Wo wir ab und an Fünfe gerade sein lassen
Des Kraichgaus kleine Sünden
Neues Gebruddel von Thomas Gerstner
Der Kraichgauer an sich ist eine ehrliche Haut. Gegessen wird zu Hause, Zechprellerei kennt er nicht und Steuern hinterzieht er höchstens ab und an mal.Ok, Sie haben mich erwischt. Ich schließe hier gerade von mir auf Andere. Eigentlich ist es auch eher so, dass ich deshalb nicht fremdgehe weil dazu höchsten 75-Jährige Singles mit grauem Star bereit wären, die Kneipenrechnung prelle ich aus lauter Angst vor dem stämmigen Barkeeper nicht und was Steuerhinterziehung angeht … keine Ahnung wie man das macht. So, nun aber genug der Schwänke aus meinem semi-deprimierenden Leben. Hier soll es nicht um mich gehen, sonder um sie, liebe Hobby-Sünder. Es gibt nämlich durchaus ein paar kleine Macken in dieser Region, auf die es den Finger mahnend zu richten gilt. Die nun folgenden Beobachtungen wurden von mir persönlich und zu mehren Gelegenheiten gemacht – damit rangieren Sie quasi auf Augenhöhe einer wissenschaftlich-empirischen Studie.
Feldwege
Wenn den Kraichgau etwas prägt, abgesehen von seinen attraktiven Online-Journalisten, dann sind es die unzähligen Felder und Äcker. Damit unsere Landwirte diese auch erreichen um sie zu bestellen und die Feldfrüchte heim zu bringen, gibt es ein dichtes Netz an Feldwegen. An 95% dieser Feldwege finden sich Hinweisschilder in schickem rot-weißen Design auf denen ein Motorrad und ein Auto abgebildet sind. Darunter prangt meist noch der Hinweis: „Landwirtschaftlicher Verkehr“ frei. Kommt ein Kraichgauer Autofahrer an ein solches Schild, weckt das nicht den Cornflakes-Tiger in ihm sondern den potentiellen Landwirt. Als solcher darf er natürlich passieren und gibt Gas. Möglicherweise sind ihm auch die Buchstaben zu klein und er liest mit gekniffenen Augen die Worte: „Abkürzung – Fahr ruhig weiter – geht in Ordnung“ Zugegeben, die beiden Texte sind auch sehr leicht zu verwechseln.
Zu Stoßzeiten kratzen sich in jedem Fall der Jogger, Herrchen und Hund, sowie sämtliche anderen Spaziergänger verwirrt den Schädel und fragen sich ob Sie irgendwo versehentlich auf die A5 abgebogen sind.
Obstklau
Es ist einfach herrlich wenn im Spätjahr die Früchte reif an den Ästen baumeln. Kirschen, Zwetschgen, Äpfel, Nüsse und Weintrauben. Als Öko- und Bio-Kost Liebhaber hat nun die schönste Zeit des Jahres begonnen. Mit einem fröhlichen Lied auf den Lippen („Pack den großen Eimer ein, nimm das scharfe Messerlein und dann nüschts wie raus zum Mopsen…“) ziehen die Naturburschen los um das heimische Füllhorn zu versorgen. Eventuelle Gewissenbisse sind schnell verworfen, denn wäre es denn besser das Obst einfach verrotten zu lassen??? Das Obstbauern und Winzer ihre Sträucher und Bäume 360 Tage lang pflegen und hegen müssen um dann vier Tage lang ernten zu können – Pfff, wen interessiert es?! Vielleicht marschiert ihr einfach mal durch die Hintertür in eine Metzgerei und schnappt ein frisch geschnittenes Entrecôte vom Tisch… Bevor es verottet?? Warum nicht. Übrigens ist nicht nur das Pflücken von Obst illegal – auch das Aufheben von Fallobst ist rechtlich gesehen verboten. Ich rede nicht von Oma und Opa die sich im Herbst eine Handvoll Nüsslein aufklauben, aber gleich mit dem Eimer zu kommen?
Müllentsorgung
Spaziergänge durch den winterlichen Kraichgau sind eine wunderbare Angelegenheit. Die Luft ist kühl und klar und die Weite der Hügellandschaft ein echter Augenschmaus. Weniger schön anzusehen sind die Hinterlassenschaften mancher Zeitgenossen, die erst durch das schwindende Blätterwerk sichtbar werden, Unsere tollen Hohlwege bieten sich aber auch geradezu an um alten Plunder loszuwerden. Autoreifen, Ölfässer, Matratzen und noch dies und auch noch das. Manche sind glücklicherweise so blöd und werfen noch einen alten Karton mit Adressaufkleber dazu, aber meist bleibt die Schweinerei ungesühnt. Was denken sich solche Typen eigentlich? Dass die Tier im Wald den Kram noch gebrauchen können? Dass das Reh sagt: „Hey super, die platten runtergefahrenen Reifen kann ich für meinen Opel Ascona noch super brauchen?“ Oder die Fuchsmama die zu Ihren Kleinen sagt: „Kinder, scheiß auf das Erdloch – wir wohnen jetzt in der leeren Pestizid-Tonne“ ??
Ach ja, so simmer halt. Querfeldein fahrende, bio-kleptomanische Umweltsünder. Man muss natürlich nicht päpstlicher sein als der Papst, solange man nicht vergisst sich ein wenig Anstand zu bewahren. Nicht vergessen: Es genügt nicht, ein anständiger Mensch zu sein. Man muß es auch zeigen. Obst gibt´s günstig und legal im Hofladen, für Abkürzungen sind preiswerte Hubschrauber schon ab 500.000 Euro zu haben und wer seinen Müll wild entsorgen möchte, soll zumindest in die Pfalz rüberfahren. Also, immer sauber bleiben!
Ihr Tommy Gerstner