“Weißweinwetter isch immer”

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Stell dir vor es ist Mistwetter und allen ist es egal

Trotz Dauerregens war der Kraichtaler Weinwandertag so beliebt wie nie zuvor

Vorhang auf am Sonntagmorgen, ein Blick durchs Fenster und der erste Gedanke: Was ein Mistwetter. Der zweite Gedanke schiebt sich schnell hinterher: Was für ein Quatsch! Gerade wir im Kraichgau als ländliche, von der Landwirtschaft geprägte Region, sollten um jeden Tropfen Regen dankbar sein. Wer den letzten Dürresommer noch in Erinnerung hat (und das dürfte so ziemlich jeder sein) wird vermutlich nun unweigerlich nicken. Es scheint so, als hätte ganz Kraichtal an diesem Regentag genau den gleichen Gedanken gehabt. Das Wetter hat in jedem Fall nichts und niemand davon abgehalten, den Kraichtaler Weinwandertag 2023 zu genießen. In Regimentsstärke strömten die Menschen die abwechslungsreiche Route von Unteröwisheim nach Oberöwisheim und zurück – entlang der wie an einer Perlenkette aufgefädelten Stände der Winzer. Acht Weingüter haben in diesem Jahr ihre Keller geöffnet, um ihre edlen Tropfen auszuschenken. Dabei waren die Weingüter Schmidt, Härdtle, Gärtner, Niwenburg, Klenert und Hockenberg sowie Familie Becker und Bettina Hartlieb mit ihrer einzigART.

Am Morgen um 10 Uhr beim traditionellen Get Together im Hof von Familie Becker in Unteröwisheim war die Stimmung bereits gut, die Erwartungen allerdings noch etwas bemüht zweckoptimistisch. “Der Himmel geht noch auf und wenn net, dann zieh mers auch durch”, lacht Bettina Hartlieb und Christine Link vom Weingut Hockeberg sieht sogar das ideale Wetter angebrochen, schließlich müsse niemand schwitzen. “Weißwein wird heute trotzdem gehen”, orakelt David Klenert und Schirmherr Bürgermeister Tobias Borho sieht optimistisch, doch eine deutliche Verbesserung im Vergleich zum letzten Jahr. Damit hat er recht, 2022 war es zum heftigen Regen auch noch deutlich kälter, doch auch im Vorjahr war die Veranstaltung übermäßig gut besucht. Das lag an Corona und dem Bedürfnis der Menschen wieder rauszukommen, sind sich die Kraichtaler WinzerInnen unisono sicher, aber ob sich das in diesem Jahr so wiederholen würde?

Ja, das hat es. Schon kurz nach Beginn der Veranstaltung ist das regengrüne sanfte Auf und Ab der Kraichtaler Hügel gesprenkelt mit Regenschirmen und Ponchos in allen Farben des Regenbogens. Fröhliche Gesichter, wo man auch nur hinblickt. Überall treffen wir große Gruppen, Freunde und Familien, die gemeinsam und ganz entspannt alle Stationen ablaufen, Regen hin oder her. “Weißweinwetter isch immer” lacht ein Uneroiser Senior, der im Brustbeutel ein Glas Weißwein mit sich führt, das der Himmel schon längst in Schorle verwandelt hat. Unbeirrt fröhlich sind wie in jedem Jahr auch die Neuenbürger Winzersleut von den Niwenburg, Nadine und Dominik Zorn. Um dem himmlischen Grau etwas Paroli zu bieten, haben sie sich ein paar bunte Blumenketten um den Hals gehängt und freuen sich über die nicht enden wollende Traube von Menschen, die sich “de Buckel nuff” zu ihrer kleinen Station in den Weinbergen schiebt. “Es ist trotz Dauerregen schon jetzt besser als im letzten Jahr und das will was heißen” lacht Nadine und schenkt eifrig den Schlange stehenden Wein-Aficionada nach. In den Gläsern landet bei ihr heute schon der Jahrgang 2022, der dank reichlich Sonne zur allgemeinen Zufriedenheit ausfällt. Nicht weniger gut läuft es bei den anderen Stationen, anders lässt sich der in diesem Moment bei Nadine eintreffende Anruf von Bettina Hartlieb nicht deuten, die händeringend auf der Suche nach noch mehr Gläsern ist.

