriterien stünden und dies am Ende womöglich den Ausschlag für eine Trassenentscheidung geben sollte.
„Dann gerät das gesamte Beteiligungsverfahren zur Makulatur“, so die Einschätzung des Bürgermeisters. Die beteiligten Kommunen hätten bislang darauf vertraut, dass die Bahn mögliche Trassenvarianten im Rahmen eines aufeinander aufbauenden, sachlichen und nachvollziehbaren Verfahrens identifiziert.
Demgemäß durfte die Gemeinde aus guten Gründen bislang davon ausgehen, so der Bürgermeister, dass eine mögliche Güterverkehrstrasse zwischen den Ortsteilen nicht in Frage kommt. „Sollte sich nun aber herausstellen, dass diese vereinbarte Vorgehensweise von der Bahn selbst nicht eingehalten wird, dann steht das gesamte bisherige Procedere, einschließlich der vorgestellten Grobkorridore, in Frage“, so der Karlsdorf-Neutharder Rathauschef.
Redaktion: Thomas Huber / Bürgermeisteramt Karlsdorf-Neuthard