“Ich will von meiner Arbeit leben können, nicht von Subventionen”

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Christiane ist Milchbäuerin aus Sulzfeld, versucht jeden Tag den Drahtseilakt zwischen Hauptberuf, Hof und Familie zu bewältigen. Weil Politik und Gesellschaft sich ihrer Meinung nach zunehmend von der Landwirtschaft entfremden, ist auch Sie nun auf die Straße gegangen.

In den letzten Tagen ist sehr viel über die Landwirtschaft gesprochen, diskutiert und geschrieben worden. Dabei wurde dieser wirklich große Begriff selten bis gar nicht abstrahiert, die Gruppe der Bauern mehr oder minder über einen Kamm geschoren. Dabei muss man sich vor Augen halten, dass es Höfe, Betriebe und Agrarunternehmen im Grunde in jeder Größenordnung gibt. Ganz oben gibt es riesige agrarindustrielle Komplexe und Großbauern, in der Mitte die unsere Gegend prägenden Familienbetriebe und schließlich noch die kleinen Bauern, die ihr Land oft im Nebenerwerb bewirtschaften.

Zur letzteren Kategorie zählt Christiane Dittes aus Sulzfeld. Sie ist Bio-Milchbäuerin, in ihrem Stall stehen derzeit gerade einmal vier Kühe. Ihre Produkte vermarktet sie ohne jeden Zwischenhandel ganz direkt und in Eigenverantwortung, primär über ihren Milchautomaten in Sulzfeld. Wie viel man mit der Milch von drei bis vier Kühen maximal erwirtschaften kann, lässt sich zumindest grob über den Daumen peilen, reich wird davon jedenfalls niemand. Zudem hat sich Chrissi für einen artgerechten und tierlieben Weg entschieden, lässt die Kälbchen über Wochen bei ihren Müttern, was allerdings wirtschaftlich natürlich zu Lasten des möglichen Milchertrags geht. Das ist keine Selbstverständlichkeit, viele Milchbauern trennen die Jungtiere bereits nach ein bis zwei Tagen von der Mutter, setzen bei den Kälbchen auf Flaschennahrung. Bei Chrissi bleibt die Familie quasi zusammen, alles andere kommt für sie nicht in Frage.

Diese Sorgsamkeit ist ihr auch wichtig, was den weiteren Werdegang der Kälber angeht. Die jungen Kühe vermittelt sie an Betriebe aus der Region, bei denen das Tierwohl noch etwas zählt, wo die Kälber auf der Weide gehalten werden. Die jungen Bullen werden durch einen Metzger aus dem Nachbarort geschlachtet, in Chrissis Beisein, schnell und so würdevoll, wie es eine solche Situation eben zulässt. Gewöhnen wird sie sich daran niemals wirklich, erinnert sich noch gut an das erste Bullenkalb, das in ihrem Beisein geschlachtet wurde. Bittere Tränen hat sie damals geweint, wusste aber mit dem allen Landwirten zu eigenen Pragmatismus, dass es eben nicht anders geht.

“Wir müssen essen, die Lebensmittel müssen irgendwoher kommen.” sagt sie und bedauert, dass Politik und Gesellschaft dieser reale und bodenständige Bezug zur Landwirtschaft scheinbar verloren gegangen ist. Kaum jemand scheint noch wirklich zu wissen, wo das Essen – also das Fleisch auf dem Teller oder das Brot – ursprünglich herkommt. Für den derzeitigen Umgang der Politik mit ihrer Branche hat sie deshalb kein Verständnis, lassen doch Berlin und Stuttgart ihrer Auffassung nach doch durch ihr unüberlegtes Handeln jeden Bezug zur landwirtschaftlichen Realität vermissen. Deshalb hat auch sie demonstriert, war auf Kundgebungen dabei, hat Flatterbänder an ihr Auto gebunden. Ihren kleinen Betrieb im Nebenerwerb tangieren die jüngsten Streichungen zwar nicht so schmerzhaft, schließlich nutzt sie nur einen kleinen Traktor, fährt mit diesem nur kurze Strecken, doch es geht ihr um das Große und Ganze.

