Zu Hunderten fallen Saatkrähen über frisch eingesäte Felder her und bringen manchen Landwirt zur Verzweiflung
Sie haben das Bild bestimmt schon einmal beim Spazierengehen beobachtet. Zu Hunderten belagern Saatkrähen ganze Landstriche, sitzen auf Bäumen und auf Äckern. Wenn sie sich gemeinsam in die Lüfte erheben, verdunkeln sie regelrecht den Himmel ob ihrer großen Zahl. Im Herbst ist das kein größeres Problem, hier holen sich die intelligenten Vögel alles was nach der Ernte zurückgeblieben ist…doch im Frühjahr wird der kollektive Appetit der Tiere zu einem echten Dilemma für unsere Landwirtschaft.
Stellen Sie sich einfach vor, sie hätten gerade ihre Felder gepflügt und für die Aussaat vorbereitet. Sie bringen das Saatgut Reihe für Reihe aus und müssten nun eigentlich nur noch auf das richtige Wetter und etwas Geduld setzen, bis die ersten Pflanzen sprießen. Krähen können diesen Ablauf gleich von Beginn an komplett über den Haufen werfen, wenn sie in Scharen über die Felder herfallen und das gerade erst ausgebrachte Saatgut direkt aus dem Boden picken. Selbst wenn die ersten Pflanzen schon sprießen, fressen die Tiere die jungen Triebe.
Bei manchen Feldfrüchten sind die dadurch entstehenden Schäden immens, kein Wunder, wenn sich mehrere hundert Tiere gemeinsam in Scharen an einem Acker gütlich tun. „Von 24 Kulturarten ist Mais mit rund 60 Prozent der Schäden auf Platz eins im Ranking der Ackerkulturen. Das Ausmaß kann dabei bis zum Totalausfall reichen“, erläutert Jürgen Maurer, Vorsitzender des Fachausschusses Pflanzliche Produktion im Landesbauernverband (LBV) in einem Statement an die Presse das Problem, dass auch handfeste finanzielle Dimensionen hat: „Bis zu 20.000 Euro Schaden je Betrieb haben uns die Landwirte gemeldet. Bei Sonderkulturbetrieben gingen die Einbußen teils bis zu 25.000 Euro.“ Der Appetit der Krähen beschränkt sich dabei nicht nur auf Mais, auch Obst und Getreide stehen auf dem umfangreichen Speiseplan der geflügelten Gourmets.
Nicht immer waren sich Landwirte und Saatkrähen spinnefeind, früher konnte man von einer regelrechten Freundschaft sprechen, weiß der NABU in seinem Dossier über die corvus frugilegus – aka Saatkrähe zu berichten. Als noch keine Pestizide auf den Feldern ausgebracht wurden, kümmerten sich demnach die Saatkrähen um die schädlichen Insekten, unterstützten quasi die Landwirte bei ihrer Arbeit. Seit die Schädlingsbekämpfung aber eben chemisch-biologisch geregelt wird, weichen die Tiere auf das alternative Buffet aus… in diesem Fall eben die frischen Setzlinge und die Aussaat. Schuld an diesem Problem ist der Mensch selbst. Durch Abholzung, durch Flurbereinigung, durch die konsequente Vernichtung von Lebensraum, sind die Tieren in großen Schwärmen unterwegs und suchen sich eben die Nahrung, die für Sie verfügbar ist.
Das Problem für Landwirte ist natürlich dennoch nicht von der Hand zu weisen, schließlich hängt viel von einer ertragreichen Ernte ab, gerade in diesen Tagen. Auf Schreckschüsse, Flatterbänder oder gar Vogelscheuchen fallen die Tiere nicht wirklich rein, dafür sind die laut krächzenden Kameraden viel zu intelligent. Ein Abschluss kommt auch nicht in Frage, das töten oder verletzen von Krähen ist strengstens untersagt. Laut Bauernverband benötigen die betroffenen Landwirte Unterstützung bei diesem Problem. „Dieser Zustand ist nicht länger tolerierbar und es müssen Lösungen gefunden werden, um unsere landwirtschaftlichen Betriebe zu unterstützen“, fordert Jürgen Maurer und auch der FDP Landtagsabgeordnete Georg Heitlinger sieht die Politik in der Pflicht: „Die Forderung der Bauernverbände unterstütze ich vollumfänglich. Ich habe die Landesregierung in der Vergangenheit mehrfach aufgefordert, hier endlich zu handeln. Doch passiert ist nichts. Grün-Schwarz lässt die Landwirte mit den durch Krähen verursachten Schäden im Stich. Sie bleiben auf den Ernteausfällen und wirtschaftliche Belastungen sitzen. Das Land muss gemeinsam mit uns Landwirten eine Lösung erarbeiten, die sowohl für die Menschen wie auch die Tiere geeignet ist. Dazu gehören auch Entscheidungen zur Regulation der Krähenpopulation.“
Eine dauerhafte Lösung für das Problem bestünde aber wohl einzig und allein darin, den Tieren wieder genügend Lebensraum und Habitate mit ausreichend Nahrungsquellen zur Verfügung zu stellen, so dass sie auf das frisch ausgebrachte Saatgut schlicht nicht mehr angewiesen wären.