“Wir brauchen Visionäre im Handwerk, davon gibt es nur wenige”

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Alle Welt will plötzlich eine Wärmepumpe, dabei ist die Technik bereits Jahrzehnte auf dem Markt. Klaus Staudt hat seine Allererste vor fast 50 Jahren installiert

Wer in Deutschland in den letzten Jahrzehnten eine neue Heizung in die eigenen vier Wände geholt hat, stand im Grunde meist vor einer sehr überschaubaren Auswahl: Gas und Öl waren die beiden Fixsterne im Universum der Heizungsbauer. Nicht dass es keine anderen Technologien gegeben hätte… aber was in den jeweiligen Epochen en vogue war, wurde durch die politischen Rahmenbedingungen aber auch durch die Weitsicht der Branche bestimmt.

Klaus Staudt hat die Entwicklung direkt an ihrem schlagenden Puls miterlebt. Als Meister im Zentralheizungs-, Klima und Lüftungsbauerhandwerk,im Gas-Wasserinstallationshandwerk sowie als Spezialist für Wärmepumpen und Blockheizkraftwerke führt er das von seinem Urgroßvater gegründete Unternehmen Staudt bereits in vierter Generation, beschäftigt weit mehr als 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Ubstadt-Weiher. Der derzeitige, durch die steigenden Energiepreise im Kielwasser der Ukraine-Krise ausgelöste Hype um die Wärmepumpen, kommt für ihn weder überraschend, noch ist er neu für ihn. Seine erste Wärmepumpe hat er bereits 1976 eingebaut, in einem Privathaus in Königsbach. Der komplette Garten wurde damals aufgegraben, da für einen Flächenkollektor zur Wärmegewinnung die drei- bis vierfache Grundfläche des Wohnhauses benötigt wird. Klaus Staudt hat sich schon damals für neue und innovative Technologien begeistern können, den Einbau gewagt, als es noch kaum ein anderer tat. In Unteröwisheim verlegte er sechs Kilometer Rohre durch ein Bachbett, um den wahrscheinlich spektakulärsten Wärmetauscher im ganzen Kraichgau zur Versorgung der alten Mühle zu installieren.

Schon immer hat sich die Nachfrage nach unterschiedlichen Heiztechnologien an der Preisentwicklung der jeweiligen Energieträger, aber auch an der politischen Entwicklung orientiert. Die Ölpreiskrisen in den 70er Jahren oder auch der Golfkrieg in den Neunzigern ließen beispielsweise die Nachfrage nach Ölheizungen zeitweilig einbrechen. Der subventionierte Strom für Nachtspeicherheizungen verhalf dieser Technologie zu einem breiten Durchbruch, der Anstieg der Strompreise ließ selbige später komplett in sich zusammenbrechen.

Auch die Wärmepumpe durchlief solche Phasen, war mal attraktiver und dann wieder weniger attraktiv. Als die Strompreise in Deutschland zeitweilig so günstig waren, dass für die Kilowattstunde nur 12 Pfennige – also etwa 6 Cent fällig wurden, boomte die Technik schon einmal. Da die Wärmepumpe für Ihren Betrieb lediglich Elektrizität benötigt, war es auf diese Art und Weise problemlos möglich ein Einfamilienhaus mit gerade einmal 600 DM Stromkosten pro Jahr zu heizen. Als die Strompreise aber wieder stiegen, schlug das Pendel wieder in die andere Richtung aus. Auch Solarstrom, mit dem eine Wärmepumpe quasi zum Nulltarif hätte betrieben werden können, brachte hier nicht den großen Durchbruch. Da die Einspeisevergütungen für den Solarstrom derart attraktiv und hoch angesiedelt waren, wäre es wirtschaftlich – sagen wir unklug gewesen, den Strom selbst zu nutzen. Knapp 60 Cent gab es Anfang der 2000er für die Einspeisung, ein Vielfaches dessen, was Strom bei Netzbezug kostete. Zum Vergleich: Aktuell gibt es noch nicht einmal mehr 8 Cent pro Kilowattstunde für den sauberen Solarstrom.

