Quarter Horse, bald eagle und Barbecue – Seit 30 Jahren leben Sabine und Günter auf der Eppinger Moonlight-Ranch Ihren Traum vom Wilden Westen.
Okay, steigen wir doch gleich mit dem klischeebehafteten Bild ein, das uns gerade alle durch den Schädel schwirrt. Denkt man an eine Ranch im Wilden Westen, hat man sofort die unendliche Weite der Prärie, wilde Steppenläufer, Büffelherden, Cowboys und Indianer im Sinn. Die Moonlight-Ranch im Eppinger Süden, direkt am Hellbach und in nächster Nähe zum Ottilienberg und zum Jägersee gelegen, will aber im ersten Moment in dieses Bild nicht wirklich passen. Doch tatsächlich nur im ersten Moment. Bei genauerem Hinsehen haben Sabine und Günter hier draußen in den Kraichgauer Hügeln tatsächlich etwas erschaffen, das einer amerikanischen Ranch schon verdammt nahe kommt. Es gibt einen echten Saloon – oft wird hier sogar Line Dance getanzt – in den Ställen stehen amerikanische Quarter Horse und mit Sabine und Günter gibt es mindestens zwei ausgebildeten Cowboys bzw. Girls.
Kennengelernt haben sich die beiden schon Anfang der 90er. Günter war damals staatlicher Bauinspektor in Heilbronn, der die Kasernengebäude der US Armee betreute. Seine Leidenschaft galt aber von jeher schon dem Westernreiten. Er schwärmten für diese besondere Art des Reitens, die durch die speziellen Erfordernisse der Arbeit der Cowboys in Amerika entstanden war. Da dieser Beruf es erforderlich macht, lange Stunden des Tages im Sattel zu verbringen um Rinderherden über große Strecken hinweg zu führen, ist es wahrscheinlich die pragmatischste und ehrlichste Art des Reitens schlechthin. Eines der wichtigsten Merkmale des Westernreitens ist das perfekte Zusammenspiel zwischen Mensch und Tier, das harmonische und effektive Arbeitsabläufe ermöglichen soll. So lernte Günter auf der einstigen Biber Creek Ranch in Bad Wimpfen seine Sabine kennen und beide beschlossen – um ein Klischeebild zu bemühen – gemeinsam in den Sonnenuntergang zu reiten. Zusammen wollten sie etwas auf die Beine stellen und fanden in einem aufgegebenen Bauernhof nahe Eppingen ihren Bestimmungsort. Mit viel Schweiß, Blut, Arbeit und flankiert von etlichen Rückschlägen, wurde so aus dem Hecker-Hof Stück für Stück die Moonlight-Ranch. Durch ihren engen Kontakt mit der Szene fanden immer mehr Fans des Westernreitens nach Eppingen, wo Günter und Sabine regelmäßig Kurse für diese besondere Disziplin anboten. Turniere, Treffen, Kaminabende und gemeinsame Ausritte gehörten fortan zu ihrem Alltag.
Ein Saloon gehört dazu
Inspiriert vom Vorschlag eines damaligen Eppinger Stadtrates, erweiterten Sabine und Günter ihre Ranch kurze Zeit später um einen waschechten Saloon. Im Herzstück der heutigen Moonlight-Ranch gibt es regelmäßig Spezialitäten aus den Staaten wie Barbecue, Burger, Spareribs oder ihren berühmten Flammlachs von der offenen Feuerstelle mitten im Gastraum direkt neben der kleinen Schaubühne und dem Honky Tonk Klavier. Abgerundet wird das Angebot des Saloons von regelmäßigen Veranstaltungen, wie z.B. den jedes Jahr stattfindenden, mehrtägigen Western-Days. Den Eppingern waren Günter und Sabine anfangs natürlich leicht supsekt und wurden zu Beginn erst einmal argwöhnisch und gründlich beäugt. Zwei Neulinge die wild in einem Bauwagen leben an einer Western Ranch arbeiteten? Bis das Eis gebrochen war verging erstmal einige Zeit, doch irgendwann gehörten die beiden einfach dazu.
Und heute, 30 Jahre später? Sabine und Günter sind aus Eppingen nicht mehr wegzudenken, gehören längst zum Inventar der Fachwerkstadt. Auf der Moonlight-Ranch trifft sich Alt und Jung, jeder ist willkommen – vom Reiter bis zum Biker. Beruflich reiten Sabine und Günter schon eine Weile nicht mehr, schließlich gehören Sie nicht mehr zum ganz jungen Gemüse. Auf ihre Pferde würden sie trotzdem niemals verzichten, reiten beide entspannt und ganz privat durch den Eppinger Wald und die Flure. “Es gibt keine schönere Gegend, als diese” sagt Günter und streichelt seinem Wallach Boogie über den braunen Hals, trauert noch über den Verlust dessen Mutter, die kürzlich nach einem langen Pferdeleben eingeschläfert werden musste.
Währenddessen erschallen aus der Box nebenan Geräusche die definitiv keinem Vierbeiner zuzuordnen sind. Ach ja, das Westernreiten ist bei weitem nicht Günters einziges Hobby, auch die Zucht und Haltung von Greifvögeln haben es ihm angetan. Seite an Seite mit seinen Pferden und die seiner Einsteller, leben auf der Moonlight-Ranch auch eine Eule, ein Uhu, ein Falke und – so gehört es sich für eine echte Western Ranch – auch ein waschechter Weißkopfseeadler, dem amerikanischen Wappentier schlechthin. Als ob dies nicht Arbeit genug wäre, nimmt sich Günter auch regelmäßig verletzten Tieren an, betreibt ehrenamtlich eine Auffangstation für Greifvögel.
Man muss sie einmal gesehen, einmal erlebt haben – die Moonlight Ranch in Eppingen. Sabine und Günters Leidenschaft für den Wilden Westen dringt ihr aus jeder Ritze, quillt aus jeder Pore. Im Sommer ist es hier besonders schön, wenn der große Biergarten geöffnet hat, die Pferde auf der Koppel stehen und die Greifvögel in ihren Volieren zu bestaunen sind. Doch auch im Winter hat die Moonlight-Ranch ihre Reize, besonders dann wenn im Saloon das große Feuer unter dem eisernen Abzug lodert. Für die beiden Rancher könnte es immer so weitergehen, gerne noch einmal 30 Jahre. “Bis zum letzten Atemzug” lachte Sabine und nimmt ihren Günter in den Arm, mit dem sie so viel gesehen, so viel erlebt hat. Howdy und farewell, ihr beiden. Schön euch im Kraichgau zu wissen.