Ein Bäcker ohne Ofen

|

Um seine Bäckerei in Oberöwisheim fortführen zu können, braucht Björn Pfeifer dringend einen neuen Ofen, doch das ist gar nicht so einfach

Die kleine Landbäckerei – sie könnte schon bald auf der Liste für bedrohte Arten landen. Allein in Baden-Württemberg sind in den letzten Jahren rund 30 % aller kleinen Bäckereien verschwunden, jedes Jahr werden es rund 100 weniger. Die Gründe sind vielfältig, allen voran ist es ein Wandel im Verhalten der Kundschaft. Viele Menschen kaufen Brot und Brötchen eben im Supermarkt, verbunden mit ihren restlichen Einkäufen. Es ist aber auch der fehlende Nachwuchs in der Branche – Bäcker zu sein ist ein knüppelharter, anstrengender und entbehrungsreicher Beruf. Das weiß niemand besser als Björn Pfeifer, der wie schon sein Vater zuvor, zeitlebens Bäcker ist. Gerade einmal sechs Stunden Schlaf bekommt er durchschnittlich, aufgeteilt in zwei Schlafphasen von jeweils drei Stunden. “Los geht’s in der Backstube um 1 Uhr am Morgen, dann lege ich mich von 11 Uhr bis 14 Uhr ab und gehe dann um 10 Uhr abends für noch mal drei Stunden ins Bett” erzählt der 51-jährige mit schiefem Grinsen und fügt hinzu: “Als ich jung war, ist mir das deutlich leichter gefallen als heute”. Er kann nachvollziehen, dass viele junge Menschen sich gegen diese Arbeitszeiten und den vergleichsweise geringen Lohn entscheiden. “Einmal war ich so müde, dass ich in der Pizzeria mit einem Stück Pizza im Mund im Sitzen eingeschlafen bin” lacht der hünenhafte Bäcker durch die warme Backstube.

Trotz allen Widrigkeiten brennt der gelernte Bäckermeister für seinen Beruf, hat in den letzten Jahren damit begonnen die kleine Bäckerei in der ruhig gelegenen Bachstraße am Owerroisa Ortsrand in eine Holzofenbäckerei umzuwandeln. Dafür hat er mit eigenen Händen einen Holzofen gebaut, sich das Schweißen beigebracht, alles in Gedanken ersonnen und im Do-it-yourself-Verfahren Wirklichkeit werden lassen. So backt Björn jeden Morgen, wenn sogar die Hähne noch tief und fest schlafen, in einem kleinen Zelt vor seiner Bäckerei Brote, Brötchen, Baguettes und Kuchen nur mit der Hitze echten Feuers auf blankem Stein.

Bisher diente dieser Ofen als Provisorium und Ergänzung der eigentlichen Backstube nebenan, doch zweierlei Umstände zwingen Björn Pfeiffer nun zum Handeln: Zum einen weiß er genau, dass die Zeit der 0815-Landbäcker längst vorbei ist und nur der überlebt, der sich mit außergewöhnlicher Qualität und einem besonderen Konzept durchzusetzen vermag. Zum anderen hat das Herz der Pfeiferschen Backstube in letzter Zeit Aussetzer und droht in Kürze ganz stehenzubleiben: Der fast 40 Jahre alte Backofen, den Björn – nach dem, durch einen Schlaganfall herbeigeführten Ende der Bäckerei seines Vaters in Oberacker übernommen hat, liegt in den letzten Zügen. “Immer häufiger fällt der alte Geselle aus, ist leider nicht mehr reparabel” erzählt Björn und lehnt sich liebevoll an den schweren Kameraden mit den vier großen Türen.

Ein neuer Ofen muss her und weil der Wandel zu Holzofenbäckerei bereits weit vorangeschritten und alternativlos ist, muss es natürlich ein Holzofen sein. Doch nicht irgendeiner darf es sein, hier kennt der erfahrene Bäckermeister keine Kompromisse. “Ich weiß genau was ich will, viel Wärme-Speicherkapazität auf wenig Fläche” stellt Björn fest und umreißt seine Pläne für das neue Herzstück der kleinen Backstube. Ein großer Holzbackofen “von der Stange” wäre für die kleine Bäckerei sowieso nicht stemmbar. Die Preise dafür liegen im Bereich eines kleinen Häuschens, 200.000 € kann eine solche Gerätschaft durchaus kosten. Illusorisch, eine solche Summe in der Zeit, die Björn Peifer in seinem aktiven Berufsleben bleibt, jemals zurückzuzahlen. Sein eigener Entwurf wäre nicht nur effizienter und effektiver für ihn, sondern würde auch nur die Hälfte kosten.

Knackpunkt an seinen Plänen ist allerdings derzeit die Umsetzung. Versicherung, Baurecht, Brandschutz – durch die asnpruchsvollen Regelungen, traut sich kaum ein Ofenbauer Björn Pfeifers komplexes Vorhaben umzusetzen. Mit einem Anbieter war er schon fast soweit, doch kurz vor Baubeginn, sagte dieser das Projekt kurzfristig aus Termingründen ab. Aktuell führt Björn daher Gespräche mit einen Betrieb, der sich auf Pelletöfen konzentriert und von Björns Konzept überzeugt ist. Um seinen Wunsch Wirklichkeit werden zu lassen, muss der Bäckermeister derzeit auf vielen Hochzeiten gleichzeitig tanzen, schließlich läuft der reguläre Betrieb der Backstube weiter. Um die notwendigen Genehmigungen für den Betrieb seines höchst eigenen Ofens zu erhalten, arbeitet er mit allen Instanzen Hand in Hand zusammen. Dazu gehört ein guter und sachlicher Austausch mit dem Schornsteinfeger, de Behörden und dem Ofenbauer: “Es soll ja alles seine Richtigkeit haben und am Ende gut funktionieren” weiß Björn Pfeifer genau.

Ob sein Projekt genau so umgesetzt werden kann, wie er es sich wünscht, lässt sich derzeit noch nicht zu 100% vorhersagen. Man kann Björn Pfeifer dafür allerdings nur beide Daumen drücken, denn eine Alternative dazu gibt es für ihn nicht. “Es gibt nur eine Richtung, nach vorne” stellt Björn fest und macht sich wieder an die Arbeit. Es gibt viel zu tun, denn wo für uns Normalsterbliche die Tage enden, beginnt für die Bäcker bereits die nächste Runde. Wie sagt ein altes deutsches Sprichwort: Brot essen ist keine Kunst, Brot backen aber schon.

Vorheriger Beitrag

Suche Bleibe – Zahle alles

20 Jahre Bürgerbüro Gondelsheim

Nächster Beitrag