Francisco Landines hat als mobiler Tierarzt in der gefährlichsten Stadt der Welt gearbeitet. Jetzt ist er hier bei uns zu Hause und auf vier Rädern für alle Vierbeiner da.
Ich kann mich noch gut an die Tage erinnern, wenn wir damals zu Hause mit unserem Kater Kasimir zum Tierarzt mussten. Das war jedes Mal ein Drama in Reinform, in dessen Erwartungen man schon in der Nacht zuvor schlecht geschlafen hat. Kasimir hat alles an diesem Prozedere gehasst, wusste jedes mal ganz genau, was auf ihn zukommt und hat es uns daher so schwer gemacht, wie es ihm irgendwie möglich war. Verfolgungsjagden durchs Haus mit aufgestelltem Schwanz, beherztes Sträuben, wenn es in die Box ging. Die ganze Autofahrt über Theater und dasselbe Spiel dann noch im Wartezimmer, wo durch diverse andere kleine, große und nicht selten laute Tiere, der Stress für den kleinen, haarigen Kerl weiter wuchs. Die Behandlung selbst war dann nie das Problem, ein kurzer Pieks für die Impfung oder ein kurzer Check-up und fertig war der Lack, nur das Drumherum war immer ein einziger Spießrutenlauf.
Ach wie schön wäre es gewesen, hätte es damals schon einen Tierarzt wie Francisco Landines gegeben. Er wäre mit seiner rollenden Praxis einfach auf unseren Hof gefahren, hätte sich den griesgrämigen alten Kasimir angeschaut, ihn verarztet und wäre wieder seines Weges gegangen. Für uns wäre das deutlich entspannter gewesen und für den feuerroten Kasimir mit Sicherheit auch.
Für Kasimir kommt Francisco leider etwas zu spät, mein guter Kater ist schon vor 30 Jahren über den Jordan gegangen, doch heutige Hunde, Katzen, Vögel, Meerschweinchen und alle anderen Kleintiere in Bruchsal und Umgebung dürfen sich glücklich schätzen, denn mit Francisco gibt es nun den ersten rollenden Tierarzt in der Region. Anstatt einer festen Praxis mit Anschrift, Parkplätzen, Briefkasten und all so etwas, ist er in seinem umgebauten Lieferwagen für seine kleinen Patienten unterwegs. Das funktioniert denkbar niederschwellig und einfach, man schreibt Francisco eine Nachricht via WhatsApp, EMail, Messenger oder Social Media, bekommt von ihm ein paar Terminvorschläge, wählt einen aus und wartet auf die Ankunft der mobilen Praxis.
Im Inneren des modernen Fahrzeugs gibt es alles, was Francisco für die Behandlung seiner Patienten braucht, sogar Operationen sind möglich. Nahezu jedes Szenario und jeder Anwendungsfall können in der Praxis auf vier Rädern erledigt werden, erzählt Francisco stolz, nachdem er sein riesiges Fahrzeug vor unserer Redaktion geparkt hat. “Es gibt keine Nachteile, alles geht“, sagt er und nippt an seinem Kaffee. Die Kunden bezahlen die ganz normalen bei Tierärzten üblichen Sätze, dazu kommt eine kleine Pauschale für die Anfahrt, was sich aber relativiert, da man ja selbst dafür nicht ausrücken muss. Francisco spart sich die Kosten für feste Praxisräumlichkeiten, seine Patienten sparen sich den Stress, der mit einem klassischen Tierarztbesuch einhergehen kann. Eine Win-Win-Situation.
Francisco ist die Arbeit als mobiler Tierarzt übrigens gewohnt, hat sich seine Sporen in der Millionenmetropole Caracas verdient, als er dort im dichten Dschungel der Stadt mit seinem PKW von Patient zu Patient gedüst ist. Geboren wurde er 1984 in Valencia, der drittgrößten Stadt in Venezuela. Seine Eltern waren beide Rechtsgelehrte, seine Mama Anwältin, sein Vater Richter. Schon mit fünf Jahren wollten die beiden von ihm wissen, „Junge, was möchtest du später einmal werden?“. Was für eine Frage an einen Fünfjährigen…Während Kinder in diesem Alter wahlweise mit Cowboy, Astronaut oder Rockstar antworten, sagte Francisco aber wie aus der Pistole geschossen: “Ich will Tiere heilen”. Und während vermutlich 99,9% aller im Alter von 5 Jahren formulierten Berufswünsche sich später einmal nicht bewahrheiten, war es bei ihm tatsächlich so. Gesagt getan, der Bub machte sich nach der Schulzeit auf nach Coro am karibischen Meer und studierte dort unter Palmen Veterinärmedizin.
