Lange Zeit sah es düster aus für das Schloßcafé Gochsheim, doch dann übernahmen Vereine das Zepter, seither kennt das Erfolgsmodell nur eine Richtung: Steil nach oben
Man muss schon ein bisschen suchen, um die Terrasse des Schlosscafés in der markanten Fassade des Gochsheimer Altstadt-Ensembles zu entdecken. Doch so schön der Ausblick auf die Silhouette der alten Stadt mit dem Graf-Eberstein-Schloss in ihrer Mitte vom grünen Südufer des Kraichbachs auch sein mag, noch schöner ist die Aussicht, die sich von hier oben, von der großen Sandsteinterrasse des Café bietet. Wer hier Platz nimmt, einen frischgebackenen Kuchen oder einen heiß aufgebrühten Kaffee genießt, kann den Blick weit über das Land und die Hügel schweifen lassen.
Das Schloßcafé in Gochsheim ist kein normales Café, hier gibt es nicht tagtäglich zwischen 10 und 18:00 Uhr eine große Speisekarte, geschultes Personal oder betriebswirtschaftliche Evergreens wie „Auf der Terrasse nur Kännchen”. Stattdessen reichlich Engagement, reichlich Ehrenamt, Einblicke in die Kraichtaler Backkünste aller neun Stadtteile und Lokalkolorit vom Feinsten. Denn das Schloßcafé Gochsheim wird ausschließlich von Vereinen bewirtschaftet und das im regen Wechsel. Jeden Sonntag übernimmt ein anderer Verein aus Kraichtal die Bewirtung, backt dafür selber Kuchen, serviert, kassiert, räumt auf, spült ab. Die Gewinne wandern dafür ohne Abzüge in die Vereinskasse.
Eine ganz klassische Win-Win-Situation ohne jedwede Verlierer. Viele haben dem Schloßcafé in dieser Form kaum Chancen eingeräumt, nun startet das ehrgeizige Projekt in die dritte Saison und funktioniert besser denn je. Alle Varianten mit kommerziellen Pächtern sind in den Vorjahren gescheitert, doch das gemeinschaftliche Engagement der Kraichtal Vereine unterstützt durch die Stadt Kraichtal läuft wie geschnitten Brot. Mittlerweile haben sich alle an das Schloßcafé in seiner neuen Form gewöhnt, jeden Sonntag ist die Bude rammelvoll, dutzende Kuchen werden verkauft, weit über 100 Gäste bewirtet. Das Schloßcafé schließt damit auch eine riesige Lücke die im Ensemble des historischen Stadtkern einfach weht getan hat. Denn was ist ein Ausflug ohne eine schöne Einkehr an dessen Ende?
Wer das Schloßcafé einmal selbst erleben möchte, hat von Februar bis einschließlich November an jedem Sonntag zwischen halb zwei und halb sechs dazu die Gelegenheit.