Im Garten Eden

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Frühlingserwachen im fernöstlichen Paradies – Der asiatische Garten in Münzesheim ist einer der wunderbarsten Orte im ganzen Hügelland

Der moderne Kraichgauer Garten hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Den verwilderten und wildromantischen Bauerngarten gibt es zwar im Verborgenen noch häufig, zu Schau gestellt werden aber insbesondere in den Neubaugebieten sterile viereckige und grellgrüne Rasenflächen, über die beständig Mähroboter gleiten um Mutter Natur in ihre Schranken zu weisen. Kanten werden mit dem Lineal gezogen, Blumen und Büsche – wenn überhaupt vorhanden – in strenger, geometrischer Anordnung gepflanzt. Kurzum – es ist ein Trauerspiel.

Welche Freude kann doch ein Garten bereiten, wenn man die Natur einfach ein bisschen machen lässt. Wenn man nur den Mut aufbringt, die Definition von Unkraut komplett über den Haufen zu werfen und die Ästhetik vermeintlichen Chaos zuzulassen. Das heißt nicht, sein Grundstück verwildern zu lassen, vielmehr dem allgegenwärtigen Kontrollwahn nicht nachzugeben und Wachstum und Leben zu ehren.

Wer einmal erleben möchte, welche Ruhe und Kraft ein liebevoll und demütig gestalteter Garten entfalten kann, dem sei unbedingt ein achtsamer Besuch im asiatischen Garten in Münzesheim ans Herz gelegt. Als Teil des Therapiezentrums Münzesheim wurde dieser vor etwa 40 Jahren von Patientinnen und Patienten angelegt und seither liebevoll gepflegt und entwickelt. Nach asiatischem Vorbild gestaltet, bildet dieses wahrhafte Paradies eine harmonische Symbiose aus Wasser, Stein, Kunstwerken sowie einer Vielfalt an Pflanzen und Insekten, die das empfindsame Herz sofort glücklich einen Takt höher schlagen lassen.

Wer Entschleunigung, Ruhe und – so abgedroschen das auch klingen mag – meditative Momente sucht, der wird im asiatischen Garten reich belohnt. Überall in der üppigen und wunderbar verschlungenen Architektur dieses Refugiums finden sich kleine Rückzugsorte, Bänke, Pavillons und sogar Grotten, in denen die Zeit langsamer zu verrinnen scheint. Man spürt sofort die Liebe und die Hingabe, mit der dieser außergewöhnliche Ort erschaffen wurde. Ein chinesisches Sprichwort sagt: Das Leben beginnt mit dem Tag, an dem man einen Garten anlegt. Wer diese kleine Welt, die sich so unverhofft mitten in Münzesheim findet, besucht, der weiß um die Wahrheit dieser Worte.

Das Herz des Gartens bildet ein ruhiger und von üppigem Grün umrandeter See, in dessen Mitte errichtet auf einer kleinen Insel eine chinesische Pagode steht. Davor gibt es ein Plateau mit Sitzgelegenheiten und kleinen Tischen. Dieser Ort ist allerdings den Patienten des Therapiezentrums vorbehalten. Der Rest dieser fernöstlichen Perle darf von der Öffentlichkeit besucht, erlebt und genossen werden. Es gilt unbedingt die Regeln – verewigt in gebrannter Keramik am Eingang – in jedem Fall einzuhalten und sich bestenfalls mit einer kleinen Spende dankbar und erkenntlich zu zeigen. Lärm, Hektik und jegliche Störung des Friedens dieses Ortes sind tunlichst zu unterlassen. Wenn Sie mit offenem Herzen und wachen Sinnen durch die rote Pforte des Gartens schreiten, werden Sie sofort wissen, wieso.

Nehmen Sie sich Zeit, schalten Sie das Smartphone ab, lassen Sie jede Form der Ablenkung zu Hause zurück. Wandeln Sie in Achtsamkeit die Pfade des Gartens entlang, lassen Sie alles auf sich wirken. Bestaunen Sie im Bogengang die gesammelten Artefakte, die von Stücken der Berliner Mauer, der Chinesischen Mauer bis hin zu Mondgestein und Meteoriten reichen, nehmen sie in dem hoch gelegenen Pavillon Platz und lassen Sie Ihren Blick über die herrliche Szene schweifen oder suchen Sie Ruhe im Halbdunkel der Grotten. Lassen Sie zu, dass die Magie des Gartens sie überwältigt und Sie können sicher sein, diesen Ort leichter und gelöster zu verlassen, als sie ihn betreten haben.

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