Das nächste Saalbach-Hochwasser ist keine Frage des “Ob” sondern nur des “Wann”

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Seit den verheerenden Hochwasserereignissen 2013 und 2015 verhält sich die Saalbach relativ ruhig, doch das kann sich von heute auf morgen ändern. Um gewappnet zu sein, bereiten sich Gemeinden wie Gondelsheim mit intensiven Arbeiten am Bachlauf darauf vor. Ein Unterfangen, das im Grunde nur Gewinner kennt.

von Stephan Gilliar

An die Sommer 2013 und 2015 kann man sich entlang der Saalbach nur zu gut erinnern. Tagelange, ergiebige Regenfälle hatten vor 11 Jahren zu einem massiven Anstieg der Pegelstände geführt, in der Folge wurden große Teile von Bretten, Diedelsheim, Gondelsheim und weiteren Anrainern überflutet. 2015 wiederholte sich das Ganze in ähnlicher Form, dieses Mal waren es lokale Gewitterzellen, die auf eng begrenztem Raum riesige Regenmengen produzierten und so erneut die Saalbach über die Ufer treten ließen.

Wer die Saalbach an einem normalen Tag ruhig in ihrem Bett fließen sieht, kann sich kaum noch vorstellen, dass der kleine Wasserlauf zu solchen Kapriolen fähig ist, doch in Gondelsheim sind die Geschehnisse vor elf Jahren noch äußerst präsent. Ganze Straßenzüge wurden überflutet, mehrere Gebäude, darunter ein Pflegeheim, mussten evakuiert werden. Feuerwehr und Rettungskräfte waren stundenlang im Dauereinsatz, unterstützt von großen Teilen der Bevölkerung, auch solchen, die nicht von den Fluten betroffen waren. “Das Hochwasser hatte absolut nichts Gutes, bis auf eines, es hat gezeigt, wie Gondelsheim zusammenhalten kann“, resümiert Bürgermeister Markus Rupp die damaligen Geschehnisse.

Ingenieur Fabian Knapp, Hauptamtsleiter Koray Kästner und Bürgermeister Markus Rupp

Dass es wieder geschehen könnte, steht außer Zweifel, das ist keine Frage des “Ob”, sondern nur des “Wann”. Viele Menschen machen sich eine falsche Vorstellung von der Häufigkeit solcher Ereignisse, insbesondere weil die Bezeichnung “100-jährliches Hochwasser”, die auf die damalige Situation zutrifft, leicht zu falschen Rückschlüssen führen kann. Ein 100-jährliches Hochwasser ist ein Hochwasserereignis, das statistisch gesehen einmal in 100 Jahren vorkommt. Das bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ein solches Hochwasser in einem bestimmten Jahr auftritt, 1% beträgt. Es bedeutet nicht, dass es genau alle 100 Jahre passiert. Stattdessen kann es auch häufiger oder seltener vorkommen. Beispielsweise könnten in einem Zeitraum von 100 Jahren zwei, drei oder mehr 100-jährliche Hochwasser auftreten oder aber auch keins. Die Bezeichnung beschreibt also eine statistische Wahrscheinlichkeit, nicht ein festes Intervall. Will heißen, Gondelsheim könnte das nächste Mal in 50 Jahren betroffen sein oder eben morgen.

Die Hände in den Schoß zu legen ist also absolut keine Option und so wappnen sich die Anrainer des Saalbach seit 2013 Stück für Stück gegen ein mögliches Comeback der Fluten. Das gilt nicht nur für Gondelsheim, sondern auch für Bretten, seine Stadtteile am Saalbach, sowie Helmsheim und auch Heidelsheim. Schutzmaßnahmen in Diedelsheim, Rückhaltebecken in Heidelsheim/Helmsheim… Stück für Stück kommt Maßnahme um Maßnahme dazu um dem Wasser im Falle eines Falles nicht völlig ausgeliefert zu sein. Gondelsheim hat damals als erste Reaktion auf das Hochwasser im innerörtlichen Verlauf der Saalbach Dammbalken errichten lassen, die bei einem drohenden Hochwasser bis zu einem gewissen Grad einen Übertritt von Wasser in einige der alten Dorfteile verhindern sollen.

