Die Tage der toten Enten

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Mit der Eisenbahn durch das Katzbachtal – Vor fast 130 Jahren dampfte der erste Entenköpfer durch den Kraichgau

Da steht er wieder, der alte Entenköpfer, dort wo er früher zu Hause war. Wo er jeden Tag mehrfach in beide Richtungen dampfte, Menschen ganz entschleunigt und im Bummel-Tempo zwischen Bruchsal und Odenheim hin und her fuhr. Sein Dampfkessel ist ein altes Weinfass, der Führerstand aus Sperrholz, das Dampfrohr aus bemaltem Kunststoff. Geschaffen wurde die liebevolle Hommage an die alte Dampflok von den Mitgliedern des Vereins “Kinderspielplätze für Odenheim”, kräftig unterstützt von den Kindern aus der Katzbach-Metropole. Für die Dauer des Straßenfestes, das zeitgleich mit dem 25. Jubiläum der BMO-Bahn stattfindet, steht die bunte Eisenbahn vorübergehend auf dem Itterplatz, einem kleinen Spielplatz, dessen flankierender Radweg einmal die Eisenbahnstrecke des alten Entenköpfers war. Der Verein, der sich für die Instandhaltung und Aufwertung der Odenheimer Spielplätze stark macht, möchte mit der Nachbildung der alten Lok an die Tage des Entenköpfers erinnern, der zahlreiche Gemeinden im Kraichgau zusammengehalten und miteinander verbunden hat.

Entenköpfer oder auch Entenmörder, diesen einprägsamen Namen hat der Zug bekommen, da sich nach vielfachen Erzählungen das Federvieh im Kraichgau so gar nicht mit der neuen Eisenbahn arrangieren konnte, auf den Gleisen herum lief und nicht selten von der nahenden Lok erfasst wurde. Abgesehen von diesen Kollateralschäden war die Katzbachbahn aber lange Jahre eine echte Erfolgsgeschichte und nicht zuletzt eine wunderschöne und idyllische Bahnstrecke durch das Hügelland.

Eröffnet wurde die Strecke tatsächlich bereits im Jahr 1896, führte damals vom Bruchsaler Bahnhof bis nach Odenheim, vier Jahre später sogar bis in den heutigen Eppinger Teilort Elsenz und weiter noch nach Hilsbach. Wer in Bruchsal den Zug bestieg, reiste zuerst durch Ubstadt, durch Stettfeld, durch Zeutern, durch Odenheim, durch Tiefenbach, durch Eichelberg, durch Elsenz bis nach Hilsbach – wenn er denn so weit wollte.

Bis Odenheim war der Bau der Strecke auch einigermaßen frei von Komplikationen gewesen, der letzte Abschnitt bis nach Hilsbach hatte es aber durch die hügelige Topographie des Kraichgau in sich. Nicht zuletzt musste mit dem Viadukt bei Eichelberg ein Tal überquert und im Nachgang ein Höhenzug überwunden werden. Nicht zuletzt lag der letzte Abschnitt nicht mehr im Landkreis Bruchsal, sondern im Landkreis Sinsheim, welcher damals bereits bei Tiefenbach begann. Aus all diesen Gründen hat dieser letzte Abschnitt nie den Durchbruch feiern können, den er verdient hätte. 1960 wurde die Strecke zwischen Tiefenbach und Hilsbach schließlich wieder stillgelegt, 1975 dann Odenheim bis Tiefenbach. Sicher auch einer der Gründe wieso zwischen Östringen, Sinsheim und Eppingen eine Art unausgesprochene Grenze verläuft, deren Überwindung bis zum heutigen Zeitpunkt nie wirklich geglückt ist. Die Stilllegungen waren ein Verlust für die ganze Region, lediglich die Kraichgauer Enten dürften das Ende gefeiert haben.

Von der letzten und landschaftlich schönsten Passage des Entenköpfers ist heute kaum noch etwas übrig. Zwar hat die Stadt Östringen das Eichelberg-Viadukt vor einigen Jahren gekauft und aufwändig instand setzen lassen, dennoch dient es wie die meisten anderen kleinen und großen Brücken im weiteren Streckenverlauf nur noch dem Radverkehr. Auf Höhe des Golfplatzes Tiefenbach findet sich zudem noch eine komplett erhaltene Eisenbahnbrücke samt Schienen und Signalanlage, die vom Heimatverein Tiefenbach vor 13 Jahren restauriert wurde.

Vollständig stillgelegt würde die ursprünglich als Nebenbahn konzipierte Katzbachbahn allerdings niemals, wenngleich sie ein paar bittere Jahre durchstehen musste. Bis heute gibt es eine Verbindung von Odenheim nach Bruchsal und zurück, eine der wichtigsten Verkehrsadern im Kraichgau. Während viele Jahrzehnte lang auf der Strecke alte Dampflokomotiven fuhren, danach etliche Jahre lang Dieselloks im Einsatz waren, ist die Strecke heute ein Teil des Netzes der AVG und seit 1998 auch vollständig elektrifiziert.

Im September dieses Jahres werden es 25 Jahre sein, die seit der feierlichen Eröffnung der heutigen Linie S31 durchs Katzbachtal vergangen sind. Zusammen mit der Schwesterlinie S32, die von Ubstadt aus nach Menzingen fährt, haben diese beiden Äste der sogenannten BMO-Bahn nun ein Vierteljahrhundert auf dem Buckel. Nur ein Bruchteil der langen Ära, in der 1898 erstmals der Entenköpfer durch die wilden Hügel des Kraichgau auf Reisen ging.

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2 Gedanken zu „Die Tage der toten Enten“

  1. Da werden Erinnerungen wach an mein Kindheit und Jugendzeit. Mit dem roten Entenköpfer bin ich von Gochsheim morgens nach Münzesheim zur Schule gegondelt und später dann nach Burchsal zur Ausbildungsfirma. Ich erinnere mich noch an die Holzbänke im Innern der Bahn.

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