Die Nacht in der die Ernte starb

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Vielerorts im Kraichgau beklagen Landwirte und Winzer teilweise massive Schäden an der Ernte durch die vergangene Frostnacht

Für Familie Heitlinger aus Kraichtal Menzingen ist es wie ein Déjà-vu und zwar keines der schönen Sorte. Sieben Jahre ist es her, dass eine Frostnacht im April große Teile der Ernte zerstört hat, nun wiederholt sich dieses Drama erneut. Die eiskalten Temperaturen der vergangenen Nacht haben viele der bereits ausgetriebenen jungen Pflanzen den Garaus gemacht. Durch die außergewöhnlich warmen Temperaturen Anfang des Monats haben sich viele der jungen Triebe bereits gut entwickeln können, waren zuletzt allerdings noch zart und entsprechend verletzlich. Sinken die Temperaturen dann über Stunden in den Frostbereich gefriert die Flüssigkeit in den Zellgefäßen, dadurch platzen die dünnen Membranen, die Pflanze erleidet beträchtlichen Schaden, stirbt meist in der Folge ab.

Familie Heitlinger hat auf diese Art und Weise bereits jetzt sicher ihre gesamte Ernte an Grünspargel verloren, der Schaden in den anderen Kulturen sei noch nicht völlig abzusehen, schreibt uns Klaus Heitlinger. Sein Familienbetrieb pflanz zahlreiche Obst und Gemüsesorten auf den Feldern rund um Menzingen an, ist auf die entsprechenden Ernteeinnahmen angewiesen.

Fatal ist auch der durch die Frostnacht entstandene Schaden in den Weinbergen von Dominik und Nadine Zorn. Die junge Winzerfamilie hat innerhalb weniger Stunden den absoluten Großteil der diesjährigen Trauben verloren. “Etwa 70 bis 75 Prozent sind wahrscheinlich verloren”, schreibt uns Dominik Zorn, der genau in diesem Moment durch die Reben geht, um den Schaden zu erfassen. Im Weinbau sei dies der größte Schaden seit 40 Jahren, seit Mitte der Achtziger schreibt er frustriert, denn für seinen Betrieb bedeutet das einen finanziellen Schaden, der richtig richtig wehtut. Eine Ernteausfallversicherung gibt es zwar, doch die monatlichen Prämien seien derart hoch, dass man sie sich unmöglich leisten kann, so Dominik Zorn. “Wir waren einfach drei Wochen zu früh mit allem“, fasst er konsterniert das Drama zusammen.

So schön ist für den einen oder anderen auch sein mag Anfang April bereits im T-Shirt auf der Terrasse zu grillen, ein Wetter wie wir es seit Jahren erleben, ist alles andere als normal und ein Beleg für die aus den Fugen geratenen Mechanismen unseres globalen Klimas. Tatsächlich steigen die Temperaturen in Europa seit den Achtzigern doppelt so schnell, wie in vergleichbaren Regionen der Welt. Die Winter werden dabei im Durchschnitt immer milder und nasser, doch auch ein Kälteeinbruch wie dieser, ist kein Argument gegen den fortschreitenden Klimawandel. Durch die höheren Temperaturen erhöht sich die Feuchtigkeit der Atmosphäre, was im Sommer statt Regenfällen eher eine Verdunstung der Flüssigkeit mit sich bringt, im Winter aber tendenziell mehr Niederschläge erzeugt.

Dominik und Nadine Zorn

Vor einem Scherbenhaufen stehen nicht nur Dominik und Nadine Zorn, sondern auch zahlreiche andere Winzer aus der Region. Gegenüber dem Südwestrundfunk räumen Zahlreiche von Ihnen, insbesondere aus der Region um Heilbronn, große Schäden an den jungen Reben ein.

Eine Entwarnung gibt es erst ab dem Wochenende, dann sollen die Temperaturen deutlich ansteigen, aus dem Frostbereich gleich nahezu ohne nennenswerten Übergang in den sommerlichen Bereich steigen. Zuvor ist in den Nächten durchaus noch Nachtfrost möglich, Für den Jahrgang 2024 heißt es also Daumen drücken, dass zumindest ein paar der jungen Triebe diese Nächte überstehen. „Hinter jeder Krise steckt eine Chance. Diese werden wir im Positiven nutzen. Noch ist nicht aller Tage Abend und einige Trauben werden auch nachwachsen.“ geben sich Nadine und Dominik Zorn kämpferisch. „Wir geben nicht auf, wir sind krisenfest schaffen auch mal magere Jahre“.

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2 Gedanken zu „Die Nacht in der die Ernte starb“

  1. Tja und es wird wieder passieren , so wie es vor 50 Jahren schon war ! Natur ist Natur und kein Just in Time Konzept 👍

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