Zeigst du mir deine, zeige ich dir meine

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Tauschen macht Spaß – Egal ob Gartenpflanzen oder Klamotten – auf dem Dorf wird daraus gleich ein kleines großes Event

Ich wette sie haben in ihrer Jugend auch irgendetwas getauscht, stimmt’s? Ich jedenfalls hatte ein Sticker-Album am Start, das quasi jeden Tag im Schulranzen steckte und täglich rege Abgänge und Neuzugänge zu verzeichnen hatte. Besonders hoch im Kurs standen die Stoffsticker, die mit einer Art Fell überzogen waren, außerdem alles, was in Metallic glitzerte. Ob sie es glauben oder nicht, das Ding habe ich immer noch, die guten Sachen sind zwar alle verschwunden, dafür lachen mir nun irgendwelche Aufkleber aus Bravo und Pop Rocky entgegen mit Stars darauf, die damals jung und in waren, heute noch auf Oldie-Samplern zu hören sind.

Das Tauschen macht aber immer noch Spaß, egal ob es nun die Achtziger sind, oder die (neuen) Zwanziger. Wie viel Spaß das macht, konnte man beispielsweise am gestrigen Sonntag in Gondelsheim bestaunen. Aus einer kleinen Pflanzentauschbörse wurde hier ein halbes Dorffest. Hunderte kamen um miteinander zu tauschen, Ableger gegen Ableger, Tomate gegen Bohnenkraut, Bodendecker gegen Tulpenzwiebeln.

Eingeladen hatte dazu die Gemeinde Gondelsheim und zwar in enger Kooperation mit dem Obst- und Gartenbauverein aus dem benachbarten Brettener Stadtteil Neibsheim. Dort hat man mit dem Format bereits erste Erfahrungen gesammelt, also trat Bürgermeister Markus Rupp an den OGV-Vorsitzenden und Wahl-Gondelsheimer Thomas Hauck heran um ein solches Event auch in Gondelsheim auf die Beine zu stellen. Wie gut das aber am Ende funktionieren sollte, davon war man dann aber doch nachhaltig und tief beeindruckt. “Wahnsinn was hier los ist, mit so vielen Menschen hätte ich nicht gerechnet” sagt Markus Rupp als er sich in seiner Saalbachhalle umschaut, in der es wie auf einem Basar zugeht. Auf mehreren Tischen stehen hier kleine und große Pflanzen, in Plastiktüten verpackte Wurzelballen, kleine Tütchen mit Samen, Kakteen, Setzlingen, und Obstpflanzen, kleine Bäumchen und und und. Dahinter und davor jeweils die potentiellen Tauschpartner, die miteinander intensiv diskutieren und sich gegenseitig beraten. Damit ist auch das Kalkül und das Wunschszenario von Thomas Hauck voll aufgegangen. Ihm ging es viel weniger um das Tauschen, als vielmehr darum Connections zwischen Hobbygärtnern herzustellen. Eine Art Speed Dating für Gartenliebhaber könnte man sagen. “So kommt zusammen was zusammen gehört” schmunzelt in etwa der erfahrene Baumwart durch seinen dichten weißen Bart und geht zufrieden durch die Reihen seiner Gleichgesinnten.

Am Nachmittag hat die kleine Veranstaltung dann schon fast Volksfest-Charakter. Der Ortsverband Gondelsheim des Deutschen Roten Kreuz verkauft Kaffee und Kuchen, man sitzt zusammen, schwätzt, fachsimpelt, nippt am Kaffee, und knüpft neue Beziehungen und wer weiß – vielleicht sogar Freundschaften. Nichts schweißt mehr und besser zusammen als ein gemeinsames Hobby, eine gemeinsame Leidenschaft und die Gartensaison hat gerade eben erst begonnen.

Was mit Pflanzen funktioniert, funktioniert sicherlich auch mit anderen Tauschgütern. Im Jägerhaus in Forst steht beispielsweise am 8. Juni am Nachmittag eine Kleidertauschparty auf dem Programm. Auch wenn man das nicht näher ausführen muss, verbirgt sich dahinter nachvollziehbar ein Fest, auf dem gebrauchte Kleidung in lockerer Atmosphäre den Besitzer oder die Besitzerin wechseln kann. Das ganze funktioniert folgendermaßen: An besagtem Tag kann am Vormittag zwischen 10:30 Uhr und 12:00 Uhr das eine oder andere textile Schmuckstück abgegeben werden. Maximal zehn Kleidungsstücke sind erlaubt darunter auch Schuhe oder Accessoires wie Hüte oder Taschen. Ausgeklammert werden Unterwäsche und Kinderkleidung, selbstredend auch alles was schmutzig, kaputt oder ungewaschen ist – es ist schließlich keine Mülltausch-Party. Ab 17:00 Uhr kann dann in den potentiellen Tauschgütern gestöbert werden, dazu gibt es Cocktails Live Musik und Fingerfood.

Thomas Hauck und Bürgermeister Markus Rupp

Übrigens darf sich auch jeder Kleidung nehmen, der nicht gespendet hat, es geht am Ende wie in Gondelsheim um die Kontakte mehr um die Gespräche und nicht um die kommerzielle Verwertung von Gebrauchsgütern. Das Konzept ist deswegen so faszinierend und erfolgreich, weil der eigene Spieltrieb ein bisschen befriedigt wird, das allseits beliebte Kruschteln und Stöbern, dass wir seit unseren Tagen als Jäger und Sammler schätzen gelernt haben. Dazu gibt es tolle Gespräche und echte Kontakte von Mensch zu Mensch, die am Ende weit weit mehr wert sind, als eine gebrauchte Jeans oder ein Tomatenableger.

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