Eppingen isch a schees Pflaschter!

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Teile des regionalen Einzelhandels befinden sich längst auf dem Rückzug, doch Geschäftsmann Oliver Spiess möchte seine Verkaufsfläche in Eppingen dagegen verdoppeln

Augenfällig steht es nicht allzu gut um den innerstädtischen Einzelhandel, weder in der Stadt, noch auf dem Land. Die Schieflage der großen Warenhauskette Galeria Karstadt ist dabei nur ein Mosaiksteinchen, der Exodus ist allgegenwärtig. Ende Dezember verkündete das seit 1804 in Heilbronn zum Stadtbild zählende Modehaus Palm sein Ende im Sommer diesen Jahres, in Bruchsal gingen erst vor wenigen Tagen die Lichter in einem der größten Supermärkte der Stadt aus und der große Biomarkt im Sinsheimer Zentrum ist ebenfalls am Ende. ”Viele Einzelhandelsgeschäfte haben in den vergangenen zehn Jahren schließen müssen und es wurde versäumt, der Innenstadt neue Attraktivität einzuhauchen”, so Wolfgang Palm exemplarisch in einer Pressemitteilung zum Ende nach 220 Jahren.

Oberbürgermeister Klaus Holaschke, Oliver und Henri Spiess, Architekt Klaus-Peter Ehehalt

Auch in Eppingen könnte die Lage rosiger sein. Vor einigen Monaten zog der Buchhandelsriese Osiander nach nur wenigen Monaten die Reißleine, in die leerstehenden Räumlichkeiten ist zwischenzeitlich ein Optiker eingezogen. Weiterhin leer steht dagegen das aufwändig zum Bäckerei-Café umgestaltete ehemalige Kaufhaus Gelbarth in der Brettener Straße und auch das Cafe Müller am Marktplatz in bester Lage schloss schon vor geraumer Zeit. Kleiner Spoiler: Für beide Objekte zeichnet sich derzeit eine Lösung ab, welche aber zu einem späteren Zeitpunkt kommuniziert werden soll.

Dass Eppingens Innenstadt viel Potenzial und eine gute Zukunft vor sich hat, davon ist Geschäftsmann Oliver Spiess jedenfalls restlos überzeugt. “Eppingen isch a schees Pflaschter!” sagt er und führt vor Vertretern der Stadt und der regionalen Medien die Pläne für ein weiteres Upgrade seines Modegeschäftes aus. Unter dem Namen “Spiess 4.0” will er seine Geschäftsflächen in der Brettener Straße Nummer 12 um ein weiteres Stockwerk erweitern. Die entsprechenden Arrangements habe er mit seinem Vermieter, dem ebenfalls anwesenden Eppinger Architekten Klaus-Peter Ehehalt, bereits unter Dach und Fach, so Oliver Spiess. Zwar noch nicht schriftlich, aber er stehe für den Grundsatz ”Ein Mann, ein Wort“, so Karl-Peter Ehehalt im weiteren Laufe des Pressegesprächs.

Wie gut man sich unter den Lenkern und Gestaltern der Eppinger Innenstadt versteht, daran ließen alle Akteure überdies keinerlei Zweifel aufkommen. Eine gute Stunde lang schüttelte man sich die Hände, klopfte sich verbunden auf die Schultern und bescheinigte sich gegenseitig Engagement, Einsatz und Hingabe für Eppingen. “Ich sehe eine lebendige, attraktive, aktive Innenstadt“, versicherte Oliver Spiess Oberbürgermeister Klaus Holaschke, oder vielmehr – dem Klaus. Klaus wiederum versicherte dem Oliver seine Unterstützung, formulierte lediglich zwei Wünsche: So möge Eppingen endlich den Status als Mittelzentrum erhalten, den es faktisch bereits erreicht habe und – die leichte Kritik hinter diesen Worten wurde nicht näher erläutert – eine stärkere Handelsgemeinschaft in Eppingen. Tatsächlich gibt es in der Stadt mehrere Akteure, die sich für eine lebendige Innenstadt und einen lebendigen Einzelhandel engagieren, z.B. der Verein für Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing Eppingen e.V und den Handels- und Gewerbeverein Eppingen 1849 e.V.. Wie war das noch mit den Köchen und dem Brei?

