Keine Reifen uffm Streifen

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Theorie vs Praxis: Fahrradschutzstreifen im Kraichgau

An die Einweihung der neuen Teststrecke für den ersten außerörtlichen Schutzstreifen für Radfahrer im Kraichgau, können wir uns noch sehr genau erinnern. Es war ein schöner Tag im Mai und gleichzeitig der erste Pressetermin seit Beginn des Lockdowns im März. In beide Fahrtrichtungen wurde entlang der Kreisstraße zwischen Zeutern und Östringen je ein solcher Schutzstreifen für Radler markiert, um herauszufinden, ob dies ein gangbarer Weg für künftige Radwege im Land sein könnte.

Innerörtliche Schutzstreifen für Radler gibt es in Deutschland bereits seit Ende der 90er Jahre, die Variante außerhalb geschlossener Ortschaften war bislang nicht möglich und wird nun im Rahmen von Pilotprojekten erstmals erkundet. Obwohl besagte Wege also bereits seit über 20 Jahren gang und gäbe sind, scheinen sich aber die damit einhergehenden Regeln noch nicht wirklich herumgesprochen zu haben – egal ob innerörtlich oder außerörtlich – die Do’s und Don’ts sind (fast) die gleichen.

Zunächst mal gilt es sich aber einen wesentlichen Unterschied bewusst zu machen. Ein Radfahrschutzstreifen ist nicht das gleiche wie ein Radfahrstreifen. Demnach erkennt man einen Radfahrstreifen anhand seiner durchgezogenen Linie, ein Schutzstreifen wird durch eine gestrichelte Linie und das Piktogramm eines Fahrrades ersichtlich. Autofahrer dürfen einen Radfahrstreifen nicht befahren, er ist und bleibt tabu, darf nur überquert werden um beispielsweise das Auto in eine Parkbucht zusteuern.

Radlers only

Bei Schutzstreifen verhält es sich etwas anders. Auch hier haben Fahrradfahrer die höchste Priorität. Autofahrer dürfen aber den Streifen bei Bedarf benutzen, selbstredend aber nur dann, wenn dadurch kein Fahrradfahrer gefährdet wird. Diese zwei kleinen, netten Worte “bei Bedarf”, werden ganz offenkundig von den Kraichgauer Autofahrern sehr flexibel und in ihrem Sinne ausgelegt. (Ich habe Bedarf hier andauernd und nonstop zu fahren, also auf geht’s). Beim eingänglich beschriebenen Termin zwischen Zeutern und Östringen, verdeutlichen uns aber Vertreter des Landratsamtes die eigentliche Bedeutung dieser Formulierung. So heißt es in Anlage 3 zu Paragraph 42 Absatz 2 der Straßenverkehrsordnung: “Wer ein Fahrzeug führt, darf auf der Fahrbahn durch Leitlinien markierte Schutzstreifen für den Radverkehr nur bei Bedarf überfahren, insbesondere um dem Gegenverkehr auszuweichen. Der Radverkehr darf dabei nicht gefährdet werden.”

“Nur bei Bedarf” bedeutet also nicht, dass der Schutzstreifen dauerhaft befahren werden darf, auch dann nicht wenn kein Radfahrer darauf unterwegs ist. Kurzfristig befahren werden darf der Streifen nur dann, wenn dies unbedingt notwendig wird um beispielsweise dem Gegenverkehr auszuweichen. Dabei darf natürlich kein Radfahrer gefährdet, oder der Mindestabstand zu ihm unterschritten werden. Im Zweifelsfall muss der Autofahrer warten bis der Gegenverkehr vorbeigezogen ist.

Übrigens, auch wenn ein Radfahrer auf dem Schutzstreifen unterwegs ist, gilt ein ausreichender Mindestabstand beim Überholen. Nicht die gestrichelte Linie ist hierbei maßgeblich, sondern ein Mindestabstand von zwei Meter außerorts und 1,5 Meter innerorts.

Mehr Infos finden Sie hier:

https://www.fahrradland-bw.de/radverkehr-in-bw/infrastruktur/modellprojekt-schutzstreifen/

https://de.wikipedia.org/wiki/Radverkehrsanlage#Schutzstreifen

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2 Gedanken zu „Keine Reifen uffm Streifen“

  1. Habt ihr den Vertreter des Ministeriums auch gefragt, ob die Anlage 3 zu §42 Absatz 2 StVO, die den Fahrradschutzstreifen definiert erstmalig in einer Version der StVO beschrieben ist, die laut Verkehrsministerium BW nichtig ist?

    Diverse Rechtsexperten datieren ja die aktuell gültige StVO in die 70er Jahre.

  2. ….naja warum macht man nicht endlich Nägel mit Köpfen und eiert immer rum? Die Politik und diverse Vereinigungen möchten keinen motorisierten Individual Verkehr (sprich Auto) Alternativen zu diesem sind zwar zum Schreien mies umgesetzt aber egal , Auto und LKW verbieten für ALLE und ALLES und gut. Dann muss sich nicht ständig neue Spielchen (Fahrverbote, Streckensperrung oder pseudo Radwege ausdenken um den Individual Verkehr zu behindern). Das gesparte Geld und Zeit kann dann für Radwege – brauchen wir ja nicht mehr haben ja genug freie Straßen – und den ÖNVP ausbauen. Man könnte ja mal eine Testregion definieren z.B „Kraichgau wie 1886“ die dortigen Fahrzeuge stilllegen und Erfahrungen sammeln. Wenn man die Leute so reden hört braucht ja eh niemand ein Auto, auch wenn man drei hat…..

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