Einer von uns, einer wie keiner, ein Hügelländer von altem Schrot und Korn… Rudi “Krummholz” Zimmermann ist nicht mehr da.
Ein Nachruf von Stephan Gilliar
Als ich Rudi kennengelernt habe, war das nicht gerade Liebe auf den ersten Blick. Ich weiß noch, es war an irgendeinem Wochenende.. ich glaube Samstagmorgen gegen 7 Uhr in der Frühe. Ich schreckte wie von der Tarantel gestochen aus dem Schlaf, als Rudi direkt vor meinem Schlafzimmerfenster mit der kreischenden Kreissäge einer Holzlatte zu Leibe rückte. Damals begann er, zusammen mit einer kleinen Handvoll Gleichgesinnter, als Gründungsmitglied des Oldtimer- und Schlepperclubs Kraichtal, die alte Scheune nebenan auf Vordermann zu bringen. Meine vermutlich etwas griesgrämige Reaktion auf das frühmorgendliche Intermezzo konnte er nicht einmal im Ansatz nachvollziehen. Für Rudi war es ganz normal früh morgens mit der Arbeit zu beginnen, schließlich hat er es so sein ganzes Leben lang gehalten. Schaffen, etwas bewegen, etwas voranbringen, die Früchte ehren, die der eigenen Hände Arbeit hervorbringen. Das war Rudi… der Mann, den alle nur Krummholz nennen. Über all die Jahre, die er direkt nebenan mit meiner alten Scheune geschafft hat, konnte ich ihn besser kennen- und auch schätzen lernen. Lassen Sie mich es so ausdrücken…Wenn man im Lexikon exemplarisch einen echten Kraichgauer abbilden wollte, wäre Rudis Foto die absolut erste Wahl. Eigensinnig, dickköpfig aber auch loyal, prinzipientreu und herzensgut bis ins Mark. Seine Geschichte hat er mir schon vor ein paar Jahren erzählt, daher möchte ich Sie heute und hier noch einmal erzählen:
An den Tag, an dem aus ihm der “Krummholz” wurde, kann sich Rudi nicht mehr erinnern. Vermutlich weil es einen solchen Tag gar nicht wirklich gegeben hat. Dieser Name war Rudi quasi in die Wiege gelegt, waren doch sein Vater, sein Großvater und sogar sein Urgroßvater bereits ihrerseits “der Krummholz”. Dieser Uzname war Männern zu eigen, die das Gewerbe des Wagners ausübten – einer jener vielen Berufe die schon längst unter die Räder der Zeit gekommen sind. Räder waren es auch, mit denen sich Wagner, oder auch Stellmacher, tagtäglich beschäftigten. Neben diesen stellten sie auch viele weitere landwirtschaftliche Geräte aus Holz für die tägliche Feldarbeit her. Vor dem Siegeszug von Traktoren und Schleppern, einer der wichtigsten Berufe überhaupt auf dem Land.
Rudi Zimmermann wurde am 30. Juli 1932 in Oberöwisheim direkt in eine solche Wagner-Dynastie hineingeboren. Es war das Jahr als Paul von Hindenburg zum deutschen Reichspräsidenten wiedergewählt wurde, ein blutiger Umsturz die Monarchie in Siam beendete, die erste deutsche Autobahn eröffnet wurde und Amelia Earhart als erste Frau im Alleingang den Atlantik überflog.
Oberöwisheim war damals ein kleines Bauerndorf, wie es ländlicher nicht hätte sein können. Es gab keine Wasserversorgung, nur eine holprige Straßenanbindung über Schotterpisten und erst drei Jahre zuvor kam 1929 der elektrische Strom in die Häuser der Menschen. Bauernhöfe und kleinlandwirtschaftliche Betriebe waren damals noch nicht außerhalb der Dörfer angesiedelt, sondern noch direkt in den Ortskernen zu finden. Auch Rudis Eltern hatten einen solchen Hof im Herzen Oberöwisheims. Morgens in aller Herrgottsfrühe kümmerte man sich um das Vieh, um anschließend den ganzen Tag in der Wagnerei zu arbeiten. Ob nun ein Nachbar einen neuen Stil für seine Sense brauchte oder ein Rad am Ochsenkarren gebrochen war, die Zimmermanns erledigten jede dieser Aufgaben mit Bravour.
