Was wäre wenn?

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Der Strahlenschutzzug des Landkreises Karlsruhe simuliert einen radioaktiven Unfall an der Brettener Rechbergklinik

Was wäre wenn? Eine Frage, die alle Rettungskräfte ständig umtreibt. Auf das Beste hoffen, mit dem Schlimmsten rechnen. Kein sinnloser Fatalismus, sondern die wichtigste Voraussetzung, um immer einsatzbereit und auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Nur wer weiß was im Falle eines Falles zu tun ist, kann schnell und effizient reagieren, deshalb gehören Übungen zum Alltag aller Rettungskräfte. Planspiele auf dem Papier reichen hier nicht aus, Es geht so praxisnah und so realistisch wie möglich den Ernstfall zu proben.

Ein wahrlich nicht alltägliches Szenario wurde am vergangenen Freitag auf dem Areal der Rechbergklinik in Bretten geprobt. Wohlgemerkt nicht alltäglich, aber durchaus im Bereich des Möglichen. Der Fall: Während einer Fortbildungsveranstaltung in der Krankenpflegeschule der Klinik wurde eine radioaktive Substanz durch eine Verpuffung freigesetzt. Da hierbei mutmaßlich Strahlung freigesetzt wurde, greift sofort ein umfassendes Protokoll, das weit über einen normalen und lokalen Feuerwehreinsatz hinausgeht. Die Freiwillige Feuerwehr Bretten wird in diesem Fall durch den Strahlenschutzzug des Landkreises Karlsruhe unterstützt, dessen Profis sich aus Mitgliedern verschiedener Feuerwehren im Landkreis zusammensetzen, welche ganz speziell für den Umgang mit radioaktiven Materialien ausgebildet wurden.

Nach dem Eintreffen der verschiedenen Einsatzfahrzeuge, darunter ein für dieses Szenario speziell bestückter Rollcontainer, übernimmt Ralf Schönleber die Koordination vor Ort. Der langjährige Stadtkommandant der Feuerwehr aus Philippsburg kennt sich mit der Materie aus wie kaum ein anderer. Kein Wunder, befand und befindet sich doch mit dem Kernkraftwerk Philippsburg eine der größten potentiellen Strahlungsquellen des gesamten Landkreises innerhalb seines Einsatzgebietes. Als Einheitsführer des Strahlenschutzzugs des Landkreises Karlsruhe kennt er die kritischen Parameter eines solchen Einsatzes genau. Von zentraler Bedeutung ist es, eine radioaktive Kontamination von Personen zu vermeiden, der Schutz der Einsatzkräfte hat dabei hohe Priorität. Zugang zum Unfallort haben daher nur speziell ausgebildete Einsatzkräfte, allesamt Atemgeräteträger mit darüber hinausgehenden Schulungen. Direkt nach dem Absetzen des Rollcontainers werden diese Profis mit dem entsprechenden Equipment ausgestattet. “Strahlenschutzanzüge” im wortwörtlichen Sinne gibt es dabei nicht, die weißen Baumwolloveralls sollen lediglich verhindern, dass die Radionuklide – kleinste, schädliche Teilchen, nicht an die Haut kommen oder gar in den Körper gelangen. Ausgestattet werden alle Einsatzkräfte zudem mit einem Dosimeter, welcher die Strahlenbelastung im Zuge des Einsatzes misst und später ausgewertet wird. Zur Verfügung gestellt werden die Gerätschaften von der Feuerwehr des Karlsruher Instituts für Technologie, kurz KIT. Teil des Instituts ist das Kernforschungsinstitut in Eggenstein-Leopoldshafen, wodurch das Know-how der Einsatzkräfte selbsterklärend wird.

In Windeseile wird vor Ort im Betriebshof der Klinik die Dekontaminationseinheit der Feuerwehr Bretten aufgebaut, während in der mobilen Einsatzzentrale daneben das exakte Vorgehen besprochen und koordiniert wird. Es gilt, die verunglückten Personen aus dem Schulungsraum zu bergen, ebenso wie die exponierten, nuklearen Substanzen. Niemand darf dabei den kontaminierten Bereich verlassen ohne eine entsprechende Dekontaminierungsprozedur zu durchlaufen.

Sowohl Ralf Schönleber als auch Brettens Kommandant Oliver Haas beobachten das Geschehen dabei mit Argusaugen. Es gilt die Abläufe und die Zeitfenster zu protokollieren, um im Anschluss nach der entsprechenden Auswertung eventuelle Optimierungspotentiale zu bestimmen. Ralf Schönleber ist dem heutigen Gastgeber, der Regionalen Kliniken Holding RKH, die die Rechbergklinik an diesem Abend für die Übung zur Verfügung gestellt hat, dankbar. Viele Institutionen und Einrichtungen im Landkreis, in denen ein Unfall mit radioaktivem Material möglich wäre, existieren schließlich nicht. Zwar ist ein solcher Unfall in der Rechbergklinik ausgeschlossen, da hier entsprechende Strahlungsquellen nicht existieren, wohl aber in der nur wenige Kilometer weit entfernten Fürst-Stirum-Klinik in Bruchsal. Insofern ist das Szenario eine Win-Win-Situation, da sowohl der Strahlenschutzzug des Landkreises als auch die beiden Kliniken auf ein solches Szenario nun besser vorbereitet sind als zuvor. Schon im Juni probt der Zug erneut, dieses Mal einen Transportunfall, bei dem radioaktives Material und die entsprechende Strahlung freigesetzt wurden. Diese Übung wird nach aktueller Planung in Kraichtal stattfinden

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4 Gedanken zu „Was wäre wenn?“

  1. Toll, wie uns unsere Einsatzkräfte schützen und für mögliche Szenarien üben.
    Vielen, vielen Dank für den täglichen Einsatz und die ständige Verfügbarkeit!

  2. Tja da wollen wir doch hoffen, dass die Einsatzkräfte die ganze Bevölkerung vor Radioaktivität beschützen kann. Bunker gibt’s keine mehr

  3. Was wäre wenn?? Daran wollen wir garnicht denken….
    wiedermal gilt es für die ANDEREN, die nicht in einer Hilfsorganistation jeglicher Art Ihre Freizeit verbringen, diesen Helfern für Ihre/diese Bereitschaft dazu zu danken.
    Zu Danken, daß sie Ihre Freizeit, Ihren Kopf und Ihre Gesundheit (hoffentlich nicht der Fall oder Nötig) für den ANDEREN einsetzen. Dafür meine Hochachtung da ja unser Staat immer mehr an Hilfen einspart sind Sie für uns soo wichtig geworden. Danke an alle Freiwilligen Helfer der Hilfsorganisationen und Gottes Segen. Gruß aus Kraichtal

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