Staubwischen im Düsenjet oder Fensterputzen in der Concorde?
In Sinsheim läuft derzeit das ganz große Großreinemachen
Bald ist es wieder soweit. Wenn die helle Frühlingssonne durch die vom Winter trüben Fenster in unsere heiligen vier Räume fällt, wird uns schlagartig klar, wie dreckig die eigene Bude in den letzten Monaten geworden ist. Dann hilft nur eines: Putzeimer und Staubwedel schnappen – ab geht’s zum Frühjahrsputz. Staubwischen, Saugen, Fensterputzen… schön ist anders, aber was muss das muss.
Doch egal wie gründlich sie ihre Bleibe auch auf Vordermann bringen mögen, nichts reicht an den XXL-Frühjahrsputz heran, der in diesen Tagen im Technik Museum in Sinsheim veranstaltet wird. Ja, auch die gigantischen Exponate auf und über dem großen Gelände sowie in den weitläufigen Hallen müssen von Zeit zu Zeit gereinigt werden, der Aufwand dafür ist beachtlich.
Heute zum Beispiel ist Robert mit seiner Crew an Bord der Concorde, die auf stählernen Säulen über dem Hauptgebäude des Museums in den Sinsheimer Himmel ragt. Seit knapp 20 Jahren thront der mächtige Vogel nach seinem letzten Flug nach Baden-Baden und der spektakulären Autobahnfahrt nach Sinsheim über dem Museumsgelände und ist dort natürlich allen Elementen ausgesetzt. Der Feinstaub von der A6 legt sich auf die weiße Außenhaut, Vögel und Insekten schonen das alte Überschallflugzeug auch nicht wirklich und Wind und Wetter tun ihr übriges, erzählt Robert, der schon seit über 22 Jahren im Technik Museum arbeitet. Derzeit entfernt er mit seinen Jungs im Inneren der mächtigen Maschine die Plexiglas-Abdeckungen, saugt die alten Sitze, die Waschräume und das Cockpit der 1976 in Dienst gestellten Concord.
Der rege Besucherstrom, der sich jeden Tag durch den wirklich engen Mittelgang des Flugzeugs schiebt, hinterlässt seine Spuren. Kratzer, Dreck und Ablagerungen sind die Folge. Dazu kommt achtlos weggeworfener Müll und hier und da auch Vandalismus – z.B. Botschaften mit dem Filzstift oder fragwürdige Versuche, ein authentisches Souvenir zu ergattern.
Richtig spannend wird es aber in der nächsten Woche, wenn die Außenhülle der Concorde in Angriff genommen wird. Mit riesigen und massiven Kranwagen werden Robert und sein Team dann dem alten Flugzeug, das fast 15.000 Flugstunden auf dem Buckel hat zu Leibe rücken. Das Ganze kann schon mal ein bis zwei Wochen dauern – je nach Wetter und Windverhältnissen – schließlich arbeitet die Crew in großer Höhe. Irgendwann in den nächsten Jahren steht dann auch eine komplette Revision auf dem Programm. Auch wenn man es sich nicht vorstellen kann, soll die Concorde dann von ihren Stützen geholt werden um am Boden einmal komplett überholt zu werden. Klingt nach einer unlösbaren Aufgabe, jedoch nicht für die Crew des Technik Museum, die mit Aktionen dieser Größenordnung seit Jahrzehnten vertraut ist.
Während oben an Bord der Concorde fleißig geputzt wird, herrscht auch in den großen Hallen des Museums reges Treiben. Schon seit November ist Matze hier mit seinem Hubsteiger unterwegs um den Schmuckstücken in der Ausstellungshalle wieder neuen Glanz zu verleihen. Hubschrauber, Panzer, Straßenkreuzer oder ganze Flugzeuge – für Matze kein Thema. Konzentriert und routiniert arbeitet er sich durch die Vielfalt der hier ausgestellten Exponate. Stolz zeigte er auf die über ihm schwebende Tante Ju, die tatsächlich kaum wieder zu erkennen ist. Wochenlang hat er alleine an der bald 100 Jahre alten Propellermaschine gearbeitet, deren geriffelte Oberfläche deutlich anspruchsvoller in der Pflege ist. Mühsame Kleinarbeit, deren Ergebnis sich sehen lassen kann.
Den Frühjahrsputz im Museum empfindet trotz des Umfangs niemand aus den Reihen des Teams als unangenehm, ganz im Gegenteil.. Sogar aus Neuseeland trudelte neulich die Bewerbung eines hauptberuflichen Stewards ein, der sich als Saisonkraft für das regelmäßig stattfindende Reinigungsritual beworben hatte. Die vielen Schmuckstücke in Sinsheim haben schließlich reihenweise Fans, die Ihnen gerne einmal etwas näher kommen würden und sei es auch mit Putzlappen, Schwamm und Seife.