Nach seinem Studium bildete er zunächst an einer Berufsschule Tierarzt-Fachangestellte aus, arbeitete dann in mehreren Praxen. Doch Francisco sitzt nicht gern an einem Ort fest, Er liebt es mobil, liebt es unabhängig zu sein, etwas von der Welt, den Menschen und in seinem Fall auch von den Tieren zu sehen. Also zog er in die Hauptstadt Venezuelas direkt nach Caracas. Dort bot er seine Dienste als Tierarzt an, fuhr mit seinem kleinen Spark von morgens bis abends durch die Stadt, um Tiere zu behandeln. Das klingt nicht nur abenteuerlich, das ist auch regelrecht gefährlich. Caracas ist die Stadt mit der global gesehen höchsten Kriminalitätsrate, gilt daher als gefährlichste Stadt der Welt. Einen Umstand den Francisco definitiv bestätigen kann und am eigenen Leib erlebt hat. Zweimal wurde er beinahe entführt, mehrfach sein Auto aufgebrochen. “Du weißt nicht ob du zurückkommst, wenn du rausgehst“, erzählt der heute 35-Jährige mit ernsten Blick. “Das wollte ich irgendwann nicht mehr”
Also zog er mit seiner Frau nach Deutschland, die hier zuvor schon gearbeitet hatte. Beide hatten sich kurz zuvor während eines gemeinsamen Einsatzes für eine Schutzorganisation kennen- und lieben gelernt. Vor genau 10 Jahren kam Francisco hier an und obwohl er studierter und ausgebildeter Tierarzt war, durfte er hier nur unter der Obhut und unter der Anleitung eines in Deutschland zugelassenen Veterinärs arbeiten. Das tat er dann auch, zuerst in Eggenstein, später in Linkenheim und schließlich in Karlsdorf-Neuthard. Als seine Ehe schließlich in die Brüche ging, beschloss Francisco etwas zu ändern, wieder jene Marktlücke auszufüllen, die er schon in Caracas erfolgreich bedient hat. Also legte er die nötigen Prüfungen und Examen ab, um eine vollwertige Approbation in Deutschland zu erhalten und seinen Beruf selbstständig ausüben zu können. Im Internet entdeckt er ein Unternehmen in Niedersachsen, das spezielle medizinische Fahrzeuge vertreibt und so setzt Francisco alles auf eine Karte. Er investiert einen sechsstelligen Betrag in seine rollende Kleintierpraxis, setzt sich in den Zug nach Hannover und holt stolz wie Bolle das neue Herzstück seiner künftigen Arbeit als mobiler Tierarzt ab.
Seit einigen Wochen ist er nun mit einem Mercedes-Kastenwagen in der Region unterwegs. Die Resonanz auf das ungewöhnliche Angebot ist hoch, das Interesse daran seit dem ersten Tag ungebrochen. Vor wenigen Tagen war sogar ein Team des SWR mit Francisco unterwegs, um ihn einen Tag bei seiner Arbeit als mobiler Tierarzt zu begleiten. Wie es ihm mit seinem ungewöhnlichen Alltag nach den ersten Wochen geht, möchten wir schließlich von ihm wissen? “Ich bin glücklich, ich bin zufrieden“, sagt er und lehnt sich entspannt zurück. Ob es ihm denn nicht vor dem kalten und schmuddeligen Winter im Badischen graust, wo er doch als Venezolaner karibische Verhältnisse gewohnt ist? “Ich hasse die Hitze“, lacht er.. “Meine Freunde sagen immer, ich wäre kein sehr typischer Venezolaner”. Nun, das vielleicht nicht, aber dafür ein liebenswerter und grundsympathischer….und nicht zu vergessen, einer der kommt wenn man ihn braucht. Auf vier Rädern für vier Pfoten.
Die Idee ist super und ich hatte mich schon gefreut, dass ich endlich eine Lösung für meine ängstlichen Katzen gefunden habe. Leider habe ich dann auf der HP gesehen, dass in meinem Fall 87,- Euro für den Hausbesuch zusätzlich hinzukommen. Schade, das kann ich mir leider nicht leisten.
Caracas ist nicht die gefährlichste Stadt der Welt…Städte in Mexico sind viel gefährlicher!
Doch, zwischenzeitlich schon. https://de.nachrichten.yahoo.com/das-sind-die-gefahrlichsten-stadte-der-welt-140337774.html
Der Titel ist irreführend. Mein erster Gedanke war nämlich: „Katze geht aus dem Haus zum mobilen Tierarzt und weiß nicht, ob sie wieder zurückkommt“. Ein erschreckender Gedanke. Bitte etwas mehr Bedacht bei der Titelwahl für ein Foto mit einem Tierarzt und einem Haustier.
Einfach den Beitrag lesen, dann ist der Titel selbsterklärend