Doch das war nur der Anfang, aktuell laufen groß angelegte Maßnahmen entlang des Bachlaufs, die – einmal abgeschlossen – im Grunde nur Gewinner hervorbringen. In einem ersten, zugegeben optisch harten Schritt, wurden Bäume und Sträucher entlang der Saalbach zurückgeschnitten, so dass diese aktuell hinter der Saalbachhalle recht trostlos in einer Art braunem Kanal vorüber zieht. Doch das hat natürlich seinen Grund! Die Saalbach braucht für den Fall eines Hochwassers einfach mehr Platz, mehr Raum um nicht sofort über die Ufer zu treten, zudem können sich in Bäumen direkt am Wasser sofort Treibhölzer und vorbeitreibende Sträucher verfangen, die ihrerseits sofort das Wasser aufstauen würden. Das vormals steile und enge Bachbett wird daher nun verbreitert, die Böschung weniger steil und dadurch auch zugänglicher gestaltet, erläutert Bauingenieur Fabian Knapp vom Hügelsheimer Ingenieurbüro Wald-Corbe die derzeit umgesetzten Pläne. Teil der 1,4 Millionen Euro teuren Maßnahme, von denen Gondelsheim glücklicherweise nur ca. 300.000 € stemmen muss, der Rest wird über Fördergelder bezahlt, ist auch die ökologische Aufwertung des Gewässers, um Kleinstlebewesen, Pflanzen und Tieren mehr und bessere Lebensräume zu bieten.

Was für den Bach und die Tiere gut ist, ist in diesem Fall auch für die Menschen gut, erläutert Markus Rupp. Zum einen bedeutet das Projekt natürlich mehr Sicherheit im Falle eines Hochwassers, zum anderen wird die Saalbach, die bislang zwar mitten durch das Dorf läuft, durch ihr tiefes und zugewachsenes Bachbett aber weitgehend unzugänglich war, nun endlich ein lebendiger Teil von Gondelsheim. Im Ortskern wird es Möglichkeiten geben direkt am Wasser zu sitzen, etwa auf Steinbänken, um den Lebensraum Wasser mitten im Dorf erfahren und genießen zu können. Bislang war das unmöglich…dichtes Gehölz, Brennnesseln, Gestrüpp und ein steiles Ufer trennten das Wasser von den Menschen.

Da aufgrund der engen bebauten Gegebenheiten im Ortskern von Gondelsheim der Bach nicht großartig verbreitet werden kann, müssen diese Maßnahmen noch von weiteren ergänzt werden. Über einen langen Abschnitt hinweg soll am Uferweg daher eine Schutzmauer entstehen, die im Falle einer Überflutung das Wasser aus dem Ortskern und den anliegenden Wohngebieten fernhalten soll. Auch diese umfangreichen Arbeiten tragen dazu bei, dass die Kosten des Projektes knapp im siebenstelligen Bereich liegen, doch muss man hier immer die Relationen im Blick behalten. Die Kosten, die aus den Schäden eines Hochwassers resultieren würden, lägen um ein Vielfaches höher, rechnet der Bürgermeister bei einem Rundgang entlang der Saalbach vor.

Klappt alles wie geplant, soll der aktuell letzte Bauabschnitt im Sommer oder spätestens im Herbst 2025 abgeschlossen sein. Vorher stehen noch Pflichtaufgaben wie der Artenschutz, die Untersuchung des Untergrundes auf Kampfmittel, eine dokumentierte Beweissicherung und so weiter an. Und auch danach ist in Gondelsheim noch lange nicht Schluss. Die Saalbach zieht sich immerhin durch das komplette Dorf, die Maßnahmen im Ortskern sind daher nur die erste Tranche einer ganzen Reihe von Maßnahmen, die sich auch über die kommenden Jahre erstrecken werden. Diese Maßnahmen betreffen nicht nur die Saalbach selbst, sondern auch die zahlreichen Gräben rund um das Dorf, die im Falle von Starkregen auch für Probleme und Überflutungen abseits des Baches sorgen könnten und das auch bereits getan haben.

“Hochwasserschutz ist eine unserer zentralen Aufgaben, durch den Klimawandel wird uns diese nicht gerade erleichtert“, gibt Bürgermeister Markus Rupp perspektivisch die Marschrichtung für die Zukunft vor. “Aber wir sind dran, wir sind uns der Situation bewusst. Wir werden alles in unserer Macht stehende tun, um so gut wie möglich auf alles vorbereitet zu sein.”

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