Borho: Fakten gegen Falschbehauptungen
Die Diskussion um den Ausbau der Windenergie in Kraichtal nimmt immer weiter an Fahrt auf – oder wird immer windiger, um eine abgedroschene Phrase zu bemühen. Laut Stadt Kraichtal kursieren in diesem Zusammenhang zunehmend Falschinformationen und unbelegte Behauptungen. Bürgermeister Tobias Borho sieht sich daher veranlasst, die Bürgerinnen und Bürger mit einer sachlichen Richtigstellung über den aktuellen Stand der Planungen zu informieren. Zentrale Aussage: Es gibt bislang keinen Beschluss des Gemeinderats, kommunale Flächen für Windkraftanlagen bereitzustellen. Jedoch hätten zwischenzeitlich zwei Energieversorger ihr Interesse bekundet – entschieden wurde über diese Gesuche aber bislang noch nicht.
Um für Transparenz zu sorgen, verweist die Stadt Kraichtal auf umfassende Informationsangebote, darunter eine eigens eingerichtete Webseite, Videobeiträge sowie eine öffentliche Informationsveranstaltung am 13. Februar 2025.
Hier die ausführliche Stellungnahme von Bürgermeister Tobias Borho:
Aktueller Stand Windenergie in Kraichtal
Bereits in den vergangenen Wochen und Monaten, haben wir im Mitteilungsblatt und auf der Homepage der Stadt Kraichtal sowie mit Videobeiträgen zu den aktuellen Planungen bezüglich der Windenergie Stellung genommen. Da aktuell wieder einmal viele gerade auch anonyme Falschbehauptungen und Halbwahrheiten verbreitet werden, möchte ich hier die Gelegenheit nutzen, mit den gleichen Worten wie schon im Neujahrsempfang diesen Jahres eine Richtigstellung des Sachverhaltes zu erreichen. Zunächst zur Klarstellung: Es gibt keinen Beschluss des Gemeinderates, dass auf kommunalen Flächen Windkraftanlagen gebaut werden sollen. Zwei lokale Energieversorger, die EnBW und die JUWI, haben bei uns angefragt. Eine Entscheidung ist bisher nicht getroffen worden.
Anfang des Jahres 2024 haben wir informiert, dass man zu den Planungen des Regionalverbandes Stellung nehmen kann. Die stellvertretende Vorsitzende des Regionalverbandes hat die Planungen in öffentlicher Gemeinderatssitzung vorgestellt. Der Gemeinderat hat in öffentlicher Sitzung über die Stellungnahme der Stadt zu den Planungen des Regionalverbandes beraten und entschieden. Bis zum Sommer vergangenen Jahres gab es keine Planungen bezüglich Windkraft, da keinerlei Anfragen von Projektierern für kommunale Flächen vorlagen. Im August 2024 hat die EnBW bei uns ihr Interesse bekundet, Flächen zu pachten. Dieses Interesse hat die EnBW am 30.09.2024 mit einer eigenen Informationsveranstaltung in Oberacker vorgestellt. Auch die JUWI hat am 13.12.2024 in Münzesheim ihre Wünsche vorgestellt.
Auf der Homepage der Stadt Kraichtal stehen unter der Rubrik „Wirtschaft & Bauen“ bereits seit längerem Informationen zur Teilfortschreibung Windenergie zur Verfügung. Hier kann sich jeder ausführlich über das Planverfahren informieren. Ebenso findet man dort einen Link zur Homepage des Regionalverbandes Mittlerer Oberrhein. Auch hier findet man detaillierte Informationen zu diesem Thema. Auch ein Informationsvideo haben wir zum Beginn des Jahres 2025 veröffentlicht. Ergänzend dazu haben wir unsere Homepage um einen umfangreichen Fragenkatalog zur Windenergie erweitert. Unter der Rubrik „Umwelt & Energie“ werden zahlreiche Fragen aufgegriffen und transparent beantwortet. Die Informationen stammen aus seriösen und nicht anonymen Quellen und wurden sorgfältig von Experten validiert. Des Weiteren wird mit der Inforeihe „Faktencheck Windenergie“ im Mitteilungsblatt der Stadt Kraichtal zu verschiedenen Aussagen zur Windenergie sachlich Stellung bezogen.
Zusätzlich findet am 13.02.2025 in der Mehrzweckhalle in Unteröwisheim eine kommunale Informationsveranstaltung für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Kraichtal statt. Das Thema Windenergie im Kraichgau ist vielschichtig und nicht lokal begrenzt, sondern nur im größeren Zusammenhang zu verstehen. Daher möchte ich auch auf die Hintergründe der Planungen eingehen. Die Bundesregierung hat im Windenergieflächenbedarfsgesetz bundesweit Flächenziele für den Ausbau der Windenergie vorgegeben. Für das dicht besiedelte Baden-Württemberg sind mindestens 1,8 Prozent der Landesfläche für Windenergiegebiete planungsrechtlich zu sichern. Dies ist Aufgabe der Regionalverbände. Auf der Gemarkung Kraichtal (und in ganz Baden-Württemberg) kann also künftig nicht überall ein Windrad errichtet werden. Die Regionalverbände werden bis September 2025 nur bestimmte Flächen ausweisen, wo Anlagen errichtet werden können. Um überhaupt Flächen zu identifizieren, die sich für die Suche nach den am besten geeigneten Gebieten für die Windenergienutzung eignen, wurde ein regionaler Kriterienkatalog erarbeitet. Der Katalog umfasst ca. 100 Einzelaspekte, beispielsweise den erforderlichen Vorsorgeabstand zur Wohnbebauung und streng geschützte Gebiete, wie den Nationalpark oder Naturschutzgebiete.
