Einmal ein Kind der Hügel, immer ein Kind der Hügel
Eine Glosse von Philipp Martin
Wie hat es der große Filmemacher Fellini so schön gesagt: “Niemand darf seine Wurzeln vergessen. Sie sind Ursprung unseres Lebens.” Meine Wurzeln, liebe Freunde, liegen ohne jedweden Zweifel in unserem schönen Hügelland. Das hier ist meine Heimat, hier fühle ich mich zu Hause. Bin ich längere Zeit fort, zieht es mich immer wieder hierhin zurück.
Es ist schwer in Worte zu fassen, aber wenn ich über unsere Felder und Äcker, durch unsere Hohlwege und über unsere sanft geschwungenen Hügel wandere, fühle ich mich geerdet und irgendwie angekommen. Wie mich die Erfahrung lehrte: Ein Gefühl, dass sich tatsächlich nur zu Hause einstellt. In jungen Jahren war ich mal eine Zeitlang in Hamburg zugange, weiter hat mich mein bisschen jugendliches Fernweh nie getrieben. An jedem Tag, an dem ich mich mehr daran hätte gewöhnen müssen, hat mich stattdessen das Heimweh nur umso mehr geplagt. Das platte Land, die verschlossenen Menschen, das war auf Dauer nichts für ein echten Hügelburschen. Später habe ich eine Weile bei einer Zeitungen im Fürstentum Liechtenstein gearbeitet, doch das war ein anderes Extrem. Hier waren die Berge zu hoch, zu einschüchternd… Die Sonne hat es erst sehr spät am Tag über ihre Gipfel geschafft und verschwand viel zu früh wieder in deren Schatten. Nein, Freunde, nach meiner untrüglichen Einschätzung, leben wir tatsächlich auf dem schönsten Flecken Erde, den es gibt. Nicht zu flach, nicht zu bergig, nicht zu kalt, nicht zu warm… für mich ist der Kraichgau einfach genau richtig.
Das führt mittlerweile soweit, dass ich schon regelrecht mit umliegenden Regionen fremdle. Wenn ich durch die endlos langen Straßendörfer in der Rheinebene fahre, schüttelt es mich ob dieser landschaftlichen Tristesse schon regelrecht. Ein plattes, gesichtsloses Land, ohne Höhen und Tiefen. Für Radfahrer sicher ideal, lässt es sich doch von Karlsruhe nach Philippsburg gefühlt ohne die Überwindung eines einzelnen Höhenmeters vorankommen.. Zu Hause sein, könnte ich hier aber nie. Wenn Sie mir den abstrakten Vergleich mit Tolkiens Mittelerde erlauben: Das Rheintal ist ein bisschen wie Rohan… ganz nett, aber nicht ansatzweise so schnuckelig und gemütlich wie das hügelige Auenland. Wir Kraichgauer mögen zwar keine Halblinge mit behaarten Füßen sein (zumindest nicht alle von uns), doch ein bisschen erinnert mich unsere Gegend doch an das immergrüne Beutelsend, in dem die Zeit stets etwas langsamer fortschreitet, als anderswo.
So stehe ich oft kopfschüttelnd im Zeuterner Himmelreich, oben auf dem Letztenberg oder dem Michaelsberg und schaue hinab in die endlos lange Ebene, die den Blick an manchen Tagen bis Mannheim oder noch weiter freigibt. Nichts erscheint mir in diesem Moment so fremd, wie das Leben der Flachländer und nichts so klar wie diese, meine Wahrheit: Ich werde jetzt und immer ein Kind der sanften Hügel sein. Auf dich, meine Heimat, mein Kraichgau.
Philipp Martin steht oft auf dem „Letztenberg“ und schüttelt mit dem Kopf.
Soll das ein Wortspiel sein oder ist das tatsächlich der Berg der (Aller)letzten ?
Alles Ansichtssache. Dem einen gefällt der Blick dem anderen eben nicht.