Innerhalb kürzester Zeit eröffnet Jörn Lauber bereits die dritte Filiale von Tante M im Kraichgau.
Auf den ersten Blick ist eine Filiale der unbemannten Dorfläden von Tante M kein Hexenwerk. Es braucht ein bisschen Fototapete in Ziegelsteinoptik, Anthrazitfarbe für die Wand und ein paar Dutzend Laufmeter helles Schichtholz für die Regale, fertig ist der Laden. Schon klar, sehr vereinfacht ausgedrückt, doch das Einfache ist eben auch Teil des Prinzips von Tante M: niederschwellig den Einzelhandel – befreit von allen großen Kostentreibern – zurück in die Dorfmitten zu holen. Der kreative Kopf und Gründer hinter dem Konzept von Tante M, einem Neologismus des guten alten Tante-Emma-Ladens, ist Christian Maresch. Er gehört zu den Pionieren dieser besonderen Art von Nahversorgung, und unter seinem Label gibt es bereits Dutzende der kleinen Läden überall im Land. Allein im Kraichgau sind es mittlerweile drei, die jüngste Inkarnation der alten Tante ist die neue Filiale in Zeutern, die in wenigen Tagen eröffnet wird.
Franchisenehmer der drei Dependancen ist der erfahrene Einzelhändler Jörn Lauber aus Bruchsal. Er hat wenige Tage vor der Premiereneröffnung 2023 in Menzingen die dortige Filiale übernommen, erst vor wenigen Tagen eine weitere im Brettener Stadtteil Neibsheim eröffnet und tüftelt gerade final an Tante Nummer 3 in Zeutern. Jörn Lauber weiß dabei genau, was er tut, die Branche kennt er wie seine Westentasche. Seit vielen Jahren arbeitet er im Lebensmitteleinzelhandel, hat in der REWE-Gruppe das Handwerk von der Pike auf gelernt: Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann, Handelsfachwirt, Ausbilderschein, Zertifikate für Lebensmittelkunde und freiverkäufliche Arzneimittel und schließlich die Weiterbildung zum Handelsbetriebswirt. Man darf also mit Fug und Recht davon ausgehen, dass Jörn weiß, was er tut.
Vor knapp fünf Jahren, im April 2020, pachtete Jörn den kleinen Supermarkt „Nahkauf“ auf dem Brettener Marktplatz und hat zwischenzeitlich eine weitere Filiale der REWE-Tochter in Hoffenheim gekauft und übernommen. Durch einen Radiobeitrag erfuhr er schließlich von Christian Maresch und seinem Franchisekonzept, stellte einen Kontakt her – der Rest der Geschichte ist bekannt. Was Jörn Lauber an Tante M so gut gefällt, ist das einfache und klar strukturierte Konzept dahinter. „Ich war eigentlich von dem Konzept begeistert, weil es auf der einen Seite einfach, aber auch, was die Kosten anbelangt, sehr einfach zu stemmen ist“, erzählt er im Interview. Für die Eröffnung einer Filiale braucht es tatsächlich nur etwa 50-60.000 Euro Investitionskosten. Zum Vergleich: Eine neue, reguläre Supermarktfiliale kostet etwa 1,5 Millionen Euro.
Der Betrieb der kleinen unbemannten Läden ist dagegen vergleichsweise günstig, da mit dem Personal der größte Posten – bislang das Killerargument gegen diese Art von Mini-Laden – wegfällt. Natürlich gibt es jemanden, der immer wieder nach dem Rechten schaut, Regale auffüllt, sauber macht, die Kasse leert und so weiter. Doch permanent anwesendes Verkaufspersonal ist nicht Teil des Tante-M-Konzepts. Der Kunde kassiert sich selbst ab, indem er die gekauften Lebensmittel an der Kasse scannt und entweder bar, mit Karte oder mit einem der vielen anderen Tools, die Apple, Google und Co. zur Verfügung stellen, bezahlt. Dieser Vorgang ist tatsächlich extrem einfach, die Kasse leitet allgemein verständlich von Schritt zu Schritt, sodass auch weniger technikaffine Menschen und Senioren in der Regel keinerlei Probleme haben, ihren Einkauf abzuschließen. „Die alten Leute bleiben so einem kleinen Laden treu, weil sie einfach nicht so weit laufen müssen. Sie holen Brot, Eier, etwas Wurst – die großen Einkäufe machen sie nicht mehr“, erklärt Jörn Lauber, der seine Kundschaft mittlerweile sehr gut kennt.
