Sein kleines Stückchen Paradies

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Bruchsals schönster Winkel

In Elias entspannter Gartengolfanlage läuft die Zeit immer etwas langsamer

Ungefähr eine Million mal bin ich bereits am Giesgrabenweg und der kleinen steinernen Mauer vorbeigefahren, zum Beispiel immer dann, wenn es mich Richtung Sauna oder Freibad gezogen hat. Das geschwungene Schild mit der Aufschrift “Gartengolf” ist mir dabei zwar aufgefallen, weiter gedacht habe ich mir dabei aber selten etwas. Bei Gartengolf denke ich unmittelbar an Minigolf und hier kommen mir zuerst die vielen ungepflegten Anlagen in Erinnerung, die es teilweise noch in ein paar vergessenen Winkeln im Kraichgau gibt. Moosüberwucherte Eternitplatten, verwitterte Lampen mit zerbrochenen Glühbirnen, Äste und Blätter auf den Bahnen, abgeblätterte Farbe und Verfall trüben allerorten den einstigen Glanz der Attraktion der Wirtschaftswunderjahre. Minigolf habe ich früher in den Achtzigern mit meinen Eltern gerne gespielt, doch in meinen Jahren als Erwachsener, hatte ich diesen deutschen Klassiker kaum noch auf dem Schirm.

Jetzt habe ich in diesem ersten Absatz gleich zwei zentrale Fehler gemacht. Einmal die Verwechslung von Gartengolf mit Minigolf und zum anderen die chronische Ignornz der kleinen Mauer am Giesgrabenweg. Hätte ich mir einmal die Mühe gemacht, über die Mauerkrone zu schauen, wäre mein Blick mitten in ein kleines, wunderbares Paradies gefallen. Riesige, im Wind rauschende Bäume.. Trauerweiden, japanischer Ahorn, Platanen, dazu ein plätschernder Springbrunnen inmitten eines Ententeichs, überall kleine Sitzgruppen, Liegestühle und lauschige Ecken ohne Ende. Dazwischen 27 lose verteilte Bahnen, mit großen Abständen zueinander, eingebettet in einem idyllischen Winkel Natur, den man hier mitten in der Stadt kaum vermuten würde. Das wäre übrigens auch der Unterschied zum Minigolf: Mehr Platz und deutlich mehr Grün drumherum.

Die alten Bruchsaler kennen die Anlage schon längst, immerhin wurde sie bereits vor einem Vierteljahrhundert gegründet. Die Idee dafür hatte niemand geringeres als Ronny Nagel, der am Hardtsee in Ubstadt-Weiher vor bald 50 Jahren den Kult-Imbiss schlechthin geschmissen hat. Anno 2000 legte er hier, am langen Ende der Bruchsaler Schlossachse das kleine Gartengolf-Gelände an, pflanzte Bäume, hob einen Teich aus, baute die Bahnen, eine Terrasse und natürlich – was wäre Ronny ohne – einen Kiosk.

Heute, 24 Jahre später, ist das Gelände nicht mehr wiederzuerkennen. Die kleinen Bäume sind so großen Riesen herangewachsen, haben die Anlage, in der es früher vor der Sonne kaum ein Entrinnen gab, zu einem kleinen Park werden lassen, der sich hinter dem benachbarten Schlosspark nicht verstecken muss. Ronny ist mittlerweile in seinen wohlverdienten Ruhestand gestartet, nicht aber ohne vorher sein Herzensprojekt Gartengolf in gute Hände abzugeben. Diese Hände gehören Elias Kritzer, 31 Jahre alt, und ein Hansdampf in allen Gassen. Nach einer Lehre als Hotelfachmann im blauen Reiter in Durlach hat er schon mit Anfang 20 in Bruchsal ein erstes Restaurant geleitet, kam schließlich durch Vermittlung eines Bekannten ins Gespräch mit Ronny.