Dass Oliver Spiess meint, was er sagt, steht jedenfalls völlig außer Zweifel. Seit Jahren engagiert sich der Unternehmer in der Fachwerkstadt, hat zwischenzeitlich mehrere Niederlassungen in der Kernstadt, setzte sich für deren Weiterentwicklung ein. Für mustergültig befindet er die Umgestaltung der beiden großen Adern Eppingens, der Brettener Straße und der Bahnhofstraße sowie dem historischen Marktplatz an deren Schnittpunkt. Das Parkhaus in der Wilhelmstraße ist für ihn ein GameChanger gewesen, das intensive Bemühen der Stadt um mehr Kultur und Unterhaltung, beispielsweise dem tatsächlich äußerst erfolgreichen “Sommer in der Stadt” auf dem ehemaligen Gelände der Eppinger Gartenschau, tut ihr übriges. Im kommenden Sommer möchte Oliver Spiess daher das Sommerfestival Eppingen in Kooperation mit der Stadt als Partner unterstützen und die Veranstaltungsreihe auch für die Außendarstellung seiner eigenen Geschäfte nutzen.

Ein besonderes Bonbon verspricht er zudem allen auswärtigen Kunden, die mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nach Eppingen zum Einkaufen kommen. Wer in seinem Modehaus künftig einkauft, kann sich die Fahrt mit der Stadtbahn zu 50 % direkt an der Ladenkasse bezuschussen lassen, das zweistündige kostenfreie Parken bleibt überdies ebenfalls erhalten. Zu guter Letzt kündigte er auch eine Charity Aktion im Schulterschluss mit Oberbürgermeister Klaus Holaschke an, deren Eckdaten zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch nicht bekannt sind.

Bald schon sollen die Umbauarbeiten in der Brettener Straße Nummer 12 beginnen. Diese bergen auch immense logistische Herausforderungen, wie Architekt Karl-Peter Ehehalt ausführt. So soll die Betonfassade aufgeschnitten werden, um die Fensterfront aus dem Erdgeschoss auch im Obergeschoss fortzuführen. Dazu gibt es eine Art Lichthof vom EG ins OG und sogar – so wie es früher einmal war – eine direkte Verbindung der Brettener Straße zur parallel verlaufenden Wilhelmstraße.

An Karl-Peter Ehehalt kommt man in Fragen der Eppinger Stadtentwicklung ohnehin nicht vorbei, dessen Familie ist seit unzähligen Generationen mit der Stadt verbunden, zählt quasi zu den Big Playern. Nicht nur die “Breddemer 12” gehört in das Portfolio der Architekten-Familie, sondern auch das schöne weiße Gebäude fast daneben, das früher einmal das Kaufhaus Gelbarth beheimatete. Das hier ursprünglich angesiedelte Bäckerei-Café ist schon seit vielen Monaten Geschichte, doch ein Nachfolger scheint bereits gefunden. Offenbar geht es wieder in die gastronomische Ecke, mehr möchte Karl-Peter Ehehalt aber (noch) nicht verraten. Auch am Marktplatz könnte zeitnah wieder ein gastronomischer Player einziehen, was den Leerstand in der Stadt auf ein sehr überschaubares Minimum reduzieren würde.

So scheint es zwar weiterhin ein dynamisches Kommen und Gehen in der innerstädtischen Entwicklung Eppingens zu geben, doch vielleicht muss sich in einer Zeit des Wandels jede Stadt noch viele Male neu erfinden- lebendig und aktiv bleiben, um bestehen zu können. Oliver Spiess ist sich da ganz sicher: “Wir sind weiterhin vom Standort Eppingen mehr als überzeugt. Der Handel, die Gastronomie und die Möglichkeiten des Tourismus bringen Vorteile für alle Beteiligten.” sagt er und stößt mit seinem Sohn Henri, Klaus und Karl-Peter auf das nächste Kapitel “Spiess 4.0” an.

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