Unser Hügelland hat viele schöne Plätze zu bieten, aber nirgendwo ist es schöner als auf dem Brettener Marktplatz
Schauen sie gerade auch aus dem Fenster? Dann sehen sie vermutlich auch diesen immerwährenden Halbschatten, das Grau und die trübe Tristesse eines typischen Wintertages im Kraichgau. Die Luft klamm und feucht, der Boden matschig, das Land in lähmender Starre. Wenn der Winterblues mich allzu sehr schüttelt, schließe ich einfach die Augen und stelle mir meinen Lieblingsort vor. Das Schöne daran: Dieser Ort ist kein Fantasieprodukt, sondern es gibt ihn wirklich und wahrhaftig.
Wie herrlich wäre es, jetzt gerade an einem lauen Sommerabend zur goldenen Stunde auf dem Brettener Marktplatz zu sitzen, dem Stimmengewirr der vielen Menschen um mich herum zu lauschen, an meinem Cocktail zu nippen und die goldenen Strahlen der sinkenden Abendsonne auf den steinernen Fassaden der alten Gebäude entlang wandern zu sehen. Wenn dann nach Einbruch der Dunkelheit nur noch die rötlichen Straßenlaternen und der Kerzenschein der Teelichter auf den Bistrotischen die Szene erhellen und die Sandsteinfassaden die über den Tag gesammelte Wärme abstrahlen, wird es fast noch etwas schöner und heimeliger hier. Ja, der Brettener Marktplatz ist einzigartig im Kraichgau und für mich der schönste Platz im Hügelland.
Hier schlägt das Herz der Stadt, egal zu welcher Jahreszeit. Bretten feiert hier Weinfeste, den Weihnachtsmarkt, fährt Schlittschuh, kauft ein, trinkt Café und gedenkt in Gewandung seiner Geschichte. Hier ist die ganze Stadt vereint, hier trifft man sich, hier kommt man her, um zu sehen und um gesehen zu werden. Ein Alleinstellungsmerkmal, um das viele andere Städte und Gemeinden im Kraichgau das alte Bretten beneiden dürften.
Man glaubt es kaum, aber noch vor wenigen Jahrzehnten war der Marktplatz ein Durchgangsweg, hier fuhren und parkten tatsächlich Autos, bogen um den alten Marktbrunnen in die Apothekergasse ab oder fuhren geradeaus direkt in die Melanchthonstraße. Erst als die Stadt diesen Bereich umgestaltete und den motorisierten Verkehr weitestgehend verbannte, konnte sich der Marktplatz zu dem entwickeln was er heute ist – ein Ort der Erholung und der Entschleunigung.
In mehreren Straßencafés und Restaurants kann man in einem Meer aus Tischen und Stühlen Platz nehmen, den Blick über das wunderschöne Ensemble aus Fachwerkhäusern aus der Zeit um 1700 schweifen lassen. Ältere Gebäude finden sich hier kaum, wurde die Stadt doch im orleanischen Erbfolgekrieg im 17. Jahrhundert fast vollständig zerstört. Die Grundrisse und die ursprüngliche Form des alten, dreieckigen Marktplatzes wurden jedoch beim Wiederaufbau beibehalten, so dass man sich das ganz alte Bretten – dessen Wurzeln bis hinein ins 13. Jahrhundert reichen – zumindest in der eigenen Fantasie noch vorstellen kann.
Weit weniger alt als die ihm gegenüberliegenden Fachwerkhäuser ist das steinerne Melanchthonhaus, welches tatsächlich erst kurz vor der Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert errichtet wurde. Direkt daneben findet sich das wiederauferstandene, alte Brettener Rathaus. Das ursprüngliche Gebäude wurde in besagtem Krieg vernichtet, ein provisorischer Ersatz im 18. Jahrhundert und eine beständigere Erweiterung im 19. Jahrhundert errichtet.
Bemerkenswert ist auch das Hotel Krone auf der Stirnseite des Marktplatzes. Ursprünglich stand hier einmal eine Herberge, die sich im Mittelalter großer Bekanntheit und Beliebtheit erfreute. Hier haben Gelehrte, Künstler, Wissenschaftler aber auch Adlige und Kriegsherren übernachtet. Einer alten Überlieferung zufolge logierte hier anno 1550 sogar Kaiser Karl der Fünfte.
Ein Ort voller Geschichte, der für das Lebensgefühl einer ganzen Stadt steht. Der Marktplatz in Bretten ist in jeglicher Hinsicht herausragend und ein wunderbares Stückchen Kraichgau, das hoffentlich noch sehr lange in dieser Form weiter bestehen darf.