Es war einmal in Gochsheim

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Gochsheim feierte mit dem Altstadtfest drei Tage lang seine Geschichte mit Gesang, Tanz und historischem Markttreiben

von Hans-Joachim Of

Einmalige, handgefertigte Seegrasschuhe? Toller Schmuck aus Mineralien und Edelsteinen? Weidenkörbe in allen Variationen? Feine Seifen aus Zedernholz oder selbstgemachte Butter? Solch ausgefallene Handwerkskunst, aber auch Keramik aus anderen Ländern, Drechslerhandwerk, Töpferei, Honig, Öle und vieles mehr, gab es am Wochenende beim groß angelegten Altstadtfest mit seinem besonderen Flair in Gochsheim zu bestaunen und natürlich auch zu erwerben. Nach dreijähriger Coronapause feierte die Arbeitsgemeinschaft der Gochsheimer Vereine an drei Tagen zusammen mit vielen Gästen wieder sein bekanntes und beliebtes, historisches Fest rund um das Graf-Eberstein-Schloss und den alten Ortskern mit seinen Fachwerkhäusern.

Das urige Ambiente erinnert an die geschichtliche Bedeutung Gochsheims mit seinen Stadtrechten und der eigenen Gerichtsbarkeit, erzählt von der Geschichte der Grafen von Eberstein und wie die Rose in das Stadtwappen von Gochsheim kam. Noch vor der offiziellen Eröffnung am Samstag durch Arge-Vorsitzender Willi Dehn und Mitorganisatorin Rita Finkbeiner zogen Trommlerinnen zusammen mit der Gesangsgruppe Fulgura Gochtzheym, der Bruchsaler Ritterschaft sowie der Tanzgruppe des CVJM durch die Schlossgasse zum Marktplatz. Im Anschluss, als „pünktlich“ zum Startschuss ein heftiger Gewitterregen einsetzte, begrüßte ARGE-Vorsitzender Willi Dehn vor der herrlichen Kulisse von Schule und Kirche die Schirmherren- und frauen und erinnerte daran, dass vor ziemlich genau 40 Jahren das erste Straßenfest in Gochsheim über die Bühne ging und sich dieses erst nach der Ortskernsanierung in den heutigen Bereich verlagert habe.

Damals hatten die Verantwortlichen vorgeschlagen, dass die Besucher dem Anlass entsprechend in historischer Kleidung am Event teilnehmen sollten. „Wie man sieht, können wir seither bei jedem Altstadtfest hier neue Gewandträger begrüßen“, so Willi Dehn, der in kurzen Worten auf die Historie der früheren Stadtgemeinde Gochsheim einging. Auch Kraichtals Stadtvogt und Schirmherr Tobias Borho, der mit seiner ebenfalls stilecht gekleideten Gemahlin Amelie angereist war, sprach Grußworte, dankte den zahlreichen, ehrenamtlichen Helfern und erinnerte an die historisch verbürgten Marktrechte mit dem Zentrum für Handel und Gewerbe. Mit den im Jubel untergegangenen Worten: „Möge das Fest beginnen“, schritt der Schultes zur Tat und setzte mit einem Schlag den Zapfhahn ins Freibierfass. Dass das kühle Nass zuvor noch spritzend und schäumend auf den Pflasterboden lief, war der Tatsache geschuldet, dass man schlicht und einfach vergessen hatte, den Dichtring in die Öffnung einzusetzen.

Auch Mitorganisator Sven Mohr nahm es mit Humor und in der Folge konnten die vielen trockenen Kehlen endlich benetzt werden. Die Gesangsgruppe Fulgura („Blitz“) vom Gesangverein Konkordia Gochsheim stimmte ein Trinklied sowie die Eberstein-Ballade an und die jüngsten Einwohner des Ortes schwangen das Tanzbein, ebenso die zahlenmäßig große Gruppe vom Bauernlager Alt-Brettheim. Das eigentliche Markttreiben hatte bereits am frühen Samstagnachmittag in den Zelten, Buden und Hofeinfahrten begonnen und schnell waren die rund 40 Stände im alten Ortskern umlagert. Aber auch etliche Aktionen hatte das Altstadtfest zu bieten, wobei es auf dem mittelalterlichen Markt viel zu schauen gab, zumal auch zahlreiche Einheimische in historischen Gewändern unterwegs waren. Handwerker wie Korbmacher Freddy Bopp aus Reichartshausen, einer der ältesten seiner Zunft, ließ Kinder Weidekörbe flechten, zeigte damit alte Künste auf und berichtete anschaulich, wie es in der „guten, alten Zeit“ zuging. Die „Kraichtaler Ölpresse“ mit Petra Kiefer aus Oberacker bot regionale Bioprodukte wie Marmelade oder Honig an und Marcel Huschka aus Flehingen („Wood meets Art“) ließ Träume aus Holz Wirklichkeit werden. Seegrasschuhmacherin Birgit Treutle aus Bretten war mit besonderen Hausschuhen am Start und die „Alte Stadtapotheke Gochsheim“ mit Irmgard Tauss und Barbara Burg hatte das „Stadtmauerbrot“ im Angebot und warb zudem mit „Kreieren Sie ihre eigene Kräuterbutter nach Omas Art“.

