Zuhause auf dem Dorf

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Nach fast 50 Jahren vis-à-vis vom Bruchsaler Schloss ist die Pizzeria „Da Gianni“ nach Östringen umgezogen

Freitagmittag in der Östringer Waldstraße. Reges Treiben in und um das italienische Restaurant “da Gianni”. Draußen ist ein Gärtner gerade dabei die Bäume zu beschneiden, ein anderer rückt mit dem schweren Gasbrenner Moos und Unkraut auf der Terrasse zu Leibe. In der Gaststube öffnet Restaurantchef Mirco gerade ein aufwändig verpacktes Paket aus Italien. Es enthält eine Knolle weißer Trüffel aus Alba, mehrere hundert Euro ist das etwa apfelgroße Stück wert. Der Geruch ist – sagen wir es diplomatisch – gewöhnungsbedürftig, doch Feinschmecker schwören auf die sehr eigene und spezielle Note, die der seltene unterirdisch wachsende Pilz Speisen hinzufügen kann.

Das mag etwas extravagant klingen, ist es aber nicht. Trüffel aus Alba ist einfach eine der Traditionen, die Mirco aus Bruchsal nach Östringen übernommen hat… Ansonsten erinnert hier aber nicht viel an das “alte” nach Mircos Papa benannte “Da Gianni”, wie es die Bruchsaler fast fünf Jahrzehnte lang kennen und lieben gelernt haben. Keine Teppiche, keine runden Sitznischen, keine Polstersessel, keine Tischdecken, dafür nun aber viel helles Holz, ruhige Erdtöne, satiniertes Glas und warmes Licht. Eine einladende Atmosphäre, es ist wirklich gemütlich hier.

Auf den Tag genau sechs Monate ist es nun her, seit Mirco Del Sal und seine Familie den Neustart in Östringen gewagt haben. Ein Wagnis, aber kein Sprung in völlig kaltes Wasser. Schließlich lebt Mirco schon sein ganzes Leben lang in Östringen, nur das Restaurant der Eltern war eben schon immer in Bruchsal. Jetzt ist quasi auch die Arbeit ein Heimspiel, nur 700 Meter sind es nachhause, eine Strecke, die Mirco ab und an gerne mit dem Fahrrad fährt.

Klar, ein paar Sorgen hat er sich schon gemacht, ob das in Bruchsal so erfolgreiche Konzept auch in Östringen funktionieren würde, doch nach diesem Halbjahr haben sich sämtliche Bedenken in Luft aufgelöst. “Ich habe so viel gearbeitet wie noch nie in meinem Leben, habe sogar einige Kilos abgenommen“, lacht er und erzählt von einem langen, heißen Sommer, in welchem die Terrasse jeden Tag bis auf den letzten Platz belegt war. Das ging teilweise schon soweit, dass an manchen Wochenenden dutzende Gäste abgewiesen werden mussten, einfach weil nirgendwo mehr auch nur ein Stuhl frei gewesen wäre. Für einen Gastgeber eine unglückliche Situation, aber besser so als andersherum.

Neben den mitgereisten langjährigen Stammgästen aus Bruchsal sind es vor allem die Östringer, die Mirco mit offenen Armen empfangen haben. “Hier auf dem Dorf kennt man sich eben, das ist einfach schön“, sagt er und wischt die Anmerkung, dass Östringen doch technisch gesehen eine Stadt sei mit einem Grinsen fort. “Wir sind ein Dorf und das bleiben wir auch”.

Obwohl er schon seit Jahrzehnten im Geschäft ist, waren die ersten Tage in Östringen doch eine Umstellung, sind es im Grunde immer noch. “Wir optimieren jeden Tag unsere Abläufe, an vieles muss man sich erst einmal gewöhnen.” Zum Beispiel, dass seine neue Küche viel kleiner ist, als die alte in Bruchsal. Zur Unterstreichung hebt Mirco seine Unterarme und zeigt uns die roten Striemen, die er sich am zu hoch eingebauten Pizzaofen regelmäßig zuzieht, wenn er mit dem Arm an den heißen Rand des Garraums kommt. Wo gehobelt wird, fallen Späne, wo gebacken wird eben auch.

Ob er Bruchsal denn vermisst, wollen wir von ihm wissen und es scheint, als ob er darüber noch gar nicht wirklich sinniert hätte. “Die Erinnerung verblasst viel schneller, als ich es für möglich gehalten hätte“, sagt er nachdenklich. “Als wir aber neulich wegen einer Formalität im alten Restaurant waren, hat es schon ein bisschen geschmerzt, unser altes “Familienwohnzimmer” so verlassen und ausgeräumt zu sehen.” Aber so ist das Leben nun einmal, alles hat seine Zeit, irgendwann muss das nächste Kapitel aufgeschlagen werden. Für Mirco und seine Familie spielt dieses Kapitel in Östringen, aber auch in Bruchsal zieht im alten “da Gianni” spätestens ab Anfang des Jahres neues Leben ein. Wie man munkelt, wird es wieder italienisch geprägt sein.

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2 Gedanken zu „Zuhause auf dem Dorf“

  1. Na wer auch immer in Bruchsal die Nachfolge antritt, man wird sich mit einem hohen Standard messen lassen müssen :) Alles Gute für den neuen Abschnitt nach Östringen !

  2. Es wird sehr schwer sein dort Fuß zu fassen in Bruchsal,weil die Bruchsaler überrumpeln die Stube in Östringen seit Eröffnung,Quelle:Ein guter alter Napolitaner ;)

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