Monster-Erdbeben erschüttert den Kraichgau

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Satire

Rumpelkalypse im Hügelland – Eine Region im Schüttelschock

Eine Kolumne von Thomas Gerstner

Irina Wellendinger kann es noch gar nicht richtig glauben, zu tief sitzt ihr der Schreck noch in den Knochen. Als sie sich am Samstagnachmittag wie an jedem Wochenende auf den Weg macht, um ihre ausgeliehenen VHS-Kassetten zur Videothek zurückzubringen, bebt plötzlich die Erde. “Alles hat gewackelt, ich konnte es bis in die Knochen spüren. Ich dachte wirklich, das ist es jetzt gewesen”, erzählt Irina völlig aufgelöst im Interview mit Hügelhelden.de. In diesem Moment ahnt die 43-Jährige Reinigungskraft, die sich seit Jahren liebevoll um die öffentliche Toilette auf dem Bruchsaler Bahnhofsvorplatz kümmert nicht, dass ihr das Schlimmste noch bevorstehen sollte. Als sie in der Wilderichstraße gerade auf den Parkplatz ihrer Videothek einbiegen möchte, stellt sie plötzlich fassungslos fest: Das Gebäude ist weg, nur noch Trümmer bestimmen des traurige Bild der Szenerie. “Das Erdbeben muss meine geliebte Stamm-Videothek einfach weggefegt haben, anders kann ich mir das Ausmaß der Zerstörung nicht erklären” erzählt Irina, die uns gesteht die beiden fraglichen VHS-Kassetten (“Die Hand an der Ziege” und “Das bumsfidele Internat”) bereits seit mehreren Monaten nicht zurückgegeben zu haben. Gerade heute wollte ich die fälligen Säumnisgebühren bezahlen, wie soll ich denn jetzt in Zukunft Filme ausleihen??” klagt die noch immer sichtlich mitgenommene Bruchsalerin – Eine Frage, auf die wohl niemand eine Antwort geben kann.

Auch im nahen Kraichtal hat das Erdbeben eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Eduard Herrendorf, Kammerdiener im Wasserschloss zu Menzingen, steht vor dem großen Portikus des bis dato herrlichen Renaissancebaus und kann es nicht fassen. Das prachtvolle Gebäude wurde durch das Erdbeben schwer beschädigt, nur noch Ruinen ragen in den Kraichtaler Himmel. “Ich war gerade dabei dem einfachen Dorf-Volk die Speisereste auf den Marktplatz zu kippen, als dieses monströse Rumpeln aus den Tiefen der Erde aufstieg’ berichtet der altgediente Höfling und wischt sich den Staub des Erdbebens von seiner Livree. “Ich eilte zurück, rannte über die Zugbrücke und da war …. nichts mehr”. Tatsächlich haben nur der Nordturm und Teile der Fassade die Urgewalt der Natur, die sich an diesem Samstag Bahn brach überstanden… der Rest des stolzen Wasserschlosses liegt in Trümmern.

Nur zwei von so vielen, herzzerreißenden Geschichten, die sich an diesem Wochenende im Kraichgau abspielten. Von überall her, aus der ganzen Region, erreichen uns seitdem die schaurigen Details dieses schicksalhaften Tages: Gläser, die fast vom Tisch gefallen wären, Katzen, die kurz im Schlaf ein Augenlid anhoben und frisch gewaschene Unterhosen, die durch die Erschütterungen von der Leine fielen und noch einmal in die Maschine mussten. Ja, das Erdbeben hat die Menschen zutiefst verstört und verunsichert.. in tausenden und abertausenden von Postings in den Kraichgauer Facebook-Gruppen bezeugten sie einander, dabei gewesen zu sein – es selbst miterlebt zu haben… Das schwere Beben von 2022.

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