Brennen für Bretten

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Mit 24 Jahren will Jana Freis noch in diesem Sommer Oberbürgermeisterin ihrer Heimatstadt Bretten werden

von Stephan Gilliar

Pink wie ein Cupcake leuchtet Jana Freis Sakko im hellen Studiolicht der Redaktion. “Ich liebe Sakkos“, sagt Jana, „damit ist es leicht elegant auszusehen”. Ja, elegant sieht sie aus, farbenfroh, strahlend und dazu sehr jung. Man kann sich dieser ersten spontanen Beobachtung einfach nicht erwehren, es ist einfach das Attribut, das an Jana zuerst auffällt, regelrecht ins Auge springt. Jana sieht jung aus und sie ist es auch. 24 Jahre ist sie alt und will noch in diesem Jahr Oberbürgermeisterin ihrer Heimatstadt Bretten werden. Eine Stadt, der derzeit mit Martin Wolff noch ein 66-jähriger Mann vorsteht – die Dimension dieses Paradigmenwechsels wäre jedenfalls beachtlich.

“Ich bin jung, aber nicht zu jung“, sagt sie darauf angesprochen, eine Antwort, die sie mit Sicherheit nicht zum ersten Mal gibt. Manch einer würde ihr hier sicher widersprechen, fehlende Erfahrung ins Feld führen und damit dieses schnelle Urteil abstempeln und abheften. Aber diese Betrachtungsweise greift zu kurz, ist im Grunde sogar eine Art von Diskriminierung. Sie ist genauso unangebracht wie einem alten Menschen jedwede Qualifikation abzusprechen, nur weil er alt ist. Doch das Alter ist nur ein Attribut von vielen, was in Wahrheit zählt, sind Wille und Befähigung. Am Willen fehlt es Jana Freis nicht, sie will Oberbürgermeisterin werden, sie will etwas bewegen, will etwas verändern, will die Dinge voranbringen. Sie will das alte Bretten fit für die Zukunft machen, die Digitalisierung vorantreiben, den Dialog mit den Bürgerinnen und den Bürgern auf eine neue Ebene heben, die Stadtteile besser einbeziehen und durch eine Stärkung von Kultur, Vielfalt und Identität die Stadt attraktiver für Menschen und Unternehmen machen. Wie sie diese Ziele konkret erreichen möchte, geht aus den auf ihrer Webseite formulierten Ambitionen noch nicht hervor – muss es auch (noch) nicht. Im Wahlkampf ist es zunächst einmal wichtig, das Reiseziel zu benennen und nicht die genaue Reiseroute, genauso handhaben es die anderen Bewerber um das höchste Amt der Stadt Bretten auch.

Im Interview, das wir mit Jana in der Hügelhelden-Redaktion führen, wird völlig klar: Sie möchte das wirklich, sie brennt regelrecht. Sie hat klare Ideen und Vorstellungen davon, wie sie als Oberbürgermeisterin ihr Bretten gestalten und verwalten möchte. Sie möchte auf Dialog setzen, auf einen kooperativen Stil, auf Gemeinsamkeit bauen und sich nicht auf jene Dinge konzentrieren, die trennen, die blockieren, die verhindern. Sie will machen, einfach machen.

Wenn es also nicht am Willen mangelt, bleibt noch die Frage nach der Befähigung. Sich selbst bezeichnet Jana als “politisch versiert, erfahren und vernetzt”. Tatsächlich kann die 24-jährige auf ein abgeschlossenes Jurastudium mit dem Schwerpunkt Verwaltungsrecht verweisen, zudem auf zehn Jahre als Mitglied des Jugendgemeinderates, ein Teil davon sogar im Vorstand des Dachverbandes der Jugendgemeinderäte Baden-Württembergs. Dazu kommen ein paar Praktika. Ob das ausreicht, um einer großen Kreisstadt wie Bretten als oberste Amtsträgerin vorzustehen? Out of the box schwerlich, denn es geht ja nicht nur darum, das Regelwerk zu kennen, sondern auch ein Stück weit darum, das große Spiel schon einmal gespielt zu haben. Als Oberbürgermeisterin einer 30.000-Seelen-Stadt gilt es nicht nur das formale Prozedere und das Verwaltungs-ABC zu beherrschen, sondern auch Krisen zu meistern, in Disputen Position zu beziehen und zu halten, hin und wieder sogar einen ausgewachsenen Shitstorm zu überstehen. Diese Form der Erfahrung kann tatsächlich eher nur das Alter und die damit einhergehende Lernkurve bringen, der Wille allein ist hier vermutlich nicht ausreichend.

Ist das nun das Totschlagargument, um Jana Freis die eigene Stimme zu verweigern? Mitnichten. Denn wenn wir uns nun die Vorbehalte und die nachteiligen Aspekte ihres jungen Alters vor Augen geführt haben, so gilt es auch unbedingt die Vorzüge aufzuzeigen. Den jung sein bedeutet auch frische Ideen mitzubringen, mit randvoll geladenen Batterien etwas bewegen zu wollen, etwas bewegen zu können. Es bedeutet idealerweise die Welt nicht auf ausgetretenen Pfaden zu durchwandern, nicht in verkrusteten Strukturen verhaftet zu sein und der Zukunft aus einer neuen und gerne auch unorthodoxen Position heraus zu begegnen, die den Älteren im Kielwasser der eigenen Betriebsblindheit oft überhaupt nicht mehr zugänglich ist. Kurzum, Janas Alter und Janas Blickwinkel könnten auch eine Chance sein, um Bretten in einer Weise zu gestalten, die bislang vielleicht noch niemand auf dem Schirm hat.

Zugegeben, es ist ein großes “könnte”, ein “könnte” mit vielen Fragezeichen. Aber es ist auch durchaus etwas dran, wenn Brettens Stadtrat Tom Rebel Jana Freis als -Wildcard- in diesem Wahlkampf bezeichnet. Zumindest hat Jana das möglicherweise größte Potenzial diese Stadt zu überraschen, denn ihre Mitbewerber haben als erfahrene Verwaltungsprofis vermutlich durch eben diese Erfahrung einen gewissen “Modus Operandi” entwickelt, von dem sie in der Regel nicht gänzlich abweichen werden. Ob das gut oder schlecht ist, ist eine Frage des Standpunktes.

Wer Jana Freis wählt, setzt jedenfalls auf einen bislang völlig unbekannten Player, das kann klappen, muss es aber nicht. Es ist eine Wette mit hohem Einsatz, aber auch hoher Quote, eine Wette für welche Jana die Menschen in der großen Kreisstadt Bretten in den verbleibenden drei Monaten bis zur Wahl am 7. Juli begeistern und überzeugen muss. Dabei wird sie über sich hinaus wachsen, aber auch an Grenzen stoßen. Wer auf sie setzt, bekommt vielleicht eine großartige Oberbürgermeisterin, vielleicht aber auch eine Gipfelstürmerin, die von den gnadenlosen Lawinen rauer politischer Realitäten überrollt wird. Ob sie diese “Wildcard” spielen wollen, müssen sie alleine entscheiden – am 7. Juli kommt ihre Chance.

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2 Gedanken zu „Brennen für Bretten“

  1. „Pink wie ein Cupcake“.. Im Ernst?
    Würdet Ihr diese Attribute auch einem jungen Bewerber aufdrücken…
    „Der Anzug blau wie eine Heidelbeere“ vielleicht?
    Ich finde solche Beschreibungen besch.. eiden, nur weil Kandidaten jung sind.
    Viel Glück bei der Wahl!

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