Zwei Tage lang haben die Gewerbetreibenden in Münzesheim gezeigt, was sie auf dem Kasten haben. Auf einem rauschenden Gewerbefest von Ost nach West stellten sie ihr Können den Besucherinnen und Besuchern vor.
Mit tuckerndem Motor fährt “Traude”, der knallrote Omnibus mit seinen stolzen 74 Jahren auf dem stählernen Buckel in der Gottlieb-Daimler-Straße in Münzesheim vor. Das erste Mal war Traude 1950 auf den bundesdeutschen Straßen unterwegs, in einem Land das in dieser Form erst ein Jahr vorher aus der Taufe gehoben wurde und das im darauffolgenden Jahrzehnt dem entgegen blicken sollte, was als Wirtschaftswunder in die Geschichtsbücher eingegangen ist. Traude steht also für eine Zeit, in der es steil nach oben und ordentlich vorangegangen ist – ein schönes Symbol also, sie auf dem Gewerbefest “Minze Oschd” in Münzesheim als Pendelbus einzusetzen.
Der Osten von Münzesheim war tatsächlich schon damals die Keimzelle der Münzheimer Wirtschaft, hier befanden sich alle großen Betriebe, teilweise finden sie sich hier noch heute. Auch die, die heute am anderen Ende des Ortes ihre Zelte aufgeschlagen haben, kommen ursprünglich aus dem Herz von Münzesheim. Zum Beispiel das Autohaus Bürkle oder auch das Weingut von David Klenert. Doch egal wo sie heute sind, mit “Minze Oschd” wollen Sie an diesen zwei Tagen wieder enger zusammenrücken, Seite an Seite stehen, um den Menschen zu beweisen, was die örtlichen Betriebe können und über welches Know-how sie verfügen.
Für ein Gruppenfoto drängen sie sich noch kurz vor Traudes roten Bauch zusammen, dann schwärmen sie aus zu ihren Ständen. Jeder hat etwas anzubieten, etwas zu erzählen. Da wäre zum Beispiel Jürgen Diewald der zusammen mit seiner Frau Marlene seit Jahrzehnten die Kraichtaler mit Fahrrädern ausstattet. Draußen vor dem Laden drängen sich heute die Kinder, um am Glücksrad eine Kleinigkeit zu gewinnen, drinnen die Großen, um die neuesten funkelnden E-Bikes und Pedelecs in Augenschein zu nehmen. Der Laden brummt, vielleicht auch weil es an diesem Tag ordentlich Prozente auf viele Produkte gibt, zum Beispiel 30 Prozent auf Fahrradhelme, weshalb zahlreiche Besucher von Minze Oschd gleich mehrere unter dem Arm nach Hause tragen.
Direkt daneben bietet die Firma Kindsvogel das ganze Repertoire der Firma Kärcher an, zum Beispiel moderne Kehrmaschinen, mit denen der gute alte Besen gerne auch mal an der Wand hängen bleiben kann. Sogar Bürgermeister Tobias Borho informiert sich über die mechanischen Helfer, hat doch auch er einen großen Hof in Menzingen sauber zu halten. Nur einen Katzensprung weiter informiert das Unternehmen Häntsch Solar über Balkonkraftwerke und wie einfach und niederschwellig diese zu installieren sind. Mit einer riesigen Karte von Kraichtal demonstriert am Nachbarstand der Initiativkreis Energie Kraichgau die ausgewiesenen Vorranggebiete für den Ausbau von Solar- und Windenergie in der Stadt, informiert dazu persönlich und mit reichlich Infomaterial.
Etwas versteckt um die Ecke findet sich das Bestattungsinstitut Last. Dass sein Angebot auf einem Gewerbefest nicht ganz so anziehend auf die Massen wirkt, ist Wilfried Last und seiner Kollegin Martina Hoffmann durchaus klar. Dennoch sind die beiden von Anfang an dabei, stützen die Gemeinschaft rund um die Gewerbetreibenden in Münzesheim nach Kräften. Auch Ihnen geht es darum zu informieren und die Menschen vom eigenen Angebot zu überzeugen. Auch wenn sich kaum jemand mit dem eigenen Tod auseinandersetzen möchte, macht dies doch absolut Sinn, um im Falle eines Falles nicht die Angehörigen damit komplett alleine zu lassen. So lässt sich die eigene Beerdigung bereits im Vorfeld planen und durch ein treuhänderisch verwaltetes Sparbuch sogar Jahre oder auch Jahrzehnte im Vorfeld finanzieren. Der Vorteil: Die eigenen Vorstellungen werden umgesetzt, die Angehörigen damit weder organisatorisch noch finanziell belastet. Klar, es ist eine Wahl, die vielleicht nicht ganz so leicht von der Hand geht, wie eine Kehrmaschine auszusuchen, aber dennoch eine Wahl, die in Erwägung gezogen werden sollte.
