Dem Strom entgegen

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Unterwegs an einem der höchsten Wasserfälle des Schwarzwaldes

von Stephan Gilliar

Liebe Hügelhelden, ihr werdet bereits bemerkt haben, dass es mich in letzter Zeit immer wieder etwas über die Grenzen unseres Hügellandes hinaus zieht. Aus gutem Grund, schließlich wartet unsere Vegetation zu Hause noch auf ihre triumphale Rückkehr und den Frühling, während der immergrüne Schwarzwald auch im Winter zu tollen Wanderungen einlädt.

Heute habe ich einen Quickie für Euch – einen Kurztrip, dessen Wanderung aber ordentlich in die Waden fährt. Sagen wir so… alle die ganz oben in einem Hochhaus wohnen, haben hier einen taktischen Vorteil, denn wer die Allerheiligen Wasserfälle erleben möchte, der braucht im Treppenhaus reichlich Kondition.

Der schönste Einstiegspunkt ist im Renchtalsteig am Lierbach in einer engen Talwindung bei Oppenau. Hier gibt es einen großen Wanderparkplatz, der vom Kraichgau aus etwa 100 km entfernt liegt. Wenn ihr in eurem bevorzugten Routenplaner einfach die Schlagworte “Wasserfälle Allerheiligen Haupteingang” eingebt, werdet Ihr direkt dorthin gelotst – soweit so einfach.

Übersehen könnt ihr besagten Eingang auf überhaupt gar keinen Fall, es sei denn, eure Brille müsste ganz dringend mal wieder ein Upgrade erfahren. Auf riesigen Naturholzstelen errichtet, begrüßt Euch der Portikus der Fälle auf der gegenüberliegenden Straßenseite, dazu rauschen Euch die herabstürzenden Wassermassen schon aus der Weite ein Hallo entgegen.

Einmal durchschritten führt Euch das mächtige Tor entlang des Lierbachs auf den richtigen Weg. Es geht über Stege und über steinerne Pfade immer am Strom entlang – kaum zu verfehlen. Lebendig und schnell fließt das Wasser über die vielen Steine im Bach, erzeugt Strudel und kleine Fälle – eignet sich perfekt dafür um passionierte Langzeitbelichter schon an dieser Stelle für Stunden fasziniert zu binden…also packt Eure Kameras ein.

Dann stößt ihr auf das erste Felsenbecken und das untere Ende der Allerheiligen Wasserfälle. Von hier aus geht es über in den Fels gehauene, steinerne Stufen fortan steil nach oben. Die Treppe windet sich dabei um verschiedene Felsen herum, mündet immer wieder auf kleine Plateaus, von wo aus ihr einen wunderbaren Blick auf die Fälle habt und auf kleinen Bänken die Wucht der Natur auf euch wirken lassen könnt. Lasst euch Zeit Komma die Strecke ist nicht allzu lang, daher gilt es wirklich jeden Eindruck mitzunehmen, der sich euch hier bietet.

Besagten Pfad gibt es übrigens schon seit über 160 Jahren. In mühsamer Handarbeit wurde 1840 der Weg erschlossen, mit Leitern Klüfte überwunden, Stege und Handläufe gesetzt. Schon damals erfreute sich der Pfad nach kürzester Zeit äußerster Beliebtheit, so dass die Obrigkeit in Karlsruhe beschloss etwas Geld zuzuschießen um die rutschigen Leitern durch echte Treppen zu ersetzen.

Auch diese Schwarzwälder Örtlichkeit kommt selbstredend nicht ohne Sagen und Legenden aus, die sich in jeder Ecke und jedem Winkel zwischen Bad Herrenalb und Waldshut-Tiengen zuhauf finden. Von einer Bank ungefähr auf der Hälfte der Höhe der Fälle wird Ihnen aus dem gegenüberliegenden Felsen mit etwas Fantasie ein steinernes Gesicht entgegen blicken. Ob sie es sehen oder nicht, ist in etwa so wahrscheinlich, wie bei den Büchern “Das magische Auge” – ich selbst habe weder das eine noch das andere erkennen können. Der Sage nach hat an dieser Stelle einmal ein junges Pärchen in einer Höhle gelebt, allerdings ohne das erhoffte Happy End – in welcher Legende gibt es das schon? Anyway.. Das Mädchen verließ ihren Burschen, worauf dieser in Gram und Trauer verfiel. Er ließ sich an einem Strick am Felsen herab, ritzte ihr Antlitz hinein und schnitt danach mit eben diesem Messer den Strick durch, um durch den Sturz in die Tiefe den Tod zu finden. Diese und weitere Begebenheiten sind übrigens auf in den Fels eingelassene Tafeln direkt vor Ort nachzulesen.

Wenn sie irgendwann die Fälle in ihrer Höhe überwunden haben, wird der Pfad wieder deutlich flacher und führt in die Länge gezogen direkt auf die Ruinen des ehemaligen Klosters Allerheiligen zu. Zu sehen gibt es neben besagten Ruinen noch den wunderschönen Klostergarten und direkt nebenan auf einer kleinen Anhöhe – das wenig bescheiden konstruierte Rondell des Ehrenmal des Schwarzwaldvereins. Hier empfiehlt sich eine kleine Rast, die Anlage ist wirklich wunderschön und gepflegt. Wenn Sie mögen, können Sie nun wieder an den Fällen nach unten steigen oder sie beschreiten den Rundweg oberhalb der Fälle und genießen den Ausblick vom Studentenfelsen oder der Engelskanzel. Eine Karte brauchen Sie dafür nicht, die Wege sind gut ausgeschildert, zudem werden Sie bei schönem Wetter kaum allein unterwegs sein und können sich dem losen Strom der Wanderer anschließen.

Info-Box

Mehr Informationen zu den Allerheiligen Wasserfällen finden Sie auf der Webseite des Schwarzwald Tourismus. Hier gibt es neben einer Karte auch alle Details, die sie für einen eventuellen Ausflug berücksichtigen können

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3 Gedanken zu „Dem Strom entgegen“

  1. Dieser Wasserfall ist wirklich wunderschön. Wobei auch alle anderen Wasserfälle im Schwarzwald zu empfehlen sind. Wir sind über Urlaube hinweg fast alle abgelaufen und jeder hatte etwas Besonderes.

  2. Ich liebe gerade diese Wasserfälle u die einzigartige Wegführung über die vielen „Stäffele“ ❤️❤️❤️❤️❤️, werde sie immer wieder in meine Wandertouren „integrieren“.

  3. Danke für die wunderschönen Bilder und die Beschreibung dazu. Und wieder was gelernt / erfahren. Kannte die allerheiligenwasserfälle nicht. Mittwoch gehts vom Derdinger Horn nach Sternenfels und wieder retour.

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