Klaus Staudt hat alles miterlebt, das ganze Auf und Ab, das ganze Hin und Her. Er war mit dabei, als sein Unternehmen in jedem zweiten Haus eine Wärmepumpe installiert hat, als die Liberalisierung des Strommarktes und der Gaspreisverfall diesen Trend quasi über Nacht abgewürgt haben und er ist nun wieder dabei, wenn die Wärmepumpe ihr großes Comeback feiert. Da er immer an die Technik geglaubt, sie schon vor Jahrzehnten als überlegen eingestuft hat, kann er nun auf ein großes Know-how zurückgreifen, das manch anderem in der Branche fehlt. “Die meisten haben sich nur auf Gas- oder Ölheizungen konzentriert, das war einfacher” erläutert Klaus Staudt den Umstand, dass bei weitem nicht alle Heizungsbauer den Einbau von Wärmepumpen im Portfolio haben. “Wir brauchen eben mehr Visionäre im Handwerk, aber davon gibt es nur wenige”.

Deshalb, und weil die Hersteller von Wärmepumpen aufgrund der hohen Nachfrage und der Lieferengpässe kaum mit der Produktion hinterherkommen, müssen Interessenten dieser Technologie derzeit mindestens ein Jahr warten, bevor der Einbau überhaupt starten kann. Klaus Staudt ärgert es auch, dass viele Mythen und Fehleinschätzungen rund um die Wärmepumpe immer noch fleißig weitergegeben werden. Zum Beispiel, dass Wärmepumpen nur im Zusammenspiel mit Fußbodenheizungen oder alternativ dem Einbau neuer und größerer Heizkörper Sinn ergeben. Diese Einschätzung hängt mit den vergleichsweise geringen Vorlauftemperaturen einer Wärmepumpe zusammen, die bei Extremtemperaturen nicht ausreichen um ein Haus ausreichend zu erwärmen. “Das stimmt aber so einfach nicht – das ist Rechnung versus Realität” sagt Klaus Staudt und zeigt auf, dass diese Aussage auf statistischen Modellen basiert, die auch Temperaturen im Winter im zweistelligen Minusbereich mit einbeziehen. “Solche Temperaturen bekommen wir hier in der Region gar nicht zusammen und wenn dann nur ein paar wenige Tage im Jahr”. Der Bivalenzpunkt, also die Temperatur bei der die Wärmepunkte ihre höchste Leistung erzielt, liegt bei -3 bis -5 Grad, erst danach muss noch z.B. mit einer elektrischen Zusatzheizung nachgeholfen werden. In den letzten milden Wintern, wäre dies aber faktisch nicht notwendig gewesen.

In unseren Breitengraden macht die Wärmepumpe definitiv Sinn, findet Klaus Staudt, auch ein Einbau im Altbau ist dabei alles andere als kategorisch ausgeschlossen. Dieses Bewusstsein setzt sich auch gerade bei seiner Kundschaft durch, das Unternehmen kollabiert fast unter der Menge der Anfragen. Hunderte sind es jeden Monat – Tendenz steigend. “Wer heute den Auftrag erteilt, kann mit einem Einbau frühestens 2023 rechnen” prognostiziert Klaus Staudt ganz pragmatisch und zusammenfassend die derzeitige Situation.

Wer sich aber für die Technik entscheidet und die Wärmepumpe gleich mit einer ausreichend dimensionierten Photovoltaikanlage kombiniert, kann im Grunde fast zum Nulltarif heizen. Das relativiert dann auch die Investitionskosten von mehreren zehntausend Euro unterm Strich wieder.

Transparenz: Die Firma Staudt schaltet bei Hügelhelden.de seit langem Werbeanzeigen. Dieser Beitrag wurde weder von Staudt initiiert, inhaltlich beeinflusst oder auf irgendeine Art und Weise vergütet oder kompensiert.

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