Betteln, Bitten, Abwarten

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Mehrere Millionen Euro an Fördergeldern hatte das Land Baden-Württemberg für den Bau der Rettungswachen in Kronau und Bruchsal zugesagt, doch seit Jahren wartet das Deutsche Rote Kreuz auf die Auszahlung dieser dringend benötigten Gelder – bislang vergeblich.

von Stephan Gilliar

Am Telefon klingt Daniel Schneider freundlich und geduldig, doch zwischen den Zeilen sind noch andere Emotionen herauszuhören: Enttäuschung und auch etwas Frustration. Nachvollziehbar, denn die ersten beiden Jahre des neuen Geschäftsführers des DRK-Kreisverbandes Karlsruhe stehen im Zeichen eines rigiden Sparkurses, den der 36-Jährige notgedrungen einschlagen musste. Mehrere Millionen Euro fehlen auf den Konten des Kreisverbandes – Geld, das eigentlich dringend für die laufenden Aufgaben der Hilfsorganisation benötigt wird. Konkret wartet man in der Hauptverwaltung des DRK in Bruchsal auf den Eingang von etwa 4,5 Millionen Euro fest zugesagter Fördergelder des Landes Baden-Württemberg für den Bau der beiden neuen Rettungswachen in Kronau und Bruchsal. Grünes Licht für diese Summe gab es bereits vor vier Jahren, 2020, doch seither wartet man beim DRK… und wartet bis heute.

Das Problem, ein Stück weit systembedingt in der Struktur der Förderungspraxis verankert, ist die Vorfinanzierung dieser Gelder durch die Hilfsorganisation. Das DRK sei mit der gesamten Summe in Vorleistung gegangen und habe entsprechende Kredite aufnehmen müssen, erläutert Daniel Schneider, der im Sommer 2022 Nachfolger von Jörg Biermann wurde. Hätte man gewusst, dass die Gelder derart lange auf sich warten lassen, wäre die Art des Kredits anders gewählt worden, denn nun laufen Jahr für Jahr zusätzlich zum fehlenden Millionenbetrag noch erhebliche Zinsen auf, die den Druck weiter erhöhen. Wie groß dieser Druck ist, macht Daniel Schneider unmissverständlich klar: „Es beschäftigt uns extrem, wir leben auf absoluter Sparflamme. Letztes Jahr standen wir schon fast vor der Insolvenz“, so der Tenor des Kreisgeschäftsführers.

FDP-Landtagsabgeordneter Christian Jung (2.v.) besuchte – im Beisein von DRK-Präsidenten und Innenminister a.D. Heribert Rech – mit den beiden FDP-Bundestagskandidaten Sebastian Weber und Christian Melchior die Bruchsaler DRK-Rettungswache, die angeschlossene Lehrwache sowie die Integrierte Leitstelle in Karlsruhe. (Foto: Merlin Baschin)

Möglicherweise kommt nun etwas Bewegung in die Angelegenheit. Vor wenigen Tagen besuchten die FDP-Bundestagskandidaten Sebastian Weber und Christian Melchior sowie der Landtagsabgeordnete Dr. Christian Jung die Bruchsaler DRK-Rettungswache, die angeschlossene Lehrwache sowie die Integrierte Leitstelle in Karlsruhe. Im Gespräch mit der Geschäftsführung und DRK-Präsidenten, Innenminister a. D. Heribert Rech, sicherten die Abgeordneten ihre Unterstützung zu. Um konkrete Antworten von der Landesregierung zu erhalten, stellte Christian Jung daher eine kleine Anfrage an dieselbe, die unter anderem konkrete Fragen nach der Auszahlung der Fördermittel, der Sinnhaftigkeit der damit einhergehenden Vorfinanzierung und der möglichen Erstattung des Mehraufwands enthält. Das parlamentarische Protokoll sieht nun vor, dass dieser Fragenkatalog binnen 21 Tagen beantwortet werden muss.

Ob dadurch der Geldfluss letztlich ausgelöst wird, bleibt abzuwarten. Daniel Schneider sieht den Vorstoß mit gemischten Gefühlen. Einerseits hofft er auf steigende Chancen für die Auszahlung der Gelder an seinen DRK-Kreisverband, andererseits befürchtet er, dass durch die seiner Meinung nach chronisch überzeichneten Fördertöpfe andere Hilfsorganisationen noch länger warten müssen. Denn ihm zufolge ist es keineswegs nur das Rote Kreuz, das derzeit auf bereits zugesagte Förderungen wartet; auch andere Organisationen wie beispielsweise der ASB, die Malteser oder die DLRG sitzen auf sprichwörtlich glühenden Kohlen. Insgesamt gehe es hier um rund 70 Millionen Euro ausstehender Fördergelder, so Daniel Schneider in einem ernüchternden Fazit. Seit Jahren hofft man bereits auf deren sehnlichst erwartete Auszahlung, doch bis dahin heißt es mehr oder weniger nur: Betteln, Bitten, Abwarten.

Bleibt die Frage, wie es in dieser Hängepartie nun weitergehen wird. Das Innenministerium Baden-Württemberg konnte unsere redaktionelle Anfrage mit Verweis auf die laufende kleine Anfrage des Landtagsabgeordneten Jung erwartungsgemäß nicht beantworten. Hier gelte es, die Antwort der Landesregierung abzuwarten, so ein Sprecher des Innenministeriums gegenüber unserer Redaktion. In drei Wochen wissen wir mehr.

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4 Gedanken zu „Betteln, Bitten, Abwarten“

  1. Da machen sich die FDP’ler wieder wichtig…erkennbar auch an der Bildunterschrift. Da fehlen wohl die Namen derer, die nicht in der FDP sind und keine Politkarriere hinter sich haben.

  2. Das ist ja das reinste Grauen! Wie da mit kranken Menschen, dem Personal, denen die helfen, umgegangen wird! Gibt es eine Petition oder sowas? Hilfe! So kann das doch nicht weitergehen, dass an Kranken, Alten – den Schwächsten- immer nur gespart wird! Auch die Landtagsabgeordneten wollen ja wohl vom ASB, DRK oder Malteser schnell abgeholt und versorgt werden, wenn es um sie geht, oder?! Das Geld muss endlich dafür fließen! Ist ein sehr, sehr schlechtes Zeichen, wo wir da gerade stehen…

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