Über das “Für und Wider” das Kupfer-Boosters
Ein deutlich schnelleres Internet für die Menschen in Gondelsheim – so lautete das Versprechen der Telekom, welches nach dem heutigen symbolischen Knopfdruck vor dem Gondelsheimer Rathaus nun Wirklichkeit werden soll Das Zaubermittel heißt „Vectoring“ – ein vergleichsweise neues Verfahren, das aus der in die Jahre gekommenen Kupferleitung nochmal ein ordentliches Geschwindigkeits-Plus herauskitzeln soll. Theoretisch sind damit Download-Raten von 250 Mbit/Sekunde möglich. Die Technik kompensiert dabei elektrische Interferenzen zwischen den dicht aneinander liegenden Kabelsträngen und ermöglicht durch diese Entstörung einen schnelleren Datenfluss.
Doch diese Maßnahmen sind bei der Konkurrenz stark umstritten. Die Branchenverbände Breko, Buglas und VATM sehen im Vectoring eine Bremse für den Ausbau der als zukunftssicher geltenden Glasfaser-Technologie. Durch den Vectoring-Ausbau tritt die Telekom dazu klar in Konkurrenz zur kreiseigenen Breitbandkabel Landkreis Karlsruhe GmbH (BLK). Diese wurde 2014 im Zuge der Breitband-Offensive 4.0 ins Leben gerufen und hat sich zur Aufgabe gemacht, die Mitgliedskommunen mit einer schnellen Glasfaserverbindung auszustatten. Dabei wird die schnelle Glasfaser bis zu einem Knotenpunkt – dem sogenannten Backbone – innerhalb der Gemeindegrenzen verlegt. Für die Vernetzung der Haushalte und der Gewerbebetriebe ist dann die Gemeinde selbst verantwortlich. Für Gemeinden wie Gondelsheim entstünden so aber hohe Kosten.
Nun kommt aber die Telekom und bietet nicht nur in Gondelsheim sondern in zunehmendem Maße auch im ganzen Land die Vectoring-Lösung an. Ein Angebot das sowohl für die Gemeinde als auch für den Endkunden durchaus attraktiv erscheint. Die Telekom stellt auf eigene Kosten nicht nur die Glasfaser-Verbindung zum Backbone her, sondern versorgt mit der gleichen Technologie auch die mausgrauen Verteilerkästen. Für die „letzte Meile“ – also die Verbindung von den Verteilerkästen ins traute Heim der Kundschaft, kommt dann die Vectoring-Technologie zum Einsatz. Diese ermöglicht derart hohe Geschwindigkeiten, dass sie für 99% der potentiellen Endkunden mehr als ausreichend wäre. Der Nachteil besteht eben in der Endlichkeit der Technologie und dem Fehlen der Glasfaser-Anbindung bis ins Haus. Doch auch hier sieht die Telekom durchaus das Potential, auch diese Lücke irgendwann zu schließen. Während in Neubauten ohnehin die flotte Faser quasi gleich werksseitig ins Haus gelegt wird, spräche auch nichts dagegen in Zukunft das letzte Kupferkabel nachträglich durch Glasfaser auszutauschen. Vorher will der magentafarbene Riese aber durch verschiedene Booster-Stufen der Vectoring-Technik noch das letzte Mbit aus dem ollen Kupferkabel pressen. Im Falle Gondelsheim können viele Haushalte nun bereits mit der Super-Vectoring Methode von bis zu 250 Mbit im Download profitieren.
Durch diese Angebote sind die Gemeinden in der Region in einer echten Zwickmühle. Der Ausbau wird komplett durch die Telekom bezahlt und der Gemeindehaushalt bleibt nahezu unangetastet. Von jedem logischen und wirtschaftlichen Standpunkt aus betrachtet, wäre man in den Rathäusern mit dem Klammerbeutel gepudert, nähme man diese Chance nicht wahr. Doch auf der anderen Seite steht natürlich auch die Verantwortung gegenüber der BLK. Diese wurde ins Leben gerufen, weil der Ausbau der Netze durch die Branchenriesen in der Vergangenheit nur schleppend voran ging und man die Zukunftsperspektive einer technologisch auch tatsächlich tonangebenden Technologieregion Karlsruhe bedroht sah. Zudem gibt es noch genügend Gemeinden, deren einzige Hoffnung auf einen schnellen Netzzugang die BLK darstellt. Durch die Vectoring-Offensive der Telekom ist zum ohnehin hohen Wellengang in dieser Debatte in jedem Fall noch ein scharfer Wind hinzugekommen. Logisch wäre es nun Wege zu finden, die beiden Marschrouten zur Erschließung der Region miteinander in Einklang zu bringen. Bis dahin kann im Grund niemandem der schwarze Peter zugeschoben werden. Der Gemeinde nicht für ihr Bemühen um ein zeitnahes, schnelles Netz für ihre Bürger bei gleichzeitig möglichst niedrigen Belastungen für den Haushalt, der Telekom nicht für die Optimierung der Leitungskapazitäten und der BLK nicht für das ehrenwerte Bestreben den Landkreis mit der bestmöglichen Technik auszustatten. Ein harmonisches Miteinander ist hier übrigens nicht immer gegeben, in manchen Gemeinden wurden Straßen gleich zweimal aufgerissen um neben den Leitungssträngen der BLK nachträglich noch jene der Telekom hinzuzufügen. Ein echter Schildbürgerstreich.
Nun noch ein paar Worte zum praktischen Vorgehen. Der heute erfolgte, symbolische Knopfdruck vor dem Gondelsheimer Rathaus bildet den Startschuss für die Vectoring-Technik in der Gemeinde. Alle Kunden der Telekom erhalten automatisch Nachricht von den höheren verfügbaren Geschwindigkeiten an ihrem Wohnort und können dann einen entsprechenden Vertrag mit dem Unternehmen abschließen. Zudem werden autorisierte Vertreter der Telekom alle betroffenen Haushalte besuchen und Ihnen direkt an der Tür die neuen Möglichkeiten erläutern. Wichtig hierzu: Alle Außendienstmitarbeiter lassen sich an einem speziellen Ausweis der Telekom erkennen. Die Hausbesuche können Sie als reine Beratungsgespräche begreifen – ein Vertragsabschluss an der Haustüre ist zwar möglich aber nicht zwingend notwendig. Sie können genau so via Internet, Telefon oder im T-Punkt ihren Anschluss ordern. Eine automatische Anpassung an die höchste verfügbare Geschwindigkeit wird es nicht geben – in jedem Fall ist der Abschluss eines neuen Vertrages notwendig. Die entsprechenden Preise finden Sie auf der Webseite der Telekom.