Schon bei etwas stärkerem Regen landet ein Teil unseres Abwassers unmittelbar und ungeklärt in unseren Bächen und Flüssen. Immer mehr Gemeinden rüsten daher technisch auf, aktuell Ubstadt-Weiher mit einem Großprojekt mitten in Stettfeld.
Aus den Augen, aus dem Sinn – so könnte man unser Verhältnis zu den von uns erzeugten Abwässern umschreiben. In dem Moment, in dem wir die Klospülung drücken, die Waschmaschine gluckernd und röhrend abpumpt oder das Spülwasser in einem kleinen Strudel im Abfluss verschwindet, befassen wir uns nicht länger damit. Was fort ist, ist schließlich fort. Doch lassen Sie uns einmal kurz gemeinsam den weiteren Weg Ihres Abwassers verfolgen. Zuerst fließt es durch die Leitungen Ihres Hauses in den öffentlichen Kanal unterhalb der Straße, der seinerseits in einen zentralen Abwasserkanal mündet, von dem aus die graue Suppe direkt zum Klärwerk und damit zur Wiederaufbereitung fließt. Das funktioniert in der Regel auch reibungslos, doch wenn zusätzliches Wasser hinzukommt, etwa wenn es etwas heftiger regnet, kommt das System schnell an seine Grenzen. Wenn die Kanalisation zusätzlich zu den regulär anfallenden Abwässern auch noch das Regenwasser von Dach- und Straßenflächen aufnehmen muss, geht nach kurzer Zeit gar nichts mehr. Dann bleibt nichts anderes übrig, als die Mischung aus Schmutzwasser und Grauwasser direkt in unsere Bäche und Flüsse einzuleiten. Das ist nicht etwa ein Konstruktionsfehler, sondern schlicht und einfach den unglaublichen Wassermengen geschuldet, die hier zusammenkommen. Kein System der Welt könnte über längere Zeit das verschmutzte Mischwasser komplett aufnehmen; dafür bräuchte man gigantische Behältnisse, die die Gemarkungsgrenzen ganzer Kommunen sprengen würden.
Lassen Sie uns das anhand einiger durchschnittlicher Zahlen klarstellen. Nehmen wir als Beispiel die Kanalisation, die derzeit für den Abtransport der Abwässer aus den Ubstadt-Weiherer Ortsteilen Stettfeld und Zeutern verantwortlich ist. Die Kläranlage in Ubstadt-Weiher kann maximal 130 l/s reinigen. An einem normalen schönen sonnigen Tag wie heute kein Problem, doch wenn es regnet, kommen durch die große Fläche, auf denen das Wasser niedergeht, erhebliche Mengen zusammen, um genau zu sein, mehrere 1.000 l/s, die in den Kanal schießen. Selbst Auffangbecken, die viele Millionen von Litern Wasser aufnehmen können, werden in einem solchen Fall binnen weniger Minuten gefüllt. Es ist also illusorisch, mit entsprechenden Rückhaltevolumen zu kalkulieren; der Abfluss in die natürlichen Gewässer ist quasi unvermeidlich. Bisher erfolgte der Abfluss des schmutzigen Mischwassers in die natürlichen Gewässer allerdings schon sehr niederschwellig; auch bei weniger spektakulären Regenfällen gelangt die Kanalisation in den beiden beispielhaft aufgeführten Ortsteilen vergleichsweise schnell an ihre Grenzen. Dann passiert etwas äußerst Simples: Das Wasser steigt im Kanal auf eine gewisse Höhe, überwindet einen kleinen Betonwall und fließt in den benachbarten Katzbach. Das ist schlecht; da gibt es keine zwei Meinungen, denn die verschiedenen Bestandteile des Wassers schaden dem Ökosystem. Hier landet schließlich alles, aber auch wirklich alles: Fäkalien, der Abrieb der Autoreifen von den Straßen, Chemikalien aus Betrieben und Haushalten und vieles mehr bilden eine Melange, die man nicht wirklich im heimischen Gewässer haben möchte.
Was kann man nun also tun, um zumindest das Schlimmste abzumildern? Die Antwort darauf ist einfach: Es geht erst einmal darum, die erste Fuhre Dreck und Unrat aus unseren Wasserläufen fernzuhalten. Dieser sogenannte „First Flush“, also all der Dreck und Unrat, der gleich zu Beginn eines Regens im Kanal aufgewirbelt und abgeschwemmt wird, muss irgendwie abgefangen werden. Denn alles, was danach kommt, ist zwar noch nicht klinisch rein, aber im Grunde nur eine extrem stark verdünnte Variante dieses ersten Schwalls. Sehr viel weniger bedenklich für die Gewässerökologie als die stark kontaminierte erste Salve, die wir bei einem Regenereignis durch unsere Rohre feuern. Um diesen First Flush adäquat vom Übertritt in den Katzbach abzuhalten, entsteht hinter der alten Schule in Stettfeld, dort, wo früher die Schulkinder (unter ihnen übrigens auch Bürgermeister Tony Löffler)ihre Pause verbracht haben, ein unterirdisches, gigantisches Regenüberlaufbecken mit einem Durchmesser von 23 Metern und einer Höhe von etwa 8 Metern. Es hat eine Kapazität von etwa 1,7 Millionen Litern und kann einen maximalen Zufluss von 1.350 l/s händeln. Dieses Becken ist nicht dafür gedacht, einfach nur Abwasser zu speichern; denn wie wir bereits festgestellt haben, wäre bei stärkerem Regen auch dieses Volumen innerhalb von Minuten gefüllt. Es geht darum, den ersten und schlimmsten Schwall Dreckwasser – den First Flush – sicher zu verwahren, bis er später, wenn die Situation sich wieder normalisiert hat, kontrolliert Richtung Kläranlage abgeführt werden kann.
