Eltern mit Herz und Verstand versüßen das Fest der Geister
Nun ist sie also Geschichte, die Nacht der Geister und Gespenster. Was wurde im Vorfeld nicht gemahnt und mit sorgenvoll erhobenem Zeigefinger an die Menschen appelliert. Politiker jeder Größenordnung und auch die Polizei warnten im Vorfeld vor den Klingeltouren der Kleinen und den alljährlichen Forderungen nach Süßem oder Saurem. Selbstredend wurden diese Appelle nicht aus Boshaftigkeit formuliert, vielmehr stand die Sorge vor nicht nachvollziehbaren Infektionsketten im Vordergrund. Dazu kam das übliche Meer der Stimmen, die Halloween in unseren Breitengraden ohnehin jegliche Daseinsberechtigung absprechen, handelt es sich hierbei doch um einen rein amerikanischen Brauch. Die gleiche Diskussion entfacht sich übrigens auch jedes Jahr rund um den Valentinstag, doch stellt sich auch hier die kleine, aber bedeutsame Frage: Wo ist der Schaden? Was ist verkehrt daran seiner Liebe einen Strauß Blumen und ein paar liebevolle Worte zu schenken? Die Antwort ist einfach: Rein gar nichts! Besser ein liebevoller Tag mehr, als einer zu wenig. Die gleiche Argumentation gilt vollumfassend auch für Halloween. Wen stört es denn, wenn die Kinder Spaß daran haben sich zu verkleiden und als großes Abenteuer gemeinsam im Einbruch der Dunkelheit durch die Straßen zu ziehen?
Für die Kleinen ist der Ernst der vergangenen Monate genauso real wie für uns Große. Die Kinder bemerken unsere Anspannung, bemerken dass in diesem Jahr einiges anders läuft als sie es gewohnt sind. Schulen und Kindertagesstätten waren monatelang geschlossen, der Kontakt zu Freunden beschränkt. Warum sollte man ihnen also verbieten mit einem Buddeleimer durch die Nachbarschaft zu ziehen, mit einem Laken über dem Kopf oder ein bisschen gruseliger Clownsschminke auf den Backen? Na wegen der Pandemie, wegen der Ansteckungsgefahr, wegen den Kontaktbeschränkungen, werden jetzt vermutlich viele rufen und dabei jenen fatalen Ton anschlagen, der zunehmend die öffentliche Debatte prägt: Belehrend, von oben herab und gesättigt mit Misstrauen.
Wer aber aufhört, die Menschen wie kleine Kinder zu behandeln, könnte sich am Ende doch noch wundern. Unzählige Eltern überall im Kraichgau haben am Wochenende bewiesen, dass sie sowohl den Ernst der Lage verinnerlicht haben und dennoch den Kleinen eine Freude bereiten können. Egal ob in Bruchsal, Bretten, Eppingen, Kraichtal, Sinsheim, Philippsburg, Östringen oder sonstwo im Hügelland… Allerorten haben liebevolle Eltern dafür gesorgt, dass die kleinen Geister und Gespenster absolut Corona-konform doch noch zu ihrem Spaß und ihren Süßigkeiten kamen. Anstatt den direkten Kontakt mit den Kids zu suchen, haben Sie im Vorfeld unzählige kleine Päckchen mit Süßigkeiten gerichtet und diese so vor dem Haus verteilt, dass herumziehende Kinder sich einfach eines davon mitnehmen konnten, ohne in Kontakt mit den Hausbewohnern zu kommen. In den sozialen Netzwerken wurde dann die entsprechende Adresse geteilt, so dass die Kleinen sich ihre Route im Vorfeld abstecken konnten. Manche Haushalte waren sogar so gewissenhaft, dass sie die kleinen Päckchen mit Handschuhen herrichten und beim Befüllen eine Alltagsmaske trugen.
So wurde durch viel Engagement und Einsatz dieses Fest der Geister – auch in derart schwierigen Zeiten – für viele Kinder zu einem schönen Erlebnis. Und noch etwas zeigt diese kleine Geschichte: Allen Unkenrufen und Pessimisten dieser Welt zum Trotz, lohnt es sich hin und wieder etwas Vertrauen in die Urteilsfähigkeit der Menschen zu investieren. Sie könnten einen am Ende doch überraschen…
Ein Beitrag von Laura Stark