Auch Chrissi erhält Subventionen für Ihren kleinen Betrieb, einen vergleichsweise niedrigen Betrag, aber dennoch wichtig für das wirtschaftliche Fortbestehen. Um das Geld geht es ihr aber gar nicht, sagt sie. “Wir Landwirte würden lieber von unserer eigenen Hände Arbeit leben, als von Subventionen”. Aber wenn das nicht geht, wenn man mit Billigimporten und massenhaft produzierten Lebensmitteln aus dem Ausland und der Großindustrie konkurrieren muss, dann geht es eben nicht anders.

Für einen guten Stundenlohn wird schließlich niemand Landwirt, sagt die alleinerziehende Mutter, die sich jeden Tag nicht nur um ihren kleinen Sohn, sondern auch um ihre Kühe kümmern muss. Die Liebe zur Landwirtschaft hat sie von ihrem Großvater geerbt, obwohl der Beruf viel Einsatz erfordert und weder Wochenenden noch Urlaube kennt. Um über die Runden zu kommen arbeitet sie in einer Stadtverwaltung in Teilzeit, der Rest ihres Tages reicht gerade noch für Tiere und Familie.

Was sie sich für die Zukunft der Landwirtschaft wünschen würde, wäre mehr Wertschätzung und vor allem mehr Bewusstsein der Menschen für deren Schaffenskraft. Ein Bewusstsein, das sich auch in konkreter Unterstützung der regionalen und kleinbäuerlichen Produktion ausdrückt. Würden viel mehr Menschen die Massenprodukte aus dem Supermarkt links liegen lassen und stattdessen zumindest etwas häufiger oder regelmäßiger regional erzeugten Lebensmitteln den Vorzug geben, wäre schon viel, sehr viel gewonnen.

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8 Gedanken zu „“Ich will von meiner Arbeit leben können, nicht von Subventionen”“

  1. Meine Solidarität haben die Bauern! Es geht hier nicht darum wie von der Politik als Begründung hinterher geschoben, dass man die Steuerungswirkung von Subventionen nutzen (oder wegnehmen) will, sondern einzig um die Stopfung von Haushaltslöchern, die man durch einen nicht verfassungskonformen Haushalt selbst verursacht hat. Dass die nicht zur Wählerklientel gehörende Gruppe dafür überproportional büßen soll, ist sehr anrüchig.

  2. Ich stehe voll hinter unseren Bauern. Sie sind die Stützen der Gesellschaft. Es ist ein Unding, dass man mit allen Mitteln versucht sie zu verunglimpfen oder in die rechte Ecke zu drängen.

  3. Das empfinde ich anders.
    Der rechte Mob versucht auf den „Bauernzug“, wie schon zuvor auf andere Züge (Monika Gruber, Quatschdenker … ) aufzuspringen.
    Die Bauern selbst sind KEIN rechter Mob.

  4. Ich stehe hinter so einer Bäuerin, der eben auch Tierwohl am Herzen liegt. Allerdings sind eben nicht nur Politik und Verbraucher gefragt, auch die Landwirte müssen bereit zu Veränderung sein.

  5. Zum Schluss ist es der Preis !! Das war schon immer so , und so ist unsere System ausgerichtet höher schneller weiter !

  6. …es geht um das Große Ganze…
    Leider verstehen das offensichtlich viele und schon gar nicht die Ampel.
    Respekt vor dieser Landwirtin 👍🏼
    61,8 Milliarden Euro verteilt unsre Regierung über 105 Länder weltweit ung gefährdet wegen 0,9 Millionen Euro unsere Lebensstruktur? Wenn ich nicht schon geduscht hätte…ein böser Traum…

    • Voki,da muß ich Dir ganz recht geben ca 33 Milliarden Euro/ pro Jahr
      für teilweise unsinnige Entwicklungshilfeprojekte. Stichwort
      Fahrradwege in Peru usw.Große teile der Entwicklungshilfe versickeren auf
      Offshorekonten der Herrschenden. Aber für Arbeitnehmer die hier den Karren ziehen gibts es nichts. Und hier schließe ich alle Nationalitäten vom
      Potugiesen bis zum Türken ein, die sich in unsere Gesellschaft einbringen.
      Ach, was kostet nochmal das neue Kanzleramt.Wer hat in den letzten Jahren
      auf Bundesebene 10000 neue Stellen für 1,2 MRD €/ Jahr geschaffen,
      um seine Spezies zu Versorgen. Über die Flüchtlingskosten,ach ich hör auf weiter zu schreiben sonst bin ich gleich Nazi,Schwurbler, Darmfortsatz,
      ein Rääächter.

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