Die kommunalen Flächen in Kraichtal, für die sich die Energieversorger nun interessieren, liegen in einem Gebiet, das im September 2025 voraussichtlich durch die Verbandsversammlung des Regionalverbands Mittlerer Oberrhein als Fläche für Windenergie ausgewiesen wird. In direkter Nachbarschaft liegen Flächen der Stadt Bruchsal sowie von Forst BW (Flächen auf der Gemarkung der Stadt Kraichtal) , die voraussichtlich auch ausgewiesen werden. Daher sind die Flächen für Energieversorger interessant. Die JUWI hat bereits im vergangenen Jahr einen Vertrag mit Forst BW und der Stadt Bruchsal geschlossen. So die Planungen auf diesen Flächen von den Genehmigungsbehörden genehmigt werden, wird die JUWI hier Windkraftanlagen errichten.
Ebenso gibt es weitere vielschichtige Gründe für diesen Standort. Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass es meine persönliche Überzeugung ist, dass jeder von uns etwas zur Energiewende beitragen muss, damit unsere Kinder und Enkelkinder eine lebenswerte Zukunft haben.
Die Stimme des Bürgermeisters ist jedoch nur eine von 23 Stimmen im Gemeinderat. Daher kann ich Ihnen nur die Punkte nennen, die aus meiner Sicht für die Planungen sprechen:
- Diverse Formen der Bürgerbeteiligung (etwa durch Bürger-Energiegenossenschaften, vergünstigte Stromtarife für Bürgerinnen und Bürger o. Ä.).
- Waldflächen sind weiter von der Wohnbebauung entfernt, wodurch Lärm- und Schattenwurfprobleme minimiert werden können.
- In erhöhten Waldlagen sind die Windverhältnisse häufig günstiger als in flachen Gebieten.
- Die Kommune kann durch die Verpachtung der Flächen an die Betreibergesellschaft regelmäßige Einnahmen generieren.
- Windkraft trägt entscheidend zur Erreichung der Klimaziele bei.
- Auf eigenen Flächen hat die Kommune mehr Einfluss auf die Standortwahl, Gestaltung und Nutzung.
- Waldflächen konkurrieren nicht mit landwirtschaftlich genutzten Flächen.
- Wege für den Bau und die Wartung der Windräder können auf bestehender Forstwirtschaftsinfrastruktur aufbauen.
Die Abwägung dieser Faktoren muss jedoch auch mit den möglichen Herausforderungen wie dem Naturschutz, der Artenvielfalt und den Auswirkungen auf das Landschaftsbild erfolgen. Im Rahmen eines Bauantrages werden von den Fachbehörden fundierte Gutachten erstellt, die diese Abwägung unterstützen. Um vielleicht nochmals auf das Thema Wald einzugehen. Die im Betrieb aller geplanten Windkraftanlagen benötigte Forstfläche, ist kleiner als die Fläche der Sportplätze der Stadt Kraichtal. Auch hier hat man damals an vielen Stellen die Entscheidung getroffen, Agrar- oder Forstflächen einer anderen Nutzung zuzuführen.
Des Weiteren möchte ich betonen, dass bisher noch keine Flächen vom Regionalverband ausgewiesen wurden. Aktuell handelt es sich um Planungen. Ausgeschlossen wurde auch keine Fläche. Die Energieversorger interessieren sich für die Flächen an der Gemarkungsgrenze zu Bruchsal aus den oben bereits genannten Gründen. Abhängig davon, welche Flächen der Regionalverband im September 2025 ausweist, könnten theoretisch auch Anfragen von Projektierern für andere Flächen kommen.
Was heute schon klar ist, wir werden in der Region und auch in Kraichtal Windkraftanlagen sehen und stehen haben. Dies kann gerade wenn privat Flächen betroffen sind, nach einem erfolgreichen Genehmigungsverfahren nicht verhindert werden. Die entscheidende Frage ist, bei wem der Mehrwert liegt. Die Pachtzahlungen, welche sich auf einen jährlichen Millionenbetrag summieren werden, gehen ausschließlich an den Eigentümer des Grundstücks. Sollten daher keine kommunalen Flächen sondern private Flächen belegt werden, geht dieses Geld nicht über den kommunal Haushalt an die Allgemeinheit (Schulen, Kindergärten, Sporthallen, etc. ) sondern in private Hände.
Der Mehrwert sollte nach meiner Ansicht bei den Bürgerinnen und Bürgern liegen. Dies kann gerade in Zeiten einer schwachen Wirtschafts- und Haushaltslage nur erfolgen, wenn die genutzten Flächen im Eigentum der Allgemeinheit sind.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Bürgermeister
Tobias Borho