Nur ein kleines Lächeln

Glück liegt im Kleinen verborgen – es braucht nicht viel für etwas menschliche Wärme an dunklen Tagen.

Ich will ehrlich zu Ihnen sein: Ich tue mich schwer mit diesen Tagen. Die Dunkelheit, die Kälte und der Ausblick auf einen viel zu oft grauen, trüben und nasskalten Winter, der doch im Grunde gerade erst begonnen hat. Der Dezember macht dies alles noch durch die festliche Heiterkeit der anstehenden Weihnachtstage erträglich, doch danach? Beginnt für mich Jahr um Jahr eine Durststrecke, die erst mit den ersten warmen Tagen des Frühlings zu Ende geht. Dazu kommt in diesem speziellen Winter noch eine gute Portion dessen, was man wohl Weltschmerz nennt: Trauer um eine Gesellschaft, die sich zunehmend nur noch um sich selbst dreht, den stumpfsinnigen falschen Versprechen ewig Gestriger folgt und obendrein noch scheinbar achselzuckend den langsamen Tod von Natur und Umwelt in Kauf nimmt. Sagen wir es so: Der unverzagte Blick nach vorne in die unberechenbare Blackbox 2025 fällt derzeit ausgenommen schwer.

Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, in diesen letzten Beitrag des Jahres 2024 gleich von Beginn an mit mehr Optimismus und Leichtigkeit einzusteigen – ein Unterfangen, das mir beim Durchlesen des ersten Absatzes geradezu spektakulär misslungen ist. Sei’s drum, jetzt steht es da – Zeit für einen Plottwist. Ich möchte Ihnen nämlich heute von einer Superkraft erzählen! Einer Superkraft, auf die ich schon vor vielen Jahren ganz unverhofft gestoßen bin, die aber nicht nur mir vorbehalten ist, sondern jedem von uns zur Verfügung steht. Richtig eingesetzt, vermag sie nicht weniger, als das Grau noch so dunkler Tage zu durchbrechen, Barrieren einzureißen und bleierne Schwermut durch Licht und sprühende Funken ehrlicher Freude zu ersetzen.

Alles, was Sie dafür tun müssen, ist zu lächeln. Lächeln Sie, wann immer Sie können, aber besonders dann, wenn Sie auf andere Menschen stoßen. Keineswegs nur in Gegenwart derer, die Ihnen vertraut sind, sondern auch gerade denen gegenüber, die Ihnen völlig fremd sind. Ich verspreche Ihnen – nein, ich garantiere Ihnen –, Sie werden es nicht bereuen. Lächeln ist eine Investition in die Menschlichkeit, die Ihnen sofort mit Zins und Zinseszins vergolten wird. Ein Lächeln kehrt zu Ihnen zurück und beschert Ihnen Momente des Glücks. Das klingt unfassbar kitschig – dessen bin ich mir bewusst –, aber es ist genauso, das kann ich Ihnen aus eigener, tausendfacher Erfahrung versichern. „Lächle in die Welt, und die Welt lächelt zurück“, so lautet ein altes chinesisches Sprichwort, und Himmelherrgott, das ist so wahr.

Bitte achten Sie beim nächsten Spaziergang einfach so ein bisschen auf Ihre Mitmenschen. Sie wissen schon, die, mit denen wir diesen kleinen Planeten teilen, denen wir so nahe, aber viel zu oft auch so fern sind, obwohl wir einander zum Greifen nah gegenüberstehen. Achten Sie auf die Gesichter der anderen, die oft so verschlossen und nicht selten so abweisend wirken. Ich habe lange Jahre unerbittlich und hart geurteilt, wie unfreundlich doch alle anderen auf mich wirken, und sie deshalb meinerseits mit ebenso abweisenden Blicken dafür abgestraft. Klingt idiotisch – und das war’s auch. Aber dann kam der Tag, der wie eine Rosskur dieses miese Mindset für immer verändert hat.

