“Alles verändert sich rasend schnell” – Ein Gespräch in Berlin mit dem Kraichgauer Bundestagsabgeordneten Nicolas Zippelius
Die greifbare Schwere und der Ernst der derzeitigen Lage ist im politischen Berlin omnipräsent. Geschäftiges und angespanntes Treiben, wo man auch hinblickt: Im Bundeskanzleramt, im Paul-Löbe-Haus, im auswärtigen Amt und im Reichstag. Hier treffen wir den Bundestagsabgeordneten Nicolas Zippelius, dessen Wahlkreis 272 sich über Kraichtal, Bretten bis hinüber zum Rhein zieht. Bei den zurückliegenden Bundestagswahlen zog der in Karlsruhe geborene, 34-jährige Politikwissenschaftler erstmals ins Parlament ein, sitzt nun für die CDU/CSU Fraktion im deutschen Bundestag. Als stellvertretendes Mitglied ist er Teil des Auswärtigen Ausschusses, einer von vier Ausschüssen die durch das Grundgesetz vorgegeben werden und zu den wichtigsten, politischen Instrumenten der Exekutive zählen. Seine Mitglieder treffen hinter verschlossenen Türen außen- und sicherheitspolitische Entscheidungen von großer Tragweite. Eine Institution, der gerade in diesen bewegten Tagen große Bedeutung zukommt.
Auch wenn er natürlich nur eingeschränkt über seine Arbeit im Ausschuss Auskunft geben kann, steht er uns doch für ein Interview im Reichstag zur Verfügung. Wir wollen von ihm wissen, was dran ist an der Wahrnehmung des neuen kooperativen Stils der unterschiedlichen Fraktionen bzw. einer parteiübergreifende Zusammenarbeit angesichts der aktuellen politischen Großwetterlage Europas. Die könne er größtenteils bestätigen, so Nicolas Zippelius und führt weiter aus: “Die Parteien der demokratischen Mitte haben sich darauf verständigt, gemeinsam dafür zu arbeiten, die aktuelle Situation zu überwinden und den Menschen, die zu uns kommen, zu helfen. Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands verlangt all unsere Kraft. Es zählt einzig und allein, diesen Krieg so schnell wie möglich zu beenden.”
Hinsichtlich seiner Arbeit im Auswärtigen Ausschuss kann Nicolas Zippelius aus naheliegenden Gründen nicht zu sehr ins Detail gehen, doch selbstredend beschäftigt sich das Gremium gerade fast ausschließlich mit den dramatischen Entwicklungen im Osten Europas und deren Auswirkungen. “Derzeit liegt der Fokus natürlich auf dem Krieg in der Ukraine. Erst am Freitag fand dazu erneut eine Sondersitzung statt. Die Bundesregierung berichtet über die aktuelle Lage. Wie und womit unterstützt die Bundesregierung, wie entwickeln sich die kriegerischen Handlungen seitens Russland, wie und wo finden Fluchtbewegungen statt etc.”, so Zippelius weiter.
Angesprochen auf die Sorgen vieler Menschen infolge der Ankündigung Russlands, die eigenen Atomstreitkräfte in Alarmbereitschaft zu versetzen, hilft der Abgeordnete bei der Einordnung. Russland führe gerade einen Invasionskrieg, dessen Ablauf ein erkennbares System aufweise. “Die Abschreckung ist Teil des Drehbuchs” so Nicolas Zippelius und hält fest: “Die NATO lässt sich davon nicht einschüchtern und reagiert defensiv, um die Situation nicht weiter zu eskalieren. Experten sehen das ähnlich.Dennoch versetzen die unverhohlenen Drohgebärden Russlands die Menschen in Aufregung, auch in Nicolas Zippelius Wahlkreis im Kraichgau. “Diese Sorgen gilt es ernstzunehmen und viel zu kommunizieren. Gleichzeitig gibt es eine überwältigende Solidarität und den Willen zu helfen. Hier vermitteln mein Team und ich an entsprechende Einrichtungen. Zugleich ist mir sehr wichtig, die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und damit die Städte und Gemeinden zu unterstützen. Infos liefern, den Bund an die notwendige Hilfe für die Kommunen erinnern und weiteres.”
In der Tat werden sich die Auswirkungen des Krieges früher oder später auch in der Region bemerkbar machen, spätestens dann wenn die ersten Geflüchteten hier eintreffen. Über 1000 Menschen aus der Ukraine sind bereits in Baden-Württemberg angekommen, die Vorbereitungen zu ihrer Unterbringung – auch im Kraichgau – laufen auf kommunaler und auf Kreisebene schon längst. Auf diese Entwicklung verweist auch Nicolas Zippelius. “Wir sollten uns darauf einstellen, dass viele Menschen zu uns kommen, die gerade alles verloren haben und unsere Hilfe benötigen. Die Städte und Gemeinden geben ihr bestes, um die Situation zu meistern und trotzdem wird jede helfende Hand benötigt.” Unterstützung kann es derzeit gar nicht genug geben, weiß Nicolas Zippelius. Sein Appell lautet daher: “Helfen sie wo sie können. Spenden Sie… gehen Sie auf die Straße…egal, aber helfen Sie”
Was die weitere Zukunft bringen wird, darüber kann aber auch er keine Aussage treffen, zu dynamisch sei die Situation dafür, so der junge Abgeordnete. “Alles verändert sich rasend schnell”. Hierbei wird ihm wohl niemand ernsthaft widersprechen. So schnell wie sich die Welt gerade wandelt, bleibt kaum genug Zeit um Atem zu holen, bevor der nächste Tag voller Ungewissheit anbricht.