Tiefenbacher Ortsjubiläum steht erst 2023 im Festkalender

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Terminverlegung berücksichtigt neuere Erkenntnisse zur Ersterwähnung

Im Östringer Stadtteil Tiefenbach wird das 900-jährige Jubiläum der ersten urkundlichen Erwähnung der Siedlung nicht wie zunächst vorgesehen im kommenden Jahr, sondern erst 2023 gefeiert. Wie Ortsvorsteher Thomas Behr bei der zurückliegenden Sitzung des Gemeinderats informierte, gebe es in Bezug auf die Datierung des maßgeblichen Dokuments inzwischen neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Beurteilungen.

Der erste schriftlich niedergelegte Hinweis auf die Siedlung Tiefenbach im oberen Katzbachtal taucht in einer Bestätigungsurkunde des letzten Salierkaisers Heinrich V. für das von Erzbischof Bruno von Trier gestiftete und dem Heiligen Stuhl unterstellte Benediktinerkloster Wigoldesberg bei Odenheim auf.

Die kaiserliche Urkunde, ausgestellt an einem 5. März, wurde auch in der Fachwelt lange auf das Jahr 1122 datiert, da im Urkundentext in der Datumsangabe das sogenannte Inkarnationsjahr 1122 genannt wird, das sich auf das Jahr der „Fleischwerdung des Herrn“ bezieht. Nach dem aktuellen Stand der Forschung der Monumenta Germaniae Historica (MGH), einem traditionsreichen wissenschaftlichen Institut, das seit mehr als 200 Jahren mittelalterliche Textquellen untersucht und inhaltlich erschließt, gibt es indessen belastbare Hinweise, dass das im Blickpunkt stehende Dokument erst ein Jahr später, somit am 5. März 1123, entstanden ist. Wie die MGH der in Tiefenbach zur Vorbereitung des Ortsjubiläums bereits gebildeten Arbeitsgruppe um Ortsvorsteher Behr mitteilte, wird im Urkundentext nicht nur das Inkarnationsjahr 1122 genannt, sondern auch das sogenannte Indiktionsjahr 1123. Das Indiktionsjahr war als Zeitangabe in Urkunden des Früh- und Hochmittelalters häufig gebräuchlich, seine Berechnungsweise ging auf die Festlegung von Steuerzyklen in der Phase der Spätantike zurück. Die fachliche Einschätzung zum Zeitpunkt der Ausfertigung des Dokuments von Kaiser Heinrich V., in dem Tiefenbach erstmalig erwähnt wird, stützt das Münchner Institut nun außerdem auch auf den abschließenden Vermerk zur Prüfung der Richtigkeit der Urkunde durch Philipp als rekognoszierendem Kanzler. Philipp ist nach Angaben der MGH-Wissenschaftler in dieser Funktion ausweislich anderer Quellen und Urkunden erst etwa ab September 1122 tätig gewesen.

Unter Berücksichtigung der neueren fachlichen Erkenntnisse hat man zwischenzeitlich auch in den weiteren in der kaiserlichen Urkunde erstmals erwähnten Ortschaften Neckarwestheim und Poppenweiler die Feierlichkeiten zum Ortsjubiläum auf das Jahr 2023 verlegt.

Von Wolfgang Braunecker / Stadt Östringen

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