Das Kernkraftwerk in Philippsburg bleibt bis auf weiteres abgeschaltet, so teilte es die EnBW in einer aktuellen Information an die Medien mit. Da innerhalb weniger Wochen zwei der Notstromaggregate des Kernkraftwerkes ausgefallen waren, hatte der Energieversorger die Anlage vor einigen Tagen vorsorglich heruntergefahren. Der nun zum meldepflichtigen Ereignis heraufgestufte Vorfall soll nun vollständig untersucht werden um den Ausfall weiterer Anlagen ausschließen zu können. Mehr dazu in der Pressemitteilung der EnBW:
Wie gestern mitgeteilt hat die EnBW den Block 2 des Kernkraftwerks Philippsburg (KKP 2) vorsorglich abgefahren, um einen Schaden an einem der Notstromaggregate der Anlage näher zu prüfen. Bei der ersten technischen Klärung wurde nun ein vergleichbares Schadensbild erkannt wie bei einem Befund, den die EnBW im April 2018 am gleichen Aggregat festgestellt und an die Aufsichtsbehörde – das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg – gemeldet hatte. In beiden Fällen zeigte sich eine Rissbildung in einem der Turbolader des Dieselmotors, der das Aggregat antreibt.
Die EnBW wird die Ursachenklärung fortsetzen, die dabei gewonnenen Erkenntnisse bewerten und sie der Aufsichtsbehörde vorlegen. Auf dieser Basis können dann die erforderlichen Maßnahmen bestimmt werden, woraus sich schließlich auch die voraussichtliche Dauer des Stillstands von KKP 2 ergeben wird.
KKP 2 war im störungsfreien Anlagenbetrieb / Notstromaggregate sind „Backup“ für die reguläre Stromversorgung
Die Notstromaggregate von KKP 2 sind dafür vorgesehen, die Stromversorgung der Anlage sicherzustellen, falls die reguläre Stromversorgung über das öffentliche Netz ausfällt. KKP 2 verfügt insgesamt über acht fest installierte sowie über weitere mobile Notstromaggregate. Auf diese Weise ist technisch gewährleistet, dass selbst beim zu unterstellenden Ausfall einzelner Aggregate die Stromversorgung aufrechterhalten werden kann. Die Verfügbarkeit der Aggregate wird regelmäßig überprüft. Für die Verfügbarkeit und die Prüfroutinen bestehen formale staatliche Vorgaben.
„Die Stromversorgung von KKP 2 war über das öffentliche Netz regulär gewährleistet, und der Anlagenbetrieb verlief störungsfrei. Selbst wenn man unterstellen würde, dass die Versorgung über das öffentliche Netz nicht mehr funktioniert hätte, hätte die Stromversorgung von KKP 2 über die zur Verfügung stehenden Notstromaggregate sichergestellt werden können“, erläutert Christoph Heil, zuständiger Geschäftsführer für den Leistungsbetrieb der EnBW-Kernkraftwerke. „Wir müssen die technische Situation aber auch formal bewerten. Obwohl das von dem Schaden betroffene Aggregat nicht konkret benötigt wurde, müssen wir aufgrund unserer bisherigen Untersuchungsergebnisse formal unterstellen, dass es bei Bedarf nicht ordnungsgemäß funktioniert hätte. Darüber hinaus hatten wir erst kürzlich (Mai 2019) an einem anderen Aggregat einen anders gearteten Befund, der zwischenzeitlich behoben wurde. Formal unterstellen wir deshalb, dass im ungünstigsten Fall kurzzeitig zwei Notstromaggregate nicht ordnungsgemäß funktioniert hätten. Vor diesem Hintergrund war die gestrige sicherheitsgerichtete Entscheidung, KKP 2 vorsorglich abzufahren, richtig und hat weiterhin Bestand.“
Die EnBW hat eine erste formale Bewertung des aktuellen Befunds vorgenommen und fristgerecht an die Aufsichtsbehörde gemeldet. Demnach stuft die EnBW den Befund aufgrund der oben geschilderten Gesamtsituation vorläufig in die Kategorie E (Eilmeldung) und INES 1 ein. Er liegt damit auf der untersten Stufe der siebenstufigen internationalen Skala zur sicherheitstechnischen Bewertung von Ereignissen in Kernkraftwerken (INES). Der Befund hatte keine Auswirkungen auf Personen, auf die Umgebung und auf den Betrieb der Anlage.
Beim Abfahren der Anlage hat es im konventionellen, also nicht-nuklearen Kreislauf der Anlage bei einer Armatur einen Funktionsfehler gegeben. Die Armatur regelt die die Zufuhr von Wasser in einen der vier Dampferzeuger und hat nicht vollständig geschlossen. Ihre Funktion wurde jedoch – wie vorgesehen – automatisch von einer weiteren Armatur übernommen. Auch dieses Vorkommnis hatte keine Auswirkungen auf Personen, Umgebung und Anlagenbetrieb und wird von der EnBW fristgerecht an die Aufsichtsbehörde gemeldet. Die EnBW stuft diesen Befund vorläufig in die Kategorie N (Normalmeldung) und INES 0 ein. Er liegt damit unterhalb der siebenstufigen INES-Skala.
KKP 2 ist ein Druckwasserreaktor mit einer elektrischen Leistung von 1.468 Megawatt. Die Anlage ging 1984 in Betrieb und hat im Jahr 2018 rund elf Milliarden Kilowattstunden Strom produziert.