…und plötzlich ist das Virus in dir

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Der Gärtnermeister Marcus Beyerle aus Ubstadt steht nach der Ansteckung mit dem Coronavirus unter Quarantäne

“Ich muss jetzt auch an die anderen denken” – Ein Gespräch mit jemandem, dessen Leben sich von heute auf morgen grundlegend verändert hat.

Und plötzlich steht die große weite Welt direkt vor deiner Haustür… War das Coronavirus noch vor wenigen Wochen ein abstrakter, unsichtbarer Feind aus dem fernen China, müssen sich die Menschen nun auch hierzulande auf einmal und unverhofft mit dem Erreger auseinandersetzen. Im Grunde ist es das erste Mal seit der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986, dass wir uns unmittelbar in unserem engsten Lebensumfeld mit einer internationalen Krise beschäftigen müssen.

Doch zwischen dem Begreifen, dass das Virus in unserer Mitte angekommen ist und dem Verinnerlichen dieses Umstandes, liegen immer noch Welten. So ging es auch Marcus Beyerle aus Ubstadt, als er vor wenigen Tagen aus dem Skiurlaub im österreichischen Ischgl zurückkehrte und plötzlich leichte Erkältungssymptome aufzeigte. Bei seiner Abreise war im österreichischen Skiort im Bezirk Landeck die Welt noch in Ordnung, kein Mensch hatte zu diesem Zeitpunkt das Dorf auf dem Schirm der immer weiter um sich greifenden Corona-Hotspots. Erst vor wenigen Tagen wurde die örtliche Bar Kitzloch als Infektionsherd ausgemacht und mit dem heutigen Freitag die Skisaison in Ischgl vorzeitig beendet. Für Marcus Beyerle und seine Freunde kommt diese Info aber zu spät – er und einige seiner Kameraden haben sich das Coronavirus zugezogen und es unwissentlich und unverschuldet mit nach Hause gebracht.

Marcus Beyerle auf seinem Balkon während der ersten Tage der Isolation / Bild: Privat

Schon am Tag nach ihrer Rückkehr treten bei der kleinen Reisegruppe erste Erkältungssymptome auf. Schnupfen, Halsschmerzen und leichtes Fieber wecken sofort das Misstrauen der fünf Freunde. Sie wenden sich an ihre Hausärzte, welche umgehend einen entsprechenden Test veranlassen. Als Marcus Beyerle seinen positiven Befund erhält, ist er zunächst einmal geschockt. Sollte er nun tatsächlich jenes Virus in sich tragen, das noch vor ein paar Tagen in abstrakten Bildern aus asiatischen Krankenhäusern durch die Nachrichten geisterte?

Wie die nächsten Tage und Wochen im Leben des ansonsten selbstbestimmten Gärtnermeisters aus Ubstadt verlaufen sollen, darauf hat er nun keinen Einfluss mehr. Das Gesundheitsamt hat ihn unter häusliche Quarantäne gestellt, mit der strikten Anweisung sich von allen Menschen inklusive seiner eigenen Familie fernzuhalten. Auch wenn es ihm unendlich schwer fällt, seine Frau und seine Tochter nur aus der Ferne zu sehen, hält sich Marcus Beyerle selbstverständlich an diese Anweisungen, weiß er doch welche Verantwortung damit einhergeht. Aus diesem Grund hat er auch freiwillig beschlossen ab morgen seine Gärtnerei mindestens für die kommende Woche zu schließen, bis zu jenem Tag wenn der nächste Test endlich wieder negativ ausfällt. “Ich will meine Mitarbeiter und meine Kunden nicht gefährden, deshalb bleiben die Türen geschlossen bis ich es schwarz auf weiß habe, dass jede Ansteckungsgefahr ausgeschlossen werden kann”, versichert uns Marcus heute morgen am Telefon.

Marcus Beyerle in seiner Gärtnerei im Sommer 2018 / Archivbild

Für ein Arbeitstier wir Marcus Beyerle, der als Gärtner normalerweise den ganzen Tag unter freiem Himmel verbringt, ist die Isolation äußerst belastend. “Ich habe ein Stockwerk für mich, meine Familie muss sich von mir fernhalten. Man kann sich nicht in den Arm nehmen, sich nicht trösten, das geht an die Substanz”, erzählt er nüchtern und versucht der Anspannung mit stoischer Gelassenheit zu begegnen. In 10 Tagen kommt das Gesundheitsamt und testet ihn erneut auf das Virus. Bis dahin bleibt Marcus nichts weiter übrig, als im Zimmer auf und ab zu tigern und allenfalls mit dem Hund im eigenen Hof eine Runde zu drehen.

Zur Sorge um die eigene Gesundheit und die der Lieben, kommen auch handfeste Sorgen um die finanzielle Situation. Während das Geschäft geschlossen bleibt, müssen bereits bezahlte Blumenlieferungen storniert und Gehälter weiter bezahlt werden. Für Marcus ist die vorübergehende Schließung aber alternativlos. “Ich lasse da nichts anbrennen und gehe absolut auf Nummer sicher, bevor ich wieder aufmache”, sagt er am Ende unseres Gespräches und wendet sich einem weiteren, unendlich langen Tag in der Isolation seiner eigenen vier Wände zu. Doch auch diese Zeit wird zu Ende gehen und neue Knospen werden aus der Erde sprießen, das weiß niemand besser als der Gärtnermeister Marcus Beyerle.

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14 Gedanken zu „…und plötzlich ist das Virus in dir“

  1. Gut gemacht und Dank an den Erkrankten das Er so offen und ehrlich darüber spricht!
    Das sollte gewürdigt werden.
    Weiterhin toi toi toi

  2. Wir waren am Montag 9.3. gegen 17 Uhr dort um Blumen zu kaufen…ich hatte Geburtstag…besteht Gefahr dass wir uns angesteckt haben?!
    Ansonsten gute Besserung natürlich an Marcus!

    • Nein, es bestand und besteht keine Gefahr. Der einzig positiv getestete bin ich selbst, meine Familie (enger Kontakt) ist negativ. Die Schließung ist eine rein prophylaktische Maßnahme die wir selbst beschlossen haben, um der Verunsicherungen unserer Kundschaft und unseren Mitarbeitern vorzubeugen.
      Sobald meine Quarantänezeit abgelaufen ist und ich negativ getestet bin würden die Mitarbeiter und ich uns freuen sie wieder begrüßen zu dürfen.
      Mit blumigen Grüßen
      Marcus Beyerle

  3. Ein Kollege kam ebenfalls am Wochenende aus Ischgl wieder, zunächst blieb er krank daheim mit Fieber und Husten. Dann kam er dennoch. Wir sitzen nun alle zu Hause, aber getestet wurde er bisher nicht. Es meldet sich keiner. Wie hat der Herr sich denn da durchgesetzt?

  4. Hallo Markus ich wünsche dir alles gute das du bald wieder fit bist und alles gut wird Hochachtung für deine Offenheit lg Uli Reiser 👍👍👍👍👍

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