Ich war im Wald unterwegs, auf einem meiner Spaziergänge in dieser kleinen Ecke hinter unserem Haus, die ich aus irgendeinem tief liegenden egozentrischen Grund als „mein“ Revier bezeichne (noch so ein peinlich unzulänglicher Irrglaube). Unterwegs treffe ich einen Mann, dessen bloße Anwesenheit mich irgendwie schon negativ antriggert. Was hat der Kerl ausgerechnet jetzt hier in meinem Stück Wald zu suchen, denke ich mir und suche in seinem Gesicht nach einer Bestätigung für dieses meine und miese Stück Gedankengut. Guck ihn dir doch schon mal an, mit seinen heruntergezogenen Mundwinkeln, dem verschlossenen Blick und dieser abweisenden Aura … dachte ich und strahlte wahrscheinlich in diesem Moment genau das aus, was ich bei meinem Gegenüber zu sehen glaubte.

Und dann passierte Folgendes, etwas, das mich (klingt wieder kitschig, ist aber so) ein Stück verändert hat. Im Vorbeigehen nickt mir der Mann zu, hebt grüßend die Hand und schenkt mir ein Lächeln, das sein ganzes Gesicht vereinnahmt. Offene, fast gütig wirkende Augen, ein klarer und ehrlicher Blick, ein Moment voller Aufmerksamkeit für einen Fremden. Ein Lächeln wie ein Lichtstrahl, das meinen harten Panzer sofort und widerstandslos durchdringt und in mir eine Art Explosion auslöst. Ich lächle unweigerlich zurück, eine Reaktion, die ganz von alleine, ganz natürlich erfolgt, geradezu ohne mein Zutun.

Und da ist noch etwas, ein Gefühl, das ich nicht sofort einordnen kann. Aber dann weiß ich es: Ich bin glücklich – nicht nur im Moment dieses Kontakts, sondern noch eine ganze Weile nach dieser Begegnung. Für einen ganz kurzen Moment waren wir mehr als nur zwei Fremde, die sich irgendwo im Wald getroffen haben … wir waren zwei Menschen, die wahrhaft und ehrlich miteinander in Verbindung standen. Eine Verbindung, die im Grunde doch zwischen uns allen existiert, egal wer wir sind, woher wir kommen, wie alt wir sind, an was wir glauben.

Es ist doch so: Diese Welt da draußen überfordert uns zunehmend mit all ihrer Komplexität, all ihren Problemen und dem Kontrollverlust, der sich eingedenk dieser kaum überwindbar scheinenden Schwierigkeiten für uns auftut. Es bleibt ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit und kollektiver Ohnmacht. Was können wir kleine Lichter schon tun, um all das wieder ins Lot zu bringen? Was kann ich schon gegen den Kollaps der Umwelt, gegen Kriege, gegen Gewalt und all die anderen großen Probleme dieses Planeten unternehmen?

Ganz ehrlich? Auf der Makroebene nicht allzu viel. Sie können Ihr Bestes geben, Ihren Teil beitragen, aber Sie werden das laufende Spiel nur unwesentlich beeinflussen können. Was Sie aber tun können, ist, die Welt dort besser zu machen, wo Sie gerade sind – wo Sie leben, stehen, gelten und wirken.

Was es dafür braucht? Das ist die gute Nachricht: gar nicht allzu viel. Nur einen freundlichen Blick und ein kleines Lächeln. Ein kleines Lächeln, das die Welt verändert.

Ich wünsche Ihnen von Herzen alles erdenklich Gute für das kommende Jahr. Wir Hügelhelden werden wie in den vorausgegangenen Zwölfen an Ihrer Seite sein und weiter Ihren Blick auf das Schöne und Gute um uns herum lenken. Davon gibt es nämlich weit mehr, als Sie vielleicht glauben mögen.

Herzlichst
Ihr Stephan Gilliar und die Crew aus der Hügelhelden-Redaktion

PS: Wir sehen und hören wieder voneinander ab dem 7. Januar.