Die Konstruktion bedient sich dabei der Vorzüge der physikalischen Gesetze. Kreisrund gebaut, strömt das Wasser wie in einer Zentrifuge kreisförmig durch den Zylinder und steigt auf diese Weise immer weiter nach oben. Da das Wasser leichter ist als die in ihm gelösten Schmutzstoffe, sammelt sich an der Oberseite dieses Strudels vergleichsweise klares Wasser, während die schweren Bestandteile am Boden des Beckens liegen bleiben. Sobald sich die Wetterlage wieder normalisiert hat und die Wasserflüsse wieder in normalem Rahmen ablaufen, kann das Becken dann mittels Entleerungsstrudel gespült werden. Die Feststoffe werden vom Boden gelöst und in den Kanal zur Klärung weitergeleitet. Es mag vielleicht nicht der güldene Königsweg sein, doch eine vollständige Sammlung und Reinigung des Wassers im Zuge eines Regenereignisses ist nach aktuellem Stand einfach technisch, und logistisch und wirtschaftlich kaum umsetzbar. Und noch einmal: Nach aktuellem Stand fließt das Wasser selbst bei vergleichsweise wenig Niederschlag sofort und ohne Klärung in den Katzbach. Das passiert sogar viel häufiger, als Sie denken, statistisch gesehen über das Jahr verteilt rund einmal pro Woche.
Der Gemeinderat Ubstadt-Weiher hat nun grünes Licht für die Anlage gegeben, die unterm Strich etwa 3,8 Millionen Euro kosten wird und nicht nur für Stettfeld, sondern auch für das benachbarte Zeutern zuständig ist. Die Bauleitung wird dabei von Willaredt Ingenieure aus Sinsheim übernommen. Bei einem Pressetermin vor Ort in Zeutern erläuterte Bauingenieur Jonas Bauknecht am Freitag im Beisein von Bürgermeister Tony Löffler das geplante Vorhaben im Detail. So wird auf (oder vielmehr unter) dem ehemaligen Pausenhof der Stettfelder Schule und auch auf dem Areal des danebenliegenden Spielplatzes mit Baustart Ende des Jahres zuerst damit begonnen, die Baugrube auszuheben. Diese hat gigantische Ausmaße: 6400 m³ Bodenaushub werden anfallen, um den etwa 2100 Tonnen schweren Stahlbetonbau aufnehmen zu können. Im Zuge der Bauarbeiten muss auch die kleine Holzbrücke über den Katzbach abgebaut und später erneuert werden; das Bachbett wird eigens dafür um ein paar Meter verlegt. Auch wenn sich das erst einmal brachial anhört, bleibt am Ende kaum etwas übrig, das an der Oberfläche zu sehen wäre. Die gesamte Konstruktion verschwindet im Untergrund; auf dem massiven Stahlbetonboden wird der besonders von den Vereinen genutzte kleine Platz wieder instand gesetzt. Auch der Spielplatz wird ein Comeback erleben, schöner als je zuvor. Eine kleine Römerburg für Kinder soll hier errichtet werden, die Aufenthaltsqualität des Geländes deutlich erhöhen. Besonders schön für ungestörte Aufenthalte mit der Familie, ebenso für Vereinsaktivitäten und Straßenfeste: In das kleine technische Funktionsgebäude, von dem aus die Anlage kontrolliert und gewartet werden kann, wird eine öffentliche Toilette installiert – ein Novum in der Stettfelder Ortsmitte.
Klappt alles wie vorgesehen, soll die Baumaßnahme in etwa eineinhalb Jahren, im Frühjahr 2026, abgeschlossen werden. Der Bau wird vom Land Baden-Württemberg mit Zuschüssen in Höhe von 65 % der Kosten gefördert. Am Ende eine äußerst sinnvolle und wichtige Investition in den Umweltschutz und die intakte Natur unserer Heimat, so Bürgermeister Tony Löffler in einem kurzen Fazit. Zudem eine unumgänglich Investition, da die bisherige wasserrechtliche Genehmigung für die aktuelle Verfahrensweise in dieser Form keinen Bestand mehr hat. Für den Katzbach ist das neue Bauwerk in jedem Fall von Vorteil, die Experten erwarten direkt nach Inbetriebnahme der neuen Anlage eine deutliche Verbesserung der Wasserqualität
Aha… aufgewacht.
Wann mer nix gscheits macht, braucht mer sich auf net wundere!
Des Schlimmschde isch,
dass ma zu viel versiegelt hen un’s grad so weidageht !