Hohe Räder auf der hohen Straße

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Mehrere große Windkraftanlagen sollen auf der hohen Straße zwischen Östringen und Odenheim errichtet werden. Derzeit gibt es darum in der Stadt – im Vergleich zu anderen Kommunen – noch recht wenig Wind. Was läuft in Östringen anders? Wir haben nachgefragt.

Die hohe Straße zwischen Östringen und Odenheim. Rund 240 Meter über dem Meeresspiegel und damit für Kraichgauer Verhältnisse schon fast Hochgebirge. “D´Hochschdroos” sagt man hier dazu, aber egal wie man dieses Fleckchen Erde nennen möchte, es ist einfach wunderschön. Bis zu den Pfälzer Bergen kann man bei gutem Wetter schauen und sieht in der Ebene davor die Windräder auf der anderen Rheinseite. In ein paar Jahren muss man vermutlich nicht mehr die Augen zusammenkneifen, um eine solche Windkraftanlage beobachten zu können, hier oben auf der hohen Straße könnten sich dann eventuell auch ein paar der imposanten Räder drehen. Die Gegend wurde zum so genannten Vorranggebiet für die Windnutzung erklärt, würde also die notwendigen Voraussetzungen für die Errichtung von Windkraftanlagen mit sich bringen. Weit ab von den Wohngebieten Östringens und Odenheim könnten die Pachteinnahmen so der Stadt zugute kommen, denn diese besitzt gleich mehrere Flächen entlang der hohen Straße.

Das Interview mit Bürgermeister Felix Geider in voller Länge:

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“Ja, wir beabsichtigen, Windkraftstandorte in den Wäldern auszuweisen, das ist unsere Absicht.” erzählt Östringers Bürgermeister Felix Geider uns bei einem Interviewtermin vor Ort. “Wir haben insgesamt als kommunaler Waldeigentümer auf Östringer Gemarkung über 950 Hektar Wald. Warum sollen da nicht dauerhaft 2 bis 3 Hektar Wald auch für den künftigen Energiewandel mitverantwortlich sein und dazu mit beitragen?”

Stellt sich die Frage, wieso die Stadt die Anlagen im Wald errichten möchte, wenn hier oben doch augenscheinlich auch reichlich offenes Land existiert?

“Das sieht hier zwar aus wie eine einheitliche Fläche, tatsächlich sind es aber lauter kleine Handtücher – eigentumsrechtlich betrachtet“, erklärt Felix Geider. “Daher ist es hier sehr, sehr schwierig, eine solche Anlage zu bauen. Die rechtlichen Vorgaben sehen vor, dass überall, wo der Flügelüberschlag drüber geht, ein Pachtverhältnis nötig ist.. Das heißt, für jedes einzelne Grundstück bräuchte man hier einen separaten Pachtvertrag. Das ist die erste große Hürde. Östringen tut zudem sehr gut daran, eigene Flächen zur Verfügung zu stellen. Die Pachteinnahmen fließen dann natürlich der Stadt als Eigentümer zu. Das funktioniert aber eben nur auf eigenem Grund und Boden und deshalb die Ausweisung in den Wäldern.”

Die Stadt Östringen möchte aber nicht nur Verpächter der entsprechenden Flächen sein, sondern auch im laufenden Betrieb der Anlagen mitmischen, und zwar in Form von handfesten Beteiligungen. Das spült potentiell mehr Geld in die Stadtkasse, muss aber natürlich vorher entsprechend vorsichtig abgewogen werden, da mit mehr Verantwortung auch mehr Risiko einhergeht. Während dieses Risiko für einen reinen Verpächter kaum relevant ist, müssen im Falle einer Beteiligung der Stadt als Betreiberin, die Verträge entsprechend sorgsam ausgearbeitet werden. Das wird noch etwas Zeit brauchen.

Anders als in anderen Kommunen im Kraichgau, rührt sich in Östringen gegen die Errichtung der Anlagen vergleichsweise wenig Widerstand. Der Bürgermeister sieht den Grund darin, in der offensiven Informationspolitik der Stadt, man habe von Anfang an mit offenen Karten gespielt. “Wir haben im Jahr 2022 eine große Bürgerbeteiligung gefahren, mit Gemarkungsfahrten, organisiert von der Stadt verschiedene Standorte angeguckt, Bürger eingeladen, Gesprächsformate angeboten. Es gab reichlich Informationen, inklusive Bürgerversammlungen zu diesem Thema, wo dann auch der Regionalverband entsprechend beteiligt war.” erläutert der Bürgermeister. “Insgesamt ist die Stimmung eigentlich nicht schlecht zu diesem Thema. Und da gilt es einfach dran zu bleiben, zu informieren, was wir vorhaben, wie wir es vorhaben und was dann in der nächsten Zeit auch kommen wird.”

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10 Gedanken zu „Hohe Räder auf der hohen Straße“

  1. Hut ab vor diesem Bürgermeister und seinem Team. Hat er doch verstanden, dass mit dem frischen Wind auch die Kommune einen Vorteil hat. Strom kommt nicht aus der Steckdose, wenn er nicht dort hinein kommt. Atomstrom ist unterm Strich mehr als doppelt so teuer (Bau, Rückbau und Endlager wird zum Teil über Steuern finanziert) und den Abfall will auch keiner haben.
    Ja, das Thema ist weitreichend und leider geht es vielen nicht um die Sache sondern nur um dagegen, das ist mehr als traurig.
    Ich wünsche Östringen hier das aller Beste.

  2. Atomstrom war aber doch die ganze Zeit billiger. Ich verstehe das nicht, hier in diesem Fall bringt Wind den Strom. In einem anderen ist es das Wasser, aber anstatt billiger geht’s nur noch hinauf mit den Preisen.

    • Atomstrom war nie billig, er war nur hoch subventioniert. Uns auch in allen anderen Ländern ist das so, siehe Frankreich. Es lohnt sich heute einfach nicht mehr.

    • Das Gegenteil ist der Fall.
      NIEMAND nimmt sich an Deutschland ein Beispiel, höchstens noch als Beispiel dafür, wie man es NICHT machen sollte.

  3. Bei uns wird der Strom ja auch an der Börse in Leipzig gehandelt…bei 623 EVU’s kann da ja nur was Preiswertes rauskommen…der Markt regelt ja alles…

  4. Kostbaren Wald abholzen für Windkraft? Mit dem Ziel möglichst viel Pacht/Gewinne abzuschöpfen? Um das geht es hier doch hauptsächlich, oder verstehe ich den Text falsch?
    In der heutigen Zeit, in der man um jeden! halbwegs gesunden Baum dankbar sein muss? Wo ist da die Verhältnismäßigkeit?

    Sooooo klaglos geht es in Östringen nicht ab, es gibt durchaus Einwände… Stimmt, die Bürger wurden u.a. bei den „Werbeveranstaltungen“ informiert, aber das war, in meinen Augen, keine Bürgerbeteiligung?

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