Natürlich ist ein Fest mehr als nur Verkauf und Beratung, es muss natürlich auch gesellig gefeiert werden. Auf dem Festplatz im Münzesheimer Osten wurde daher auch gegrillt, gezapft und gefeiert. Zuständig dafür: Die Badische Reisegastronomie der Familie Kießling. Sie sorgte für das leibliche Wohl, mit Deftigem vom Grill und Kühlem aus dem Fass. Dazu gab es Spaß und Spiel für die Kinder, zum Beispiel ein buntes Karussell, das bei den Kleinsten für leuchtende Augen sorgte.
Auch wenn es im Osten von Münzesheim noch mehr zu berichten gibt, lassen Sie uns einen kurzen Abstecher in den Westen unternehmen. Denn auch in “Minze Weschd” – an diesem besonderen Tag nur eine kurze Busreise mit Traude entfernt – gibt es vieles zu sehen und zu entdecken. Christopher Feil hat sich mit seinen “Duschperten” z.B. auf die einfache Modernisierung von Badezimmern spezialisiert, insbesondere hinsichtlich der im Alter so wichtigen Barrierefreiheit. Mit seinen Systemen lassen sich in die Jahre gekommene Badezimmer sehr leicht modernisieren, innerhalb kürzester Zeit und ohne die ganz große Baustelle aufzumachen. Zu hohe Duschwannen können durch fast ebenerdige Modelle im Handumdrehen ausgetauscht werden, Fliesen durch direkte Beklebung einfach auf die alte Wand aufgebracht werden. Das spart Kosten und vor allem Zeit.
Ein paar Meter weiter, das Autohaus Bürkle, wer kennt es nicht. Seit 50 Jahren gibt es den Familienbetrieb mittlerweile in Münzesheim, seit einigen Jahren hat Denis Plitt das Steuer übernommen. Um das Unternehmen fit für die Zukunft zu machen, fährt der junge Kaufmann zweigleisig. Zum einen gibt es weiterhin das Autohaus in seiner gewohnten Form, mit Angeboten und Service für die Menschen vor Ort. Darüber hinaus investiert Denis aber auch in Raritäten und Sondermodelle aus dem Hause Mercedes. So stehen auf seinem Hof auch durchaus seltene Oldtimer, rassige Sportwagen und echte Exoten unter dem Mercedes Stern, ausgestattet mit Preisschildern, die genügend Raum und Platz für sechsstellige Zahlen mitbringen müssen. Durch sein großes Netzwerk findet Denis diese Auto-Träume überall in Europa, bringt sie nach Münzesheim, bereitet sie auf und verkauft sie mit etwas Gewinn weiter. Zwischenzeitlich verfügt er auch noch über ein weiteres Standbein, in dem er das Mühlacker Traditionsautohaus Bergle übernommen hat.
Hochbetrieb an diesem besonderen Tag auch bei Denis Nachbarn, dem im Grunde ganz frisch eingezogenen Jung-Winzer David Klenert. In seinem in Holzbauweise errichteten Weingut auf dem Hügel am westlichen Ortsrand brummt das Geschäft. Dampfende Flammkuchen wandern im Minutentakt aus dem Ofen auf die Teller und selbstverständlich reichlich Wein in die Gläser. Für David ist es selbstverständlich, sich an einem solchen Tag zu engagieren, auch wenn sein Weingut doch einige Gehminuten vom Ortskern entfernt ist. Es geht um den persönlichen Kontakt mit den Menschen und es geht um die gute Verbindung zu den anderen Gewerbetreibenden im Ort. Damit nimmt David genau den gleichen Standpunkt wie Denis ein, beide wollen das Netzwerk in Münzesheim ausbauen und stärken. Schade finden die beiden jungen Unternehmer aber, dass viele andere Betriebe sich nicht an “Minze Oschd” beteiligt haben, noch zu viele Lücken auf der Festmeile klaffen, die leicht zu schließen gewesen wären. “Dabei wäre es doch so wichtig, dass wir alle an einem Strang ziehen“, findet David Klenert.
Die Menschen jedenfalls nehmen das Angebot der Münzesheimer Gewerbetreibenden an diesem Wochenende richtig gut an. Beseelt auch durch das gute Wetter ist es sowohl in Minze Oschd als auch in Weschd den ganzen Tag über rappelvoll. Angebote für Kinder, Ausstellungen, Ebbes Gutes zu essen und zu trinken… passt. Das Verkaufen steht an diesem Tag noch nicht einmal im Mittelpunkt. Tage wie diese sind nicht dazu da, um den riesengroßen Umsatz zu machen. Es geht vielmehr darum, Flagge zu zeigen und zu demonstrieren: Wir sind da und das, was wir machen, können wir richtig gut!