Fast 100 Jahre auf dem Buckel – Die Bruchsaler Siemens-Unterführung sorgt auch heute noch für hitzige Diskussionen.
“Das war das absolute Chaos“, lacht Torsten Berger, als er sich die alten Bilder seines Bruders des Bruchsaler Aufreger-Hotspots Nummer 1 anschaut. “Da hats so oft gekleppert, das man es nicht mehr zählen konnte”. Die Rede ist von der berühmt-berüchtigten Unterführung am heutigen Bruchsaler Siemens-Kreisel, der damals aber noch gar keinen Kreisel war. Vielmehr war es eine der schwierigsten Passagen, die Autofahrer im alten Bruchsal zu absolvieren hatten. Direkt nach der Unterführung trafen gleich mehrere verkehrstechnische Hauptschlagadern aufeinander. Rechts die Ab- und Zufahrt in Richtung Bahnhof, geradeaus die Kaiserstraße und links die Zollhaldenstrasse. Schon vor Jahrzehnten trafen hier in der Rushhour unzählige Fahrzeuge aufeinander und suchten sich dank der undurchsichtigen Verkehrsführung im Wild West Manier ihren Weg und ihre Lücke.
Besonders interessant wurde es, wenn bei Siemens nebenan – damals einer der Hauptarbeitgeber in Bruchsal, die Pfeife zum Feierabend ertönte. “Irgendwann wurden die Arbeitszeiten harmonisiert, so dass unzählige Arbeiter um 17 Uhr Feierabend hatten” erinnert sich Torsten, der fast sein ganzes Leben bei der Stadt im Im Vermessungsamt gearbeitet hat. “Dann ergossen sich Hunderte zu Fuß, mit dem Rad oder eben mit dem Auto in die Unterführung”. Besonders für die Linksabbieger vom Bahnhof wurde es dann haarig, da sie sich ihren Weg durch den dichten Gegenverkehr in den Strom der Fahrzeuge Richtung Weststadt suchen mussten. Man kann sich unschwer vorstellen, wie hoch das Unfallaufkommen damals an dieser Bruchsaler Spezialität gewesen sein muss.
Irgendwann ordnete der damalige Bruchsaler Polizeichef Bissinger den Bau eines Betonpfeiles an, der zumindest für etwas Orientierung in diesem Chaos sorgen sollte. Auf dem überall in Bruchsal als “Bissinger-Turm” bekannten Provisorium, stand sogar zeitweise ein mehr oder minder hilfloser Schutzmann und versuchte die Blechlawinen um sich herum händisch zu dirigieren, erzählt Thorsten Berger, der sich gut an die lebhaften Diskussionen in der Stadt um dieses Dauerärgernis erinnern kann.
Als ob das nicht genug gewesen wäre, ergossen sich bei Starkregen regelmäßig Unmengen von Wasser in die Senke der Unterführung und fluteten diese teilweise mehrfach pro Jahr. “Manche Autos sind beim Versuch der Durchquerung schlichtweg abgesoffen” lacht Torsten und zeigt zum Beweis einen Schnappschuss seines Bruders – einem leidenschaftlichen Fotografen – aufgenommen am 8. August 1958. In jenen Tagen als in Brüssel die Weltausstellung mit dem berühmten Atomium eröffnet und Charles De Gaulle zum französischen Staatsoberhaupt gewählt wurde, regnete es in Bruchsal einmal wieder derart heftig, dass sich das Wasser im Nadelöhr zwischen Innenstadt und Weststadt staute. Der Fahrer eines DKW schätze der Höhe wohl falsch ein und blieb mit seiner “Meisterklasse” in den Fluten liegen. Eine Bruchsaler Anekdote, aus längst vergangenen Tagen.
Entspannt wurde die Situation erst Jahre später. Anfang der 2000er kam schließlich der Kreisverkehr, seither läuft der Verkehr halbwegs, doch nach wie vor kann es in den Stoßzeiten am berühmten Bruchsaler Nadelöhr etwas haken. Das wird sich so schnell auch nicht ändern, denn die Bahn saniert derzeit die fast 100 Jahre alte Eisenbahnbrücke, unter welcher die Unterführung hindurch führt.
Ein Déjà-vu drängt sich natürlich bei den Bildern des versunkenen Autos in der Unterführung aus ganz aktuellem Grund auf, erst vor einer Woche hat der Saalbach im Zuge des Jahrhunderthochwassers die Unterführung am Kreisel erneut geflutet.
Der Kreisel ist auch heute mehr ein Oval als ein Kreisel :)
In der Tat ist die Bezeichnung „Kreisel“ irreführend :)
„Brusler Ei“ wäre treffender.
Um 17 Uhr war der Spuk vorbei. Siemens hatte um 16 Uhr Schluss!
Ich kann mich an mehr Fussgänger- als Fahrzeugverkehr erinnern.
Jedenfalls war es möglich, mit dem Fahrrad trotz Siemens-Feierabend gefahrlos durch die Unterführung zu kommen! Heute selbst mit Kreisel undenkbar.
…erschwert wurde die damalige Verkehrssituation auch durch das Kopfsteinpflaster in der Unterführung,mit dem bei Nässe oder Glatteis so mancher Zweiradfahrer unliebsame Bekanntschaft machte. Ein letztes ,meiner Meinung nach erhaltenswertes Strassenstück, ist die Einfahrt in die Straße “ Am alten Güterbahnhof“
Nein, nein. Das Kopsteinpflaster ist nicht erhaltenswert. Ganz im Gegeteil. Das muss weg und zwas so schnell wie möglich. Aber ich fürchte das haben die Denkmalpfleger schon ihren Daumen drauf. Vor mir aus kann man das Stück abbauen und irgendwoanders wieder aufbauen, da wo es nicht so stört. Aber an dieser Stelle muss endlich saniert werden und das Kopfsteinpfalster muss weichen.
Damals Murks, heute Murks!
Schön… Kopfsteinpflaster unter Denkmalschutz…und wer denkt da an die Anwohner?
Brusl und seine Platte , ist und wahr immer noch nix gescheites ja 👍
Kopfsteinpflaster sollte erhalten bleiben!Es gibt wichtigere Dinge, die zu regeln wären.
Genau! Den Lärmschutz für die Anwohner!