Noch heute sprudeln unter der Erde die früheren Lebensadern der alten Stadt
Wasser. Ohne das Elixier des Lebens kann kein Mensch existieren. Statistisch gesehen verbraucht jeder Mensch pro Lebensjahr etwa 46.500 Liter davon, im Falle Bruchsals mit seinen etwa 45.000 Einwohnern liegt damit der jährliche Wasserbedarf bei etwa zwei Milliarden Litern – eine ungeheure Menge. Anders als viele andere Städte und Gemeinden, die große Teile ihrer Wasserversorgung durch Bodenseewasser absichern, stammt das Leitungswasser in Bruchsal vollständig aus eigenen Grundwasser-Beständen. Tiefbrunnen und Hochleistungswasserwerke fördern das kostbare Gut aus der Tiefe, eine Teilentsalzungsanlage nach dem Umkehrosmose-Prinzip reguliert die Wasserhärte.
Das war nicht immer so. In den Nachkriegsjahren, als Bruchsals Bevölkerung noch klein war, dezimiert durch die schrecklichen Angriffe des 1. März 1945, sorgten eine Handvoll kleinerer Quellen in und um die Stadt für die Wasserversorgung der Menschen. Was kaum jemand weiß: Diese Quellen existieren immer noch, fördern bis zum heutigen Tage Wasser aus der Tiefe ans Licht. Eingefasst in alte steinerne Brunnenhäuser, sprudelt das Wasser seit vielen Jahrzehnten. Doch anstatt in das Bruchsaler Leitungsnetz, fließt es direkt in den Saalbach weiter oder wird für die Versorgung von Springbrunnen genutzt. Einfach stilllegen lassen sich solche Quelle nicht, das Wasser drückt nach oben, sucht sich immer seinen Weg.
Herr der alten Brunnen ist Wolfgang Krämer, gebürtiger Weiherer und Rohrnetzmeister der ewb. Er kennt das alte Bruchsaler Leitungssystem wie seine Westentasche, kennt alle Brunnen, alle Hochbehälter und den Lauf der Leitungswege genau. Mehrmals pro Jahr kontrolliert er mit seiner Crew die alten Anlagen, öffnet die schmiedeeisernen Türen und inspiziert das Innere der teilweise über 100 Jahre alten Brunnenhäuser und Quellen. Besonders viele davon gibt es im Bruchsaler Osten. Die Stockbrunnenquelle die Heubühlquelle und die Weitenrußquelle speisten früher einmal die Stadt mit Trinkwasser, danach eine Zeitlang den früheren Forellenteich im alten Zuchthaus, so der einstige Name der Justizvollzugsanstalt Bruchsal.
Auch im Rohrbachtal finden sich mehrere Quellen, die bis zum heutigen Tage aktiv sind. Da wären die Waldquelle, die Quelle im Wiesental und mehrere weitere, die keinen eigenen Namen haben, eine davon heißt laut dem alten Plan aus dem Juni 1949 passenderweise sogar “Quelle ohne Namen”. Etwa sieben Quellen fördern in der langen Talsohle zwischen Heidelsheim und Unteröwisheim das Wasser, welches sich dann im unterirdischen, alten Rohrbach-Sammler vereint. Als Wolfgang Krämer die alte Eisenpforte aufschließt, schlägt uns sofort der mineralische Geruch des Wassers und das in der langgezogenen Kammer dröhnende Plätschern wie ein Stakkato entgegen. Ein schmaler, rostiger Eisensteg führt in etwa zwei Metern Höhe über das Sammelbecken, in dem – gespeist aus mehreren Rohren – glasklares Wasser wirbelt. Ein wenig davon wird auf den nahen Vereinsgelände verwendet, das meiste jedoch fließt in die Saalbach weiter. Die Wassermenge variiert je nach Niederschlag gewaltig, mal ist es weniger, mal aber auch deutlich mehr. Für die Bruchsaler Wasserversorgung sind die alten Quellen jedoch nicht mehr von Bedeutung, der Durst der stark gewachsenen Stadt ließe sich durch sie nicht einmal mehr immer Ansatz decken.
Doch sind es genau diese Quellen, die alten Brunnen, die Sammelbecken, die einstigen Hochbehälter, die die Stadt in den Nachkriegsjahren am Leben hielten, mit dem kostbaren Gut Wasser versorgten. Überall in Bruchsal finden sich noch Zeugnisse diese alten, längst stillgelegten Infrastruktur. Beispielsweise existiert im Untergrund nahe das Paulusheimes, ein ehemaliger Hochbehälter, dessen voluminöse Kammern jedoch seit Jahrzehnten trocken liegen. Ebenso gibt es eine solche Anlage beim prunkvollen Belvedere, dessen Brunnen übrigens bis zum heutigen Tage aus den alten Quellen gespeist wird.
Das wäre mal was für Führungen der anderen Art mit der BTMV…
Vielen Dank für diesen sehr interessanten Bericht. Ich wußte nicht, dass das Bruchsaler Wasser aus eigenen Quiellen kommt.
Schön, dass es noch Städte gibt, die nicht diesen Bodenseewasserwahnsinn mitmachen!!!