Lange Rede kurzer Sinn, man ahnt, auf was diese Geschichte hinausläuft, Elias bestand den “Ronny-Check” und übernahm 2017 die Gartengolfanlage. Seither ist er fast jeden Tag in seinem neuen Refugium im Bruchsaler Vereinsviertel, kümmert sich um die weitläufige Anlage mit ganz viel Herzblut. Mit Herzblut ist es allerdings nicht getan, um das gepflegtes Stück Grün in Schuss zu halten, muss Elias im Grunde von früh bis spät Hand anlegen. Unkraut zupfen, Rasenmähen, Bäume schneiden, Kehren,… an Arbeit mangelt es nicht. Doch Elias sieht es entspannt, eine schönere Arbeit kann er sich kaum vorstellen. Während er an diesem Mittag die Stühle auf der weitläufigen Terrasse mit Polstern ausgestattet, kommt aus dem kleinen Kiosk sommerliche Reggae-Musik, die Luft riecht nach frisch gemähten Gras, die Verheißung des nahenden Sommers hängt über alledem.

Der Sommer ist eben auch die Zeit, auf die es hier draußen ankommt. Gartengolf ist ein Saisongeschäft, da beißt die Maus keinen Faden ab. Von März / April bis in den Herbst hinein hat Elias geöffnet, die Öffnungszeiten orientieren sich dabei immer aktuell am Wetter und den Gegebenheiten. “Am besten schaut man auf der Webseite oder über Google nach”, sagt er, „die Einträge halte ich immer auf dem Laufenden”. Wenn er offen hat, tummeln sich hier nicht nur die Oldies, sondern insbesondere auch junge Paare, Familien und sogar ganze Schulklassen auf dem weitläufigen Gelände. Es gibt zwei Parcours – einen mit 18 Löchern, der andere mit 9 Löchern. Der zweite ist etwas schwerer, empfiehlt sich nicht unbedingt für kleine Kinder, dafür braucht es dann doch etwas Fingerfertigkeit. Die Regeln sind nicht allzu schwer, es gilt den Ball mit dem Schläger mit möglichst wenig Schlägen ins Loch zu bugsieren. Das klingt einfach, ist es aber nicht immer, manche der Bahnen sind wirklich tricky. Aber eben genau das macht auch den Spaß aus.

Das Schöne ist, eine Runde Gartengolf hat nichts mit Sport, mit Kräftemessen oder mit Zwang oder Druck zu tun. Es geht einzig und allein um die gute Laune, wer will kann zwischen den Bahnen regelmäßig eine schöne Pause in einem der vielen Liegestühle einlegen, oder auf der Terrasse ein Eis, einen heißen Snack oder ein kühles Bier genießen. Ganz neu sind auch Cocktails, zum Beispiel etwas, das Sarti Spritz heißt. Laut Elias der heiße beziehungsweise kühle Scheiß des Sommers.

Die Eintrittspreise, die Elias aufruft, sind dabei äußerst moderat. Kinder zahlen pro Spiel 3,50 €, Jugendliche 4 €, Erwachsene 4,50 €. In den Ferien, an Sonnen und Feiertagen hat die Anlage bereits ab 10:00 Uhr geöffnet, ansonsten geht es immer um 13:00 Uhr los, abends so lange wie Wetter, Lust und Laune mitspielen. Am besten ist aber, immer vorher einen Blick auf die Webseite zu werfen. Hier schreibt Elias – wie schon gesagt – zeitnah was Tango ist.

Wer also Lust hat, sich einmal wieder ein bisschen gute alte und vollkommen entschleunigte Unterhaltung nach alter Väter Sitte zu gönnen, der sollte in Erwägung ziehen bei Elias auf ein paar gepflegte Bahnen Gartengolf vorbeizuschauen.

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1 Gedanke zu „Sein kleines Stückchen Paradies“

  1. Wir kommen schon sehr lange, auch schon zu Ronnys Zeiten, zum Gartengolf. Am Stammtisch trifft man auch immer jemanden der Lust auf eine Runde Gartengolf hat. Die Anlage ist immer gepflegt und das Personal inclusive Elias ist immer gut drauf, kann ich nur empfehlen, so ein kleiner Kurzurlaub in der Region.

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