Im Frühling wird es eng auf unseren Feldwegen eng – Zu eng für manche
Eine Glosse von Philipp Martin
Ist das herrlich, endlich macht sich der Frühling im Kraichgau breit. Überall grünt und blüht die Natur, die Sonne scheint und die Vögel zwitschern. Nun zieht es den Kraichgauer nach draußen, nichts hält ihn bei diesem Wetter im muffigen Wintermief der eigenen vier Wände. So wird das E-Bike aufgetankt, die Nordic-Walking-Stöcke vom Speicher geholt und die Wanderschuhe angeschnallt. Wie gut dass unsere ländlich geprägte Ecke der Welt über ein dichtes Netz an wunderbaren Feldwegen verfügt, die allesamt für eine gefällige Promenade oder Ausfahrt taugen. Sie bieten das Beste aus zwei Welten: Den Komfort einer befestigten Straße, aber ohne den Lärm und die Abgase lästiger Autos.
Zeitgleich mit den Radlern und Wanderern schickt sich aber eine andere Zunft an, die Feld- und Wirtschaftswege im Hügelland in ihrem Sinne zu gebrauchen. Überall machen sich Bauern und Landwirte an die Arbeit, um Felder zu pflügen und Äcker einzusäen. Dies geschieht schon lange nicht mehr mit schwergängigen Ochsenfuhrwerken, sondern mit den Errungenschaften moderner Technik. So befahren Landwirte heute eben mit Traktoren samt Hängern und Gerätschaften die geschotterten und betonierten Wege um zu ihrem Feldern zu gelangen, um das Land zu bestellen.
Sie ahnen was nun geschehen wird. Auf besagten Wegen und Pfaden treffen nun an herrlichen Frühlingstagen Radfahrer und Wanderer auf Bauern mit ihrem schweren Fuhrwerk. Nun könnte das Leben an dieser Stelle so harmonisch und einfach sein – der eine macht dem anderen Platz und beide ziehen fröhlich ihrer Wege. Doch wie wusste der großartige Wolfgang Reus so schön zu sagen: “Die Rücksichtnahme kommt mit dem Verstand, und da bei manchem der Verstand nie kommt, kann bei ihm auch nicht mit Rücksichtnahme gerechnet werden.”
Nicht selten stellt sich so ein Radfahrer oder ein Wandersmann auf die Hinterbeine und den Standpunkt, dass dieser Weg doch ihm alleine zur Verfügung stünde. Tja, wenn dem so wäre, verfügte der Kraichgau in der Tat über das größte Netz an Fahrradwegen auf Gottes grüner Erde. Wie der Name es aber schon erahnen lässt, handelt es sich bei Wirtschaftswegen um Wege, die der Bewirtschaftung des Landes gewidmet sind. Letztere erfolgt vornehmlich durch Bauern, die dabei aus unerfindlichen Gründen nicht ausschließlich auf Fahrräder und Handkarren setzen können. Sie sind folglich mit ihrem großen und breiten Traktoren auf die Nutzung der ihnen zugedachten Wege angewiesen, besonders in den Stoßzeiten zur Aussaat und zur Ernte kann es hier also durchaus lebhaft zu gehen.
Selbstredend dürfen auch Radfahrer besagte Wege nutzen, in den meisten Bundesländern ist das auch auf privaten Feldwegen explizit erlaubt. Sie dürfen dort aber nicht mit einer Sonderbehandlung rechnen, es gelten die gängigen Regeln der Straßenverkehrsordnung. Zudem muss mit den Verhältnissen vor Ort vorlieb genommen werden, beispielsweise mit geschotterten Wegen, schwierigen Straßenverhältnissen oder verschmutzten Fahrspuren.
Was ist denn aber nun Tango, trifft beispielsweise eine Gruppe Radfahrer auf einen Traktor mit Anhängern und allem drum und dran – vielleicht sogar wenn der Feldweg für ein problemloses “Aneinandervorbeikommen” nicht breit genug ist? Tja, dann gilt laut Gesetzgeber tatsächlich ein Umstand, der manchen schon fast nicht mehr geläufig zu sein scheint: Rücksichtnahme. Der “Allgemeine Deutsche Fahrrad Club” formuliert das Regelwerk für eine solche Situation wie folgt: “Wo die Straßenbreite nicht ausreicht, um den gesetzlichen Überholabstand von zwei Metern außerorts einzuhalten, hilft nur gegenseitige Rücksichtnahme bzw. Verständigung.”.
Wer daraus nun ableitet, dass doch bitte der Landwirt mit seinem schweren Gefährt von der Straße auf den Acker auszuweichen hat, der liegt allerdings nicht ganz richtig. “Es macht die Verkehrsteilnehmer*innen Platz, denen es leichter fällt. Das werden auf einem Feldweg in der Regel nicht die Traktorfahrenden mit ihren Anhängern oder Anbaugeräten sein.” so der ADFC weiter. Im Zweifelsfall steigt man von seinem Drahtesel ab und schiebt das edle Gefährt kurz an den Wegesrand um den Traktor samt Traktorfahrer vorbeizulassen.
Es ist alles eine Frage gegenseitiger Rücksichtnahme, auch eine Frage des Respekts. Schließlich geht ein Landwirt mit der Feldarbeit keinem persönlichen Spleen oder irgendeinem aufwändigen Hobby nach, sondern er sorgt für die Erschaffung der wesentlichen Grundbausteine unseres Speiseplans. Kein Brot ohne Korn oder noch schlimmer: Kein Bier ohne Gerste… sie kennen die Kausalitäten.
Natürlich ist Rücksichtnahme genau wie die schmalen Feldwege keine Einbahnstraße. Anständige Landwirte reduzieren mit ihren Gefährten die Fahrt auf Schritttempo, wenn sie Spaziergänger oder Radfahrer passieren… das sollte eine Frage der Ehre sein. Schließlich kann ein großer Traktor in voller Fahrt durchaus einschüchternd auf die im Zweifelsfalle physikalisch potentiell eher unterlegenen Radler und Spaziergänger wirken.
Um diesen ganzen langen Sermon noch einmal knackig zusammenzufassen: Make Love not Gebruddel. Seid lieb zueinander und nehmt Rücksicht. Wenn nicht hier, wo dann?
Ein Bild aus alten Tagen. Schön wärs, wenns heut noch so wär. Stattdessen rasen heut Riesenmaschinen durch Land und Ort. Oft nicht mal geführt von „Bauern“. Lohnfahrer, unter Zeitdruck, schnell schnell.
Da gehört was gemacht.
Wenn die Bauern so romantisch ihre Felder pflügen, lassen sie gerne ihren Dreck auf den Radwegen liegen.
Des Weiteren sind eigentlich mehr Stadtpanzer auf den Feldwegen unterwegs, was ja auch verständlich ist, da der Sprit so teuer ist. Das muss man schon mal den kürzeren Weg übers Feld nehmen, wenn man die Kinder vom Bahnhof Helmsheim abholt! (Geht übers Feld auch schneller weil die B35 immer so voll ist!) #Ironie off
Schön geschrieben .Klar die Riesentraktoren nehmen viel platz und sind auch sehr groß. Aber ist es denn nicht so ,der Druck ist immens.Das Wetter,die Kosten,die Einnahmen das ist doch wie bei uns allen. Schneller ,Höher ,Weiter,Mehr,und für alles weniger Geld…Leider