So lässt sich von diesem erneut ins Wasser und doch wieder stolz auf die Füße gefallenem Kraichtaler Weinwandertag nur ein eindeutiges und glasklares Fazit ziehen: Alles gut, alles Bombe, alles richtig gemacht. Die KraichtalerInnen wären vermutlich auch mit einem Lachen im Gesicht losgelaufen, hätte ihnen ein Orkan bei 110 Stundenkilometer Eiskristalle um die Ohren gewirbelt. Was ist schon ein bisschen Regen, wenn man gemeinsam draußen in unserer wunderschönen Heimat unterwegs sein kann? Ach ja, ein Glas Wein in der Hand schadet dabei ganz sicher auch nicht.

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18 Gedanken zu „“Weißweinwetter isch immer”“

  1. Gott im Himmel.. Hauptsache immer alles direkt schlecht machen.. Der Wein gehört zum Kraichgau.. Soll man ihn wegschütten oder besser noch alle Weinberge ausreissen? Sie trinken sicher keinen Alkohol, rauchen nicht, essen kein Fleisch, fahren nur Fahrrad oder mit dem ÖPNV, feiern den Ausstieg aus der Atomkraft. Perfekt! Und gehen zum Lachen in den Keller.

    • Das Beschriebene hat niemand gefordert! Statt wilde Unterstellungen zu verbreiten, wäre mehr Verantwortung im Umgang mit Alkohol und Werbung dafür angebracht.

  2. Also ich fand es bei dem Regen schon anstrengend genug. Mein Fazit: lieber bei milden Temperaturen mit Regen als bei Kaiserwetter :D
    Und die Regenvariante im Wein haben wir „Naturschorle“ getauft :D

  3. Leider war der Weinwandertag essenstechnisch sehr entäuschend,
    es geht zwar überwiegend um Wein, aber ein bisschen Essen gehört auch dazu. Mittags ab 14 Uhr: Wildbratwurst ausverkauft, Ketchup zu Pommes ausgegangen, Kuchen ausverkauft, Currywurt ausverkauft….Die Leute sind mit den Umhängegläsern in Massen zu Pizzeria u. umliegende Döner aus Not der Verzweiflung. Das ging auch schon mal anders im Kraichgau. Schade!

    • Auszug aus dem „Grußwort des Bürgermeisters“ zur Weinwanderung (Website Stadt Kraichtal):
      „Am Sonntag, 16. April präsentieren sich verschiedene Winzer/Weingüter aus Kraichtal und Umgebung und bieten auf einem ausgeschilderten Rundweg allerlei flüssige Köstlichkeiten an. Auch für das leibliche Wohl ist bestens gesorgt und es warten verschiedene Essensangebote auf Sie.“
      Das ging ja dann wohl in die Hose, also was das Essen anbetrifft.
      Besser, mer hod immer a Veschber dabei!!!

  4. Bei der Wettervorhersage konnte keiner diese tolle Resonanz voraussehen .
    Toll, dass sich so viele Menschen trotz des durchwachsenem auf den Weg gemacht haben.
    Aber die Veranstalter haben sicher ihr bestmögliches gegeben, um allen Teilnehmern eine schönes Erlebnis zu ermöglichen.

    • Naja wir hatten vergangenes Jahr weit schlimmeres Wetter und die Leute strömten auch da hin als gäbs nix anderes :)
      War also schon zu denken, dass auch dieses Jahr der Kraichtaler seinen Schirm dabei hat.

  5. Kritisieren ist leicht. Wer hat den Aufwand gesehen den sich die Winzerinnen und Winzer gemacht haben? Wer hat den positiven Zuspruch vorausgesehen? Was wäre gewesen wenn die Veranstalter auf ihren Waren sitzen geblieben wären? Deshalb bitte den Ball flach halten. Kraichtal lebt und kann was tolles auf die Beine stellen. Danke!! Wer keinen Wein trinken möchte, kann ja bei Wasser bleiben.

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