Die kleinen Tante-M-Filialen haben darüber hinaus den Vorteil, dass sie im Bestand mitten im alten Ortskern untergebracht sind und daher eine zentrale Anlaufstelle besonders für die Alteingesessenen bieten. So werden die Läden auch zu einem sozialen Hotspot: Man kann sich hier treffen, auf den bereitgestellten Bänken Platz nehmen, miteinander plaudern und den Dorfklatsch auf den neuesten Stand bringen. In der neuen Filiale in Zeutern ist auch eine Art Café-Ecke angedacht, in der professionelle Automaten Latte Macchiato, Milchkaffee und Co. ausschenken können.
Ein tolles Alleinstellungsmerkmal der Tante-M-Filialen von Jörn Lauber ist auch das Angebot an regionalen Produkten und von regionalen Anbietern. Es gibt Wurst vom örtlichen Metzger – im Falle Zeuterns übrigens aus der Metzgerei Dutzi – sowie Kaffee, Gemüse, Obst und mehr, alles „made im Kraichgau“. Regional und immer häufiger auch hyperlokal – ein Feature, das größere Supermärkte in der Regel nicht bieten können.
Die Zusammensetzung des Sortiments soll dabei zu 90 % immer stabil bleiben, erklärt Jörn Lauber, kleinere Fluktuationen gibt es natürlich aber immer. Man muss sich der Nachfrage anpassen, alles andere ergibt keinen Sinn, so Jörn Lauber. Was ihn nach mittlerweile rund 1,5 Jahren Erfahrung mit der Filiale in Menzingen überrascht, sind die Unterschiede: Obwohl zwischen Menzingen und Neibsheim nur wenige Kilometer liegen, sind die Top-Artikel unterschiedlich. Während in Menzingen eher Chips und Knabbereien zu den Bestsellern zählen, sind es in Neibsheim eher Obst, Gemüse und Milchprodukte, erzählt Jörn und zuckt mit den Achseln. Warum das so ist, darüber kann man rätseln – doch jedem Tierchen sein Pläsierchen.
Ein regelrechtes Problem dagegen sind Ärgernisse wie Vandalismus und Diebstahl. Während jeder Kaufmann Letzteres in einem gewissen Umfang mittlerweile ganz pragmatisch in seine Umsatzprognose einrechnet – oder vielmehr einrechnen muss –, sind mutwillige Beschädigungen natürlich ein absolutes No-Go. Besonders in Menzingen gab es in den ersten Monaten nach der Eröffnung solche Übergriffe: Mutwillige Beschädigungen, Zerstörung und sinnlose Aggressionen gegenüber Laden und Einrichtung. Zwischenzeitlich hat sich das aber gelegt, der Betrieb in Menzingen läuft seit einiger Zeit mehr oder minder reibungslos. In Neibsheim waren bisher nur ein paar kleinere Diebstähle zu verzeichnen, vieles davon kann aber in der Regel aufgeklärt werden, da die Filialen verständlicherweise – eingedenk der fehlenden Aufsicht durch Personal – mit Kameras überwacht werden.
Die jüngste Filiale von Tante M in Zeutern wird am Freitag, den 25. Oktober, mit einer kleinen Feierstunde eingeweiht. Eigentlich hätte man gerne schon früher losgelegt, doch wie immer bei Bauarbeiten gibt es im Vorfeld unmöglich kalkulierbare Verzögerungen. Im Falle Zeuterns war es ein fehlender Abstand von ein paar Zentimetern zum Nachbarhaus, der den Brandschutz auf den Plan gerufen hat, was nun vermutlich zur Entfernung eines Fensters führen wird – obgleich dieser Umstand jahrzehntelang weder problematisch war noch irgendjemanden gestört hat. Doch das Fass rund um die Bürokratie am Bau aufzumachen, würde an dieser Stelle definitiv zu weit führen.