Damals war es gang und gäbe, dass auch Kinder im elterlichen Betrieb mitarbeiten und so half der kleine Rudi bereits im Alter von weniger als 10 Jahren aus, wo er konnte. An einem unglücklichen Sommertag, Rudi war gerade dabei, die Deichsel eines Fuhrwerks hochzuschlagen, löste sich selbige von alleine und trennte ihm den Zeigefinger der rechten Hand ab. Obwohl einer der beiden Autobesitzer im Dorf Rudi, auf einer Sprudelkiste sitzend, nach Bruchsal in die Klinik fuhr, konnte der Finger nicht mehr gerettet werden. Seither war diese markante Narbe sowie sein Spitzname Rudis Markenzeichen. Vom Arbeiten abgehalten hat ihn der fehlende Finger aber nie. Nach seiner Lehre von 1947 bis 1950 arbeitete Rudi bei mehreren Baufirmen in Bruchsal und brachte es dabei bis zu einer Stellung, die man am ehesten mit einem Polier vergleichen könnte.
Die Arbeit hat Rudi Zimmermanns ganzes Leben von jeher geprägt. Noch im hohen Alter stand er jeden Morgen auf, um zu schaffen und mit anzupacken. Entweder werkelte er an seiner großen Sammlung an alten Traktoren oder er arbeitete gemeinsam mit seinen Kameraden der Oldtimer- und Schlepper-Freunde Kraichtal.
Bei unserem Gespräch damals hat er mir anvertraut, dass wenn er irgendwann beim Schaffen zusammenbrechen und den letzten Gang antreten sollte, es okay für ihn wäre. Dann wäre er gestorben, wie er gelebt habe – mehr wollte er ohnehin niemals.
Nun ist Rudi gestorben. Im hohen Alter von 91 Jahren am Ende doch schnell und überraschend gegangen. Die letzte Zeit verlebte er in einem Seniorenheim in seinem Heimatdorf Oberöwisheim, konnte zum Schluss nicht mehr beherzt anpacken und wenn ihm danach war, morgens um 7 Uhr die Kreissäge anwerfen. So ist sein Tod zwar traurig, aber dennoch auch der konsequente und stimmige Epilog in der Geschichte eines Mannes, der zeitlebens immer genau wusste, was er wollte. Der etwas von Dauer schaffen, etwas bewahren wollte. Das ist ihm gelungen.
Ruhe in Frieden, lieber Rudi. Für immer in unserer Erinnerung. Für immer Krummholz.
Sehr schön, hätte ihm gefallen.
Mach’s gut Rudi
Vielen Dank, Herr Gilliar,
für denn wunderschönen Artikel.
Genau so war er, man hätte es nicht besser beschreiben können.
LG Antje Reis (Tochter)
Ich durfte Ihn vor ca. 30 Jahren auch kennenlernen. Auf vielen Oldtimer Schleppertreffen haben wir uns getroffen und gefachsimpelt. Es bleiben die schönen Erinnerungen. Mach es gut Rudi
Ruhe in Frieden Onkel Rudi
Lieber Rudi,
wir behalten dich immer in guter Erinnerung, dein Lachen, dein guter Geist, deine positive Einstellung zum Leben, es ist schön, dass wir dich kennenlernen durften.
Ruhe in Frieden
Lisa, Horst, Bettina, Sabrina und Pascal
Mit Herrn Gilliars Lobeshymne auf Rudi Zimmermann gehe ich in allen Aussagen konform. Durfte ich Rudi und seine liebe Helma doch während meiner über 40jährigen Tätigkeit als Arzthelferin in der örtlichen Arztpraxis von Dr. Hahn betreuen. In den vielen Jahren war er als Patient und Mensch immer liebenswert und einzigartig. Mach’s gut, Rudi
Nichts ist mehr wie es war!