Mit einer Honigschleuder aus dem Jahre 1888 – einer Leihgabe des Museums Raußmühle Eppingen – warteten Werner und Claudia Bär sowie Hannelore Zwesper-Goll am Stand „Honig, Met und Bienenwachs“ auf und die eigens aus Nabburg/Oberpfalz angereisten Georg und Sabine Graf drechselten Holzspielzeug und Kochlöffel. „Wir sind öfters in Süddeutschland auf Märkten unterwegs, doch zum ersten Mal im schönen Gochsheim“, wird berichtet. Wer schon immer wissen wollte, was „Sensen dengeln“ bedeutet oder, wie am Stand von Pia Lang aus Dettenheim gesehen, feinste Seifen entstehen, kam beim Mittelaltermarkt auf seine Kosten. Für historische Elemente sorgt das Bauernlager Alt-Brettheim und auch die Wäscherinnen waren auf dem Marktplatz zu erleben. „Vor 500 Jahren hat man die Kleidung noch im Zuber mit Asche gewaschen“, informieren Eva Bihlmaier sowie Anne-Kathrin und Timo Heim aus Bretten, die mit ihrem Nachwuchs Noah, Emma, Paul und Dominik „in Gochze“ waren. Verena Stolzenberger bot ihre bunten „Stolzenschläpple für Hof und Adel“ an und Martin Bauer aus Bretten zeigte mit Ehefrau Petra den Weg „vom Flachs zum Leinen“. Zudem gab es im Bereich des Schloss-Cafes von Brigitte Reiband aus Neuenbürg bei Pforzheim, Lainä Wolf aus Bahnbrücken oder Petra Plösch aus Sulzfeld allerlei Kunstgewerbe, Deko aus Raysin, selbstgemachtes wie Töpfersachen und Keramik, Lederhandwerk sowie Schmuck aus edlen Materialien.

„Im Schlosshof lagerte die Bruchsaler Ritterschaft und im Schmiedemuseum glühte das Eisen“, so Rita Finkbeiner. Ein Hingucker war sicher „Roland der Riese“ aus Helmstadt, der mit 2,25 Metern alle überragte und nicht nur die Blicke der staunenden Kinder auf sich zog. Wer wollte, konnte bei den teilnehmenden Vereinen, die natürlich für die kulinarischen Genüsse zuständig waren, für einen kleinen Unkostenbeitrag einen Lederwappen als Souvenir mit nach Hause nehmen. „Mit dem Erwerb unterstützen die Besucher das Altstadtfest und die Vereine“, hieß es. Klar, dass an diesen Tagen auch die Gochsheimer Museen und der Sinnengarten geöffnet waren sowie Schloss- und Stadtführungen durch den Heimat- und Museumsverein Kraichtal angeboten wurden. Neben „Gaudi-Harry“ alias Harry Ries, der aus Gochsheim stammt und in Östringen wohnt, bot auch die Liveband „Glücksbringer“ beste Kost für verwöhnte Ohren. Beim Sportverein Gochsheim gab es beim Finale am Montag ein zünftiges Handwerkeressen. Fazit: Das Altstadtfest 2023 in Gochsheim, das vom Engagement der Vereine, vom Miteinander der Firmen und Betriebe in Kraichtal sowie der Unterstützung durch die Stadtverwaltung lebt, hat einmal mehr die Erwartungen erfüllt und nahezu alles geboten, was das Herz begehrt.

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4 Gedanken zu „Es war einmal in Gochsheim“

  1. Vielen Dank für euere Arbeit, auch während des Urlaubs. Ich habe gestern beim Festbesuch daran gedacht und auch deshalb NICHT mehr bei euch vorbei gescshaut. Ein Fehler wie ich heute feststelle. Der Sensendenler kommt aus meiner neuen Heimat Heidelsheim, ist Vorstand des OGV Heidelsheim und war in früheren Zeiten mein Klasssenkamerad. Sein Name Günter Kolb. Pia Lang mit ihren schon sehr bekannten Seifen ist die Frau meine Cousins. Sie ist eine feste Größe beim Altstadt-Fest. Für mich ist es ein fester Termin im Kalender. Da kann man viele Leute treffen und einen Plausch halten.

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