Abstand oder Maskenpflicht für Paare und Familien?
Karlsruher Auslegung der Allgemeinverfügung sorgt für Kopfschütteln
Ein Bericht der Kollegen der BNN sorgt derzeit für reichlich Wirbel im Netz, nicht nur in der Stadt Karlsruhe sondern zunehmend auch im umgebenden Landkreis. Dieser Artikel thematisiert die Auslegungen der Maskenpflicht im öffentlichen Raum durch die zuständige Karlsruher Behörde, sobald der Mindestabstand von 1,50 Meter nicht eingehalten werden kann. Laut Karlsruher Ordnungsamt gilt diese Pflicht demnach auch für Familien und Eheleute, um ganz pragmatisch die Einhaltung dieser Regeln in der Praxis auch kontrollieren zu können. Mal wolle so Diskussionen über Ausnahmen für Familien- und Haushaltsmitglieder aus dem Weg gehen, so Amtsleiter Björn Weiße in den BNN. (UPDATE 12:00 Uhr: Wir haben bei der Pressestelle der Stadt Karlsruhe um ein Interview in dieser Angelegenheit gebeten, eine entsprechende Rückmeldung wurde uns für den Nachmittag in Aussicht gestellt)
In den sozialen Netzwerken sorgte die hier kommunizierte Anwendung der Regelung für Unverständnis und jede Menge Unmut – die Wortwahl der diesbezüglichen Kommentare lässt an Deutlichkeit nichts vermissen. Mehrere hundert Stimmen haben sich bereits, mehrheitlich ablehnend, zu Wort gemeldet.
Doch wie wird die neue Allgemeinverfügung auf Landkreisebene gehandhabt? Wie bei jeder neuen Verfügung stehen diverse, unvermeidbare Fragen im Raum, wie manche Paragraphen in der gelebten Realität und im Alltag anzuwenden sind. Die Nachfrage bei den Ordnungsämtern in Bruchsal und Bretten ergab zumindest ein weniger drastisches Bild, als es derzeit bereits in Karlsruhe gezeichnet wird.
– Wir schreiten derzeit nicht ein, wenn Paare Arm in Arm in der Öffentlichkeit unterwegs sind oder wenn Familien nebeneinander durchs Grüne spazieren -, so die Quintessenz der Aussagen aus beiden Stadtverwaltungen. Für die genau Auslegung der neuen Allgemeinverfügung des Landkreises Karlsruhe, warte man noch auf eine praktische Handreichung, die sich konkret am Alltag orientiere.
Tatsächlich wäre eine erläuternde Hilfestellungen aus Karlsruhe zweckdienlich, schließlich gibt es ja zusätzlich zum Punkt Nummer 1 der Verordnung, der die erweiterte Maskenpflicht regelt, auch noch Punkt Nummer 7, nachdem Ansammlungen bis zu 10 Personen in Ordnung gehen.
Möglicherweise könnte eine solche Handreichung bereits heute auf den Weg gebracht werden. Auf Nachfrage bei der Pressestelle des Landratsamtes Karlsruhe versicherte man uns, das Thema heute beim runden Tisch aller Verantwortlichen auf die Tagesordnung zu setzen. Eventuelle Ergebnisse würden dann heute im Laufe des Tages kommuniziert, wir berichten gegebenenfalls an dieser Stelle nach.
UPDATE 15:03 Uhr – Stadt Karlsruhe bestätigt fragliche Regelung
Mittlerweile haben wir Antwort auf unsere Anfrage beim Presse- und Informationsamt der Stadt Karlsruhe erhalten: Demnach könne man „…für die Stadt Karlsruhe – nur bestätigen, dass die fragliche Regelung aktuell entsprechend wie verfügt gilt. Maskenpflicht gilt somit für bestmöglichen Schutz und im Sinne der Kontrollierbarkeit generell ungeachtet der Personen, die sich zusammen ohne Mindestabstand im öffentlichen Raum bewegen….“ Wie der Sprecher der Stadt weiter ausführt, gelten Ausnahmen von dieser Regelung nur für Kinder bis zum vollendeten sechsten Lebensjahr, für Personen mit einem offiziell gültigen Attest, beim unmittelbaren Verzehr von Speisen und Getränken, auf Sitzplätzen in der Gastronomie und wenigen, weiteren Punkten, die der aktuell gültigen Allgemeinverfügung der Stadt Karlsruhe zu entnehmen sind.
UPDATE 18:00 Uhr
Verschärfte Maskenpflicht auch für Familien? Ein Kommentar von Hügelhelden-Autor Philipp Martin
Dass die erweiterte Maskenpflicht in Karlsruhe aus organisatorischen Gründen auch für Paare und Familien gelten soll, mag zwar einer vereinfachten Kontrolle der Regelungen durch die Ordnungshüter dienlich sein, dürfte aber bei den Menschen aufgrund ihrer faktischen Sinnlosigkeit zu mehr Frustration und unter Umständen auch weniger Akzeptanz für die neuen Maßnahmen führen. Zwei Menschen die Minuten zuvor noch ein Bett geteilt und am gleichen Tisch miteinander gegessen haben, sollen ab Beginn Bordsteinkante Abstand halten oder Maske tragen? Ob diese, doch erhebliche Einschränkung, den Preis für etwas weniger Ansprache und Einsatz des Ordnungsamtes Karlsruhe wert ist, werden die nächsten Tage zeigen. Zwar musste die neue Verfügung aufgrund der hohen Brisanz und des daraus resultierenden Zeitdrucks einmal mehr mit der heißen Nadel gestrickt werden, dennoch bleibt zu hoffen, dass Karlsruhe hier im Sinne der Deeskalation nachjustieren wird. Ach ja, derzeit wäre übrigens die von uns gewählte Überschrift nicht nur ein netter Eyecatcher, sondern gelebte Realität in der Karlsruher Öffentlichkeit. Da zum Küssen Maske und der Mindestabstand zumindest kurzfristig fallen müssen, wäre es faktisch dieser Tage tatsächlich so: Küssen verboten.
all you need is love – liebe Grüße, euer Philipp