Wenn die Freiheit über den Wolken doch nicht grenzenlos ist
Klaus Krätschmer ist sauer. Es ist eines der wenigen Wochenenden in diesem sonst so nass-kühlen Sommer an dem man bei Sonnenschein draußen sitzen kann – und dann das. Vom Himmel röhrt es dumpf über der kleinen Kraichgau-Gemeinde und eine kleine einmotorige Maschine zieht über die Häuser hinweg. Das Flugzeug, eine Porter des Schweizer Herstellers Pilatus, gehört dem Fallschirmsportclub Bruchsal(FSC). Von der Basis auf dem Bruchsaler Eichelberg steigt die kleine Maschine an Sprungtagen viele Male auf um Fallschirmspringer auf die gewünschte Höhe über dem Absprunggebiet zu befördern. Das stößt nicht nur Gemeinderat Krätschmer, sondern auch vielen seiner Mitbürger in Gondelsheim sauer auf. Die Gemeinde liegt direkt an der vielbefahrenen Bundesstraße 35 und muss sich daher unter der Woche schon mit einer Menge Verkehrslärm herumplagen. Wenn dann noch am Wochenende die Beschallung von oben dazukommt, wächst bei so manchem Anwohner der Frust.
Bürgermeister Markus Rupp kann den Unmut seiner Gondelsheimer verstehen und trennt auch klar die Lärmbelastung durch die B35 sowie die Bahntrasse grundsätzlich von jener durch die Fallschirmspringer. Das Eine seien die leider weitestgehend unvermeidlichen Geräusche der notwendigen Verkehrsadern in der Region, das Andere der Lärm durch ein Hobby einiger weniger, so Rupp.
Der FSC indes befindet sich dadurch in einer sehr unglücklichen Lage. Einerseits fühlt man sich der 50-Jährigen Club-Tradition verpflichtet, andererseits will man natürlich niemanden durch die Ausübung des Sportes stören. So habe man bereits freiwillig die möglichen drei Sprungwochenenden pro Monat auf nur zwei Wochenenden reduziert und zudem mit der Pilatus Porter auch ein Turbinenflugzeug im Einsatz, das bereits erhöhte Schallschutzbestimmungen erfüllt, berichtet uns eine Club-Sprecherin.
Doch wo ein Flugzeug in wenigen hundert Metern Höhe vorüberzieht, da gibt es naturgemäß jene die eben genau das stört. Vor Jahren führte die primäre Flugroute des FSC über den Bruchsaler Weiherberg, doch als sich hier die Beschwerden aus der Anwohnerschaft häuften, wich man notgedrungen auf eine alternative Route aus. Das Problem: Die Region um den Eichelberg ist so dicht besiedelt, dass es keine Strecke gibt die nicht irgendein größeres bewohntes Gebiet tangieren würde.
Welche Möglichkeiten bleiben also unterm Strich? Für Bürgermeister Markus Rupp und Gemeinderat Klaus Krätschmer lautet die Antwort: Abwechslung. Wenn der Club seine Flugrouten regelmäßig wechseln würde, verteile sich die Lärmlast zumindest gleichmäßig auf die Region, schlägt Klaus Krätschmer vor. So blieben auch in Gondelsheim unterm Strich ein paar ruhigere Wochenenden pro Saison übrig.
Auf dem Eichelberg ist das Feedback aus Gondelsheim in jedem Fall angekommen. Auch auf Seiten des FSC wünscht man sich eine Lösung die für alle zufriedenstellend ist. Die naturgemäße Unvereinbarkeit von Flugzeug-Emissionen und dem Ruhebedürfnis der Anwohner, widerlegt jedoch tragischerweise Reinhard May´s Evergreen: Über dem dicht besiedelten Kraichgau kann die Freiheit über den Wolken wohl doch nicht grenzenlos sein.