Rudi, du warst das A und O unserer Schlepperfamilie, der Schaffer, der Motor.
Ohne dich gäbe es die Kraichtaler Oldtimer- und Schlepperfreunde in dieser Form nicht. Du warst mir ein super Mitstreiter!
Dem Bericht ist nichts hinzuzufügen.
Ein letzter Gruß
Robert
Und wieder ist ein herzensguter tierliebender Mensch gegangen. Du wirst allen anderen guten Menschen im Himmel eine willkommene Bereicherung sein. Eine Nachbarin.
Wunderbar diese wahre Geschichte!Es ist herzerwärmend ,dass es solche Menschen gab und immer noch gibt.
Glauben wir an das Gute ,von der anderen Seite haben wir genug.
Als ich 2014 zu den Schlepperfreunden kam und in der Dienstagsgruppe den 82 jährigen Rudi kennenlernte, konnte ich nicht glauben wie jemand in diesem Alter noch soviel Arbeitskraft, Leidenschaft, Ehrgeiz und Freude für sein Hobby aufbringen kann. Er war auch unser Fachbuch über die Landwirtschaft und Gerätschaften. Auch bei den letzten Ausfahrten im Anhänger sehe ich noch das Strahlen im Gesicht und das Leuchten in seinen Augen, das werde ich nie vergessen und sehr vermissen.
Lieber Onkel Rudi,
ich habe Dich als freundlicher und hilfsbereiter Mensch kennenlernen dürfen.
Du warst ein „Süßer“. Kuchen, Eis hat Du gerne auf Familienfeiern genossen.
Du warst ein Familienmensch, ein Schaffer, ein Macher.
Auch für Dein Neffe Klaus warst Du ein Vorbild, er hat viel von Dir gelernt.
Jetzt hast Du uns verlassen und wir bleiben traurig zurück.
Mögest Du in Frieden ruhen. Machs gut !!!!
Klaus, Heidrun und Niklas
Lieber Rudi
Wir gingen Jahrelang zusammen ins Thermalbad nach Langenbrückenund du warst immer sehr angenehm und hilfsbereit hast unseren Schubkarren unseren Leiterwagen sowie einen Heurechen repariert dafür sind wir dir heute noch dankbar.
Machst gut Rudi
Helmut und Emmi Roth aus Stettfeld
Lieber Rudi,
du hast in Zeutern unseren Weinstock geschnitten und mir gezeigt worauf es ankommt. Ohne dich hätte es keine Trauben gegeben. Mach es gut. Es werden viele dich vermissen. Dein Lachen, deine Herzlichkeit, deine positive Ausstrahlung.
Ich hab ihn leider nicht gekannt, aber Bericht und Kommentare lassen mich wissen, dass ich im Leben mal wieder was verpasst habe.
Wo immer er jetzt ist, möge es ihm gut gehen!!!
Wer ihn kannte dem wird erst jetzt bewußt ,was für einen tollen Menschen diese Welt verloren hat. Morgens früh raus und Abends aber auch früh zu Bette so kannten wir ihn, seine Kinder. Urlaub war ein Fremdwort für ihn. So bestand seine Abwechslung zur Arbeit darin entweder mit seinem Musikverein oder mit seinen Schlepperfreunden unterwegs gewesen zu sein. Ich glaube es gibt kaum einen Menschen der ein böses Wort über Ihn verlieren könnte. Dafür war er einfach zu gutmütig. Und nun ist er einfach nicht mehr da ,um das richtig zu begreifen wird noch viel Zeit vergehen. Habe es schön egal wo Du dich jetzt befindest. Danke auch noch an Herrn Gilliar für diesen wunderschönen Artikel zu Rudi.