Bürgermeister Tony Löffler freut sich in jedem Fall über den Gewinn durch die Tante M in Zeutern, für ihn eine klare Bereicherung der Gemeinde und der 3000 Einwohnerinnen und Einwohner des Weindörfchens. „Ich bin froh, dass diese Lösung sich für Zeutern angeboten hat, und wir haben dann natürlich auch gleich zugegriffen, dass es jetzt Tante M geworden ist.“ Zugreifen, das würden gerne viele Gemeinden – nicht nur im Kraichgau, sondern im Grunde überall im Land. Der Niedergang der bisherigen, kleinen örtlichen Nahversorger ist teilweise schon seit Jahrzehnten Realität. Schließlich habe man sich seinerzeit in Massen für die Discounter am Ortsrand entschieden, in der Folge seien die kleinen Läden reihenweise eingegangen, was sich natürlich zwischenzeitlich auf vielerlei Weise rächt.
Viele Gemeinden hätten deswegen gerne wieder einen solchen Treffpunkt in ihren Dorfmitten, hat sich doch das Konzept von Tante M in der Praxis bereits handfest bewährt. Doch dafür braucht es natürlich auch die passenden Räumlichkeiten, verblüffenderweise ein Umstand, der nicht überall leicht umzusetzen ist, weiß Jörn Lauber. Von den vielen Anfragen, die er erhält, kommen manche schon deswegen nicht in Betracht, weil es keine passende Immobilie gibt. Ansonsten vertraut der erfahrene Kaufmann auf sein Bauchgefühl: „Ich schaue mir an, wo der Standort ist, welche wichtigen Verkehrsknotenpunkte es gibt, wo die Städte sind, wo eventuell Mitbewerber sind. Und aufgrund meiner Regionalität unterscheide ich mich von großen Ketten.“
Die großen Ketten sind für sein Konzept dabei nicht wirklich von zentraler Bedeutung. Obwohl in Zeutern derzeit nach einer Möglichkeit gesucht wird, einen weiteren Discounter am Ortsrand anzusiedeln, hat er sich dennoch für die neue Niederlassung der Tante M entschieden. Ob dieser Discounter kommen wird, steht derzeit noch in den Sternen. Wie sinnvoll dieser zusätzliche Standort in Anbetracht der nahen Filialen von Penny in Stettfeld oder dem großen Einkaufszentrum in Östringen wäre, sei an dieser Stelle unbewertet. Zeutern jedenfalls darf sich ab dem 25. Oktober auf seinen ersten kleinen Lebensmittelladen seit vielen Jahren freuen – zumal einen, der nahezu rund um die Uhr geöffnet hat: 7 Tage die Woche von 6 bis 22 Uhr, auch an Sonn- und Feiertagen.
Noch immer warten Leute aus Heidelsheim auf einen Nachfolger / Ersatz für den seit längerer Zeit geschlossenen real. Irgendwann in ferner Zukunft soll sich hier etwas tun. Wann konkret, das steht in den Sternen. Zuvor müssen eben andere vielleicht auch dringendere Probleme gelöst werden
Wie wäre es mit 7km nach Bruchsal fahren ? Und im fussläufig 2km entfernten Helmsheim gibt es mindestens einen Aldi und auch einen Lidl?! Wo ist das Problem oder geht es einfach nur ums Jammern?
Das „Tante M“ Konzept ist für Zeutern genau richtig.
Die Lage ist super zentral, so dass die nötigsten Einkäufe quasi von jedem fußläufig zu erledigen sind.
Dass nach wie vor die Ansiedlung eines Discounters forciert wird, ist unbegreiflich.
Nacht nur, dass man „Tante M“ dann direkte Konkurrenz machen würde, da die Preise beim Discounter meist etwas günstiger sind. Es gibt doch in Zeutern überhaupt keinen vernünftigen Platz. Das angedachte Gelände neben der Mühle hätte eine enorme Lärmbelästigung für die Anwohner zur Folge.
Und ein Laden am Ortsausgang (und da ist egal an welchem), sitzt dann doch fast wieder in der Nachbarschaft der Läden in den Nachbarorten. Wer einen Wocheneinkauf machen will, nimmt meist ohnehin das Auto, da ist es egal ob man noch 1-2 km weiter fahren muss.
In Stettfeld, Odenheim und Östringen gibt es jeweils direkt am Ortseingang von Zeutern kommend ein Discounter und die sind auch noch alle unterschiedlich. Man hat schon ausreichend Auswahl.
Wann versteht der Michl, dass Maschinen nicht reden können 😉. Gute Nacht ….
Tante Emma hat wenigsten in die Rentenkasse eingezahlt und man könnte noch schwätze ! Halt gar nix davon ….
Der Tonny sieht man auch nur noch bei der Eröffnung von diesem Konzept , alles andere schließt ja 😉