“Wir wären auch bei Regen losgezogen”

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Koin Fruschd, nur Dorschd – Fröhliche Gesichter beim Weinwandertag Ubstadt-Weiher

Zeutern kann sich wirklich glücklich schätzen. Nicht nur, daß der Weinwandertag 2022 ein voller Erfolg für die Winzer, Gastronomen und die teilnehmenden Vereine ist, auch haben die Weinberge rund um die Heimat der “Woischlaich” die wochenlange Dürre weitaus besser weggesteckt, als man es vermuten möchte. “Die Reben haben tiefe Wurzeln” weiß Devon Landwermeyer genau und er muss es wissen. Der 22-jährige Winzer studiert derzeit Weinbau und Önologie (Kellerwirtschaft) an der Hochschule Geisenheim, will später einmal das Weingut seines Stiefvaters in spe, Markus Hafner, übernehmen. Diesen freut es sichtlich, dass sein Lebenswerk bald in würdige Hände übergeben werden kann, schließlich ist sein Weingut aus der Kulturlandschaft Ubstadt-Weiher nicht mehr wegzudenken. Die Reben auf seinen Weinbergen sind teilweise älter als er selbst und auch wenn die “Oldies” nicht mehr ganz so ertragreich sind, entsteht aus ihren Trauben ein Wein von bester Qualität. Der Grauburgunder zum Beispiel – an diesem Tag ein echter Renner: Leicht, gekühlt serviert, passt er perfekt zu diesem Sommerwochenende.

Doch auch wenn das Wetter sowohl am Samstag, als auch am Sonntag perfekt mitspielt, hätte sich davon ohnehin kaum jemand abhalten lassen: “Wir wären auch bei Regen losgezogen” lacht eine gesellige und gut gelaunte Wandergruppe aus Ubstadt und schickt sich an die letzten Höhenmeter von der Pauluskapelle bis zum Wasserturm in Angriff zu nehmen. Hier wartet schon eine kleine Tankstelle der „Woischlaich & Friends“, einem jungen und aktiven Verein aus Zeutern, der seit 11 Jahren zur legendären Quirligkeit und Lebendigkeit des Zeuterner Kulturlebens maßgeblich beiträgt. Mit bestem Blick über das Weindorf gibt es hier schon mal einen ersten kühlen Tropfen, bevor der letzte Streckenabschnitt nach Zeutern dann gemütlich bergab führt.

In Zeutern ist dann allerhand geboten, überall sitzen die Menschen, lachen und feiern miteinander. Zum Beispiel im Hof des Zeuterner Fachwerkhauses, wo normalerweise die “Bunten Hunde” die Verköstigung übernehmen, sich in diesem Jahr aber erstmals nur auf ihre Kunstausstellung konzentrieren. Um diese Lücke zu schließen, sind die Hardtseegugga aus Weiher eingesprungen und servieren den Gästen heiße Würste, ein rustikales Besenbrot mit Bibbeleskäs und – versteht sich – Wein. Die fröhlichen Guggenmusiker sind mit reichlich Girl- und Manpower am Start, würden sich aber nach zwei dürren Jahren der Pandemie über neues Blut in ihren Reihen freuen. Wer Lust auf eine bunte Truppe hat und zudem idealerweise noch etwas musikalisches Talent mitbringt, ist herzlich eingeladen sich zu melden.

Nur ein paar Meter weiter wird selbstredend auch im Hof des Zeuterner Restaurants Weinschlauch entspannt und genossen, der Name verpflichter schließlich. Gastwirtin Cornelia Sluk hat die Karte für diesen besonderen Anlass um thematisch passende Gerichte erweitert, zum Beispiel den Winzer-Schinkenkrustenbraten mit Rotweinsoße und hausgemachten Nudeln. Deftiges liefert auch die Küche des Weingutes Kunz am Oberdorfplatz. Zu den hauseigenen Weinen gibt es hier Kartoffelwurst, Kraut und Schnitzel mit Kartoffelsalat. Zur Mittagszeit ist jeder freie Platz besetzt, halb Ubstadt-Weiher ist gefühlt an diesen beiden Tagen auf den Beinen.

Etwas abseits von der Ortsmitte haben die „Woischlaich & Friends“ am Kelterhaus ihre Zelte aufgeschlagen und das schon am Freitagabend, während der Himmel das erste Mal seit unzähligen Wochen halbwegs ordentlich geliefert hat. “Wir sind klatschnass geworden” erzählen sie entspannt, aber auch “Wir hätten es in jedem Fall durchgezogen”. Neben Gegrilltem und Gekeltertem gab, es hier am Samstagabend auch Livemusik bis in den jungen Morgen. “Kiss the fish” auf der Showbühne und gut gelaunte “Woischlaich” davor – so schön kann der Sommer in Zeutern sein.

Auch wenn Zeutern zum Weinwandertag traditionell Dreh- und Angelpunkt ist, wird auch am “Außenposten” am Kelterhaus in Ubstadt gefeiert. Hier hat der Elferrat Ubstadt-Weiher am Sonntag das erste Mal in der Geschichte der Veranstaltungsreihe das Zepter übernommen und serviert neben Weinen der Wieslocher Winzergenossenschaft Tafelspitz mit Meerrettich. “Um 11 Uhr haben wir aufgemacht und es war sofort rappelvoll” erzählt stolz T​homas Procyk, der am Weinstand alle Hände voll zu tun hat. Bis zum Abend wird er noch so manche Weinflasche entkorkt haben, bis er dann schließlich zusammen mit seinen Mitstreitern auch entspannt auf ein Wochenende anstoßen kann, das man in Ubstadt-Weiher hoffentlich so bald